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Jagd in der Luft: Raubfliegen sind winzige Luftkampf-Asse

Die kleinen, pfiffig hochgerüsteten Raubfliegen schnappen sich auch große, schnelle Insekten im Flug: Einmal angesteuert gibt es kaum ein Entkommen vor den Minijäger.
Schau mir in die Augen: Die Raubfliege  Holcocephala fusca in Lauerstellung

Auch eher kleine Raubfliegen sind perfekte Luftjäger: Sie erkennen aus einer Lauerposition vorbeifliegende größere Beutetiere wie Käfer, Fliegen oder Bienen aus verblüffend weiter Entfernung und berechnen blitzschnell einen Abfangkurs, um sich dann ihr Opfer in der Luft zu schnappen und mit einem Giftstachel zu töten. Die Anatomie der Jäger ist dabei schon für die ersten Phasen der Attacke perfekt ausgebildet, wie Forscher um Trevor Wardill von der University of Cambridge nun bei einer genauen Analyse der Insekten und ihres Jagdverhaltens herausgearbeitet haben: So erkennen die Raubfliegen ihre Beute mit einem Sehapparat, der gleichzeitig klein und leicht ist, im Fokus aber trotzdem extrem scharfe Bilder für die Navigation liefert. In der letzten Annäherung vor dem Zuschlagen vollziehen die Fliegen zudem ein bis dato unbeachtetes aeronautisches Manöver, das ihre Jagderfolgschancen offenbar deutlich verbessert.

Raub- erhascht Taufliege | Eine unglückliche Taufliege in den Fängen des Luftjägers Holcocephala. Raubfliegen gelingt es häufig, auch deutlich größere Beute im Flug zu überwältigen: Ihre zu einem Giftstachel umgeformten Mundwerkzeuge durchdringen selbst die Panzerung von imposanten Käfern.

Um den Tricks der Raubfliege auf die Spur zu kommen, hatte das Forscherteam Filmaufnahmen typischer Jagdszenen von einzelnen Exemplaren der Art Holcocephala fusca angefertigt. Die Forscher tricksten die auf Beute lauernden Fliegen dabei mit millimetergroßen Angelködern an Leinen aus, die sie den Raubfliegen als schmackhafte Beute präsentierten. Die rund sechs Millimeter langen Räuber können auch diese kleine Beute in einem guten halben Meter Entfernung innerhalb von einer knappen halben Sekunde erreichen – wobei sie je nach Geschwindigkeit und Richtung der Beute vom eigenen Startpunkt aus einen idealen Abflugwinkel zum Beutekurs einschlagen.

Dabei korrigieren die Raubfliegen ihren Winkel stets, wenn sich Geschwindigkeit oder Kurs der angesteuerten Beute ändern, so dass sie dennoch stets auf Kollisionskurs bleiben. Immer rund 29 Zentimeter vor dem Einschlag geschieht dann aber etwas Unerwartetes, so die Forscher: Hier ändern die Raubfliegen ihre Flugkurve stereotyp und fliegen eine leichte Kurve, wodurch sich ihr eigener und der Kurs der Beute angleichen – die Zeit bis zum Zugriff allerdings ansteigt.

© Cambridge University
Insekten-Top-Gun: Raubfliegen als perfekte Luftjäger

Die Raubfliegen-Abfangjäger können ihre Route nur mit Hilfe von Beutekurs-Informationen errechnen, die sie durch einen mit ausreichender Auflösung arbeitenden optischen Hochleistungsapparat gewinnen. So sind die Facettenaugen der Insekten im Verhältnis zur Körperlänge riesig und die einzelnen Facetten zudem unterschiedlich dimensioniert: Im Zentrum des zusammengesetzten Auges ist ihr Durchmesser mit bis zu 78 Mikrometern fast viermal größer als in der Peripherie. Im zentralen Blickfeld sehen die winzigen Raubfliegen damit ebensogut wie die viel größeren Libellen, weil auch unterhalb der lichtstarken Linsen anatomische Anpassungen erfolgt sind: Die Lichtrezeptoren, auf die die großen Linsen bündeln, sind deutlich nach hinten, unten verlagert und miniaturisiert, um auf kleinerer Fläche konzentriert werden zu können.

Noch unklar bleibt, wie es den winzigen Raubfliegen gelingt, in ausreichend kurzer Zeit ihren Abflugkurs zu berechnen sowie bei Bedarf anzupassen und die Beute dabei gleichzeitig nicht aus dem engen, zentralen scharfen Blickfeld zu verlieren. Nicht geklärt ist zudem, welcher Reiz am Ende des Anflugs das stereotype Flugmanöver auslöst, bei dem sich Kurs und Geschwindigkeit an die Beute anpassen. Vielleicht messen die Raubfliegen – wie etwa landende Stubenfliegen – die Geschwindigkeit, mit der ein näher kommendes Objekt scheinbar größer wird, um so auf die Entfernung zu schließen. Möglich sei aber auch ein stereoptischer Mechanismus: Die Entfernung wird bei einem überlappenden Blickfeld der beiden Augen berechenbar, weil die Augen, die in leicht unterschiedlichem Abstand auf die Beute blicken, ihre jeweiligen Bilder in einem messbaren Zeitabstand liefern. Dies könnte auch erklären, warum die Fliege im Endanflug ihren Kopf bewegt: Vielleicht erlaubt ihr dies letzte Korrekturen vor dem Einschlag.

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