Direkt zum Inhalt

Ranking: Olympische Spiele immer weniger nachhaltig

Ein Index soll verraten, wie nachhaltig Olympische Spiele in ökologischer, sozialer und finanzieller Hinsicht sind. Sein Verlauf über drei Jahrzehnte verheißt nichts Gutes.
Blick auf eine Installation der olympischen Ringe bei Tokyo

Seit 2014 ist »Nachhaltigkeit« offiziell dritte Säule der olympischen Agenda 2020. 2014 ist auch das Jahr, in dem der bisherige Tiefpunkt in Sachen Nachhaltigkeit erreicht wurde: Die Winterspiele in Sotschi belegen den letzten Rang in einem Ranking, das Wissenschaftler um Martin Müller von der Université de Lausanne jetzt vorstellen. Sie ordnen dazu ein, wie gut ein solches Event in ökologischer, sozialer und finanzieller Hinsicht abschneidet.

Im Fachmagazin »Nature Sustainability« präsentieren sie eine Analyse der letzten 16 Olympischen Spiele seit den Winterspielen 1992 von Albertville. Diese erste Veranstaltung sowie die im gleichen Jahr ausgetragenen Sommerspiele von Barcelona belegen in ihrem Ranking den zweiten beziehungsweise dritten Platz. Auf dem Siegertreppchen ganz oben stehen die Spiele von Salt Lake City 2002. Schlusslicht bei den Sommerspielen ist Rio de Janeiro 2016.

Über die Jahre betrachtet zeige der Trend nach unten. Zudem reicht nicht einmal der Spitzenreiter mit 74 von 100 Punkten in den von Müller und Team definierten »grünen« Bereich. Sotschi rangiert mit knapp unter 25 Punkten sogar im »roten« Bereich. Der Mittelwert über alle Spiele hinweg liegt bei 48 Punkten.

Für ihren Index betrachten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die drei Kategorien Umwelt, Soziales und Finanzen, die sie jeweils in drei Unterkategorien aufspalten: Eine niedrige Punktzahl für soziale Belange gibt es beispielsweise, wenn die Spiele bei der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe stoßen, wenn viele Menschen zum Bau der Sportstätten umgesiedelt werden und wenn das Gastgeberland spezielle Gesetze und Vorschriften erlässt, um den Wünschen der Veranstalter gerecht zu werden. Nach demselben Prinzip betrachten sie die Umweltfolgen (»Wie viele Sportstätten werden eigens errichtet? Wie viele Besucher reisen an? Wie viele Sportlerinnen und Sportler nehmen teil?) und die finanziellen Folgen (Nachnutzung der Sportstätten, Anteil der öffentlichen Hand bei der Finanzierung, Budgeteinhaltung). Der finale Indexwert entsteht schließlich durch Mittelwertbildung. Dadurch kann ein hoher Wert in der einen Kategorie Schwächen einer anderen ausgleichen.

Auch für die auf 2021 verschobenen Sommerspiele von Tokio haben Müller und Team einen Gesamtwert abgeschätzt. Die japanischen Ausrichter landen dabei gerade einmal auf dem drittletzten Platz, gleichauf mit London 2012. Wie aussagekräftig diese Schätzung ist, bleibt dahingestellt, solange Daten zu den Besucherzahlen noch nicht vorliegen.

Die Fachleute nennen drei Maßnahmen, mit denen sich die Nachhaltigkeit von Olympischen Spielen künftig entscheidend verbessern könnte: Erstens solle man die Größe des Events drastisch reduzieren, zweitens die Spiele von den immer selben Städten im Wechsel ausrichten lassen und drittens auf die Einhaltung unabhängiger Nachhaltigkeitsstandards achten.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.