Simulationen: Rauchende Colts in der Milchstraße

© Nature/Purcell et al. 2011 (Ausschnitt)
© Nature/Purcell et al. 2011 (Ausschnitt)
Endzustände der Milchstraße | In der Box sind die Simulationen von drei verschiedenen Zuständen der Milchstraße nach 2,7 Milliarden Jahren dargestellt: Links ist die Galaxis ungestört, in der Mitte ist der Einschlag einer massearmen Sagittarius-Zwerggalaxie simuliert, rechts der Effekt einer etwas massereicheren Galaxie. Unsere Sonne ist als gelber Punkt sichtbar, die Zwerggalaxie ist rosafarben. Das große Bild verdeutlicht den Einfluss des mittleren Szenarios aus Schrägansicht. Ein Strom aus Trümmern der rosafarben dargestellten Sagittarius-Zwerggalaxie durchzieht den Weltraum im Umfeld unserer Milchstraße.
© NASA / Rodrigo Ibata, UBC / Rosemary Wyse, JHU / Richard Sword, Institute of Astronomy Cambridge (Ausschnitt)
Zentrum der Milchstraße und Sagittarius | In diesem optischen Bild vom Zentrum der Milchstraße ist die Zwerggalaxie Sagittarius als unregelmäßige Form unterhalb des Zentrums umrissen. Der Begleiter der Milchstraße durchläuft die galaktische Scheibe (im Bild schräg von unten kommend) und wird durch Gezeitenkräfte zunehmend zerrissen.
© NASA (Ausschnitt)
Künstlerische Aufsicht der Milchstraße | Neue Beobachtungen des Weltraumteleskops Spitzer legen nahe, dass die Spiralstruktur der Milchstraße von zwei Hauptarmen (Schild-Zentaur, lateinisch: Scutum-Centaurus und Perseus) beherrscht wird. Diese künstlerische Darstellung illustriert das neue Bild der Milchstraße. Unser Sonnensystem liegt im Bild unterhalb des zentralen Balkens der Milchstraße, auf der anderen Seite des Zentrums befindet sich in einem Abstand von etwa 50 000 Lichtjahren die Zwerggalaxie Sagittarius.
In den Simulationen von Chris Purcell durchstößt die damals noch deutlich kompaktere und massereichere kleine Galaxie die Ebene unserer Milchstraße. Durch die starken gravitativen Störungen dieses Einschlags trennen sich im Lauf mehrerer Umdrehungen der Milchstraße nun einzelne Arme von der einstmals gleichmäßigen Scheibe. Währenddessen zerreißen die Gezeitenkräfte unserer Galaxie den zwergenhaften Störenfried und wirbeln ihn um das galaktische Zentrum. Bis zum heutigen Zeitpunkt entstehen dadurch weitläufige Gezeitenströme, die sich um die Milchstraße winden, während der Kernbereich der Zwerggalaxie nach anderthalb Umläufen um das Zentrum der Milchstraße gerade wieder auf Höhe der Scheibenebene angekommen ist.
Unser Bild von der Spiralstruktur der Milchstraße ist nach wie vor unvollständig. Das liegt insbesondere an der ungünstigen Beobachtungsposition mitten in der Galaxis, aber auch an der theoretischen Modellierung kosmischer Vorgänge. Wenn Astronomen die Struktur des Milchstraßensystems verstehen wollten, gingen sie oft davon aus, dass es in der Geschichte unserer Galaxis keine starken äußeren Einflüsse gab. Bisherige Computermodelle, mit denen Astronomen sich auf das Zerreißen von Sagittarius und die Entstehung seiner Gezeitenströme konzentrierten, behandelten daher auch die Zwerggalaxie höchstens als unbedeutenden Störenfried mit vernachlässigbaren Auswirkungen auf die Gestalt der Milchstraße. Die neuen Simulationen von Purcell zeigen dagegen, dass der Einfluss von Sagittarius auf das Milchstraßensystem enorm gewesen sein könnte. Kleinere galaktische Objekte, die in großer Zahl im Universum vorkommen, hatten daher im Lauf von Jahrmilliarden also möglicherweise einen entscheidenden Einfluss auf die heutige Form ausgedehnter Galaxien.
Mike Beckers
Mike Beckers

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