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News: Raubsaurier in Westfalen

Die Dinosaurier-Begeisterung hat sicher einen Großteil des Interesses einem besonderen Vertreter dieser Urzeittiere zu verdanken: dem Tyrannosaurus rex, dem großen Fleisch fressenden Saurier mit dem schrecklichen Gebiss. Vorfahren dieses Ungetüms lebten sogar einmal in Westfalen. Ausgrabungen eines 'Saurierfriedhofs' im Wiehengebirge bringen dafür ständig neue Beweise zu Tage.
Das rheinische Schiefergebirge hat sich im Laufe der Jahrmillionen um mehrere hundert Meter gehoben. Dabei wurden große Teile der ehemaligen Landoberfläche abgetragen, sodass Fossilienfunde von urzeitlichen Tieren, wie Dinosauriern, sehr selten sind. Dennoch stieß Paläontologe Klaus-Peter Lanser mit seinen Kollegen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe im vergangenen Jahr in einem Steinbruch im westfälischen Teil des Wiehengebirges auf eine Sensation: die Kieferreste eines Sauriers. Nähere Untersuchungen wiesen das Tier als einen 160 Millionen Jahre alten, an Land lebenden Fleischfresser (Theropoden) aus – der erste Fund dieser Art in Norddeutschland überhaupt. Weitere Funde von bis zu 18 Zentimeter langen Schneidezähnen, Rippen und Wadenbeinknochen folgten. Jetzt legten die Wissenschaftler noch eine Dammbeinschaufel eines Theropoden frei, den sie als Vorläufer des Tyranosaurus rex einordnen. "Wir graben an der bisher bedeutendsten Fundstelle für Saurier in ganz Deutschland", kommentiert Lanser. Er und seine Kollegen stießen in dem insgesamt etwa tausend Quadratmeter großen Gebiet bereits auf über 170 Einzelfunde. Darunter selbst die Magensteine, die der Theropode geschluckt hatte, um seine Nahrung besser verdauen zu können.

An der Fundstelle gab es zur Zeit des mittleren Jura eine Lagune, in die ein Fluss mündete und dort tote Tiere und abgestorbene Pflanzen anschwemmte. Aus diesem Grund finden die Paläontologen dort besonders viele Fossilien. Dazu gehören etwa Schwimmsaurier, Fischsaurier und Meereskrokodile. Zum Fund der Schwimmsaurier sagt Lanser: "Die Zähne und Oberarmknochen gehörten zu stattlichen Pliosauriern aus dem mittleren Jura. Diese Tiere waren schätzungsweise bis zu 15 Meter lang – allein der Schädel maß wohl drei Meter."

Die fossilien Überreste der Theropoden können inzwischen wenigstens zwei Exemplaren dieses auf zwei Beinen laufenden Raubsauriers zugeordnet werden. Sie hatten etwa eine Größe von 14 Metern. Wichtige Hinweise gab das charakteristische Gebiss mit oben und unten jeweils drei Schneidezähnen und mit 50 weiteren dolchartigen Zähnen dahinter. Entscheidend für die Einordnung der Verwandtschaft sind jedoch die drei Schneidezähne, wie Lanser erklärt: "In der Nachfolge scheinen Raubsaurier aus dem obersten Jura von Nordamerika zu stehen. Der so genannte Torvosaurus ähnelt unserem Fund sehr."

Die sägezahnartigen Riefen der Schneidezähne sind für die Forscher ein entscheidendes Indiz für eine spezielle Jagdtechnik des Raubsauriers: Dort setzten sich wahrscheinlich Fleischstücke fest, die dann langsam verfaulten. So hat das Tier wahrscheinlich auf eine ähnliche Weise gejagt wie heute noch der Komodo-Waran. Dieser nutzt die entstehenden Verwesungsgifte des verfaulenden Fleisches, um seine Opfer zu vergiften. Sollte ihm seine Beute einmal entkommen, überlebt sie seinen Biss dennoch nur etwa 72 Stunden und stirbt dann an einer Blutvergiftung.

Interessierte können sich die Funde der urzeitlichen Bewohner Westfalens vom 12.11.2000 bis zum 11.3.2001 im Westfälisches Museum für Archäologie in Münster aus der Nähe ansehen.

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