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News: Raue Schale

Phytolithe heißen die kleinen, harten Einlagerungen in Fruchtschalen, mit denen Archäologen gerne die landwirtschaftlichen Aktivitäten unserer Vorfahren aufspüren. Jetzt enthüllten Forscher den genetischen Hintergrund der "Pflanzensteine".
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Irgendwann vor vielleicht 10 000 Jahren erschütterte der Vordere Orient die Welt. Die neolithische Revolution brach von hier aus zu ihrem Siegeszug auf, verbreitete Ackerbau und Viehzucht über den Globus und veränderte damit grundlegend die Lebens- und Wirtschaftsweise der gesamten Menschheit. Die Spuren dieser Umwälzung suchen Archäologen überall auf der Welt.

Als besonders hilfreich für diese Spurensuche haben sich die so genannten Phytolithe erwiesen. Diese Siliciumdioxid-Partikel lagern viele Pflanzen in ihrer Frucht ein – und zwar in einer Schicht zwischen der Hypodermis und dem Mesokarp – und härten damit die Fruchtwand. Während viele Wildarten der heutigen landwirtschaftlich genutzten Pflanzen besonders reichlich mit artspezifischen Phytolithen gesegnet sind, variieren sie bei den domestizierten Formen stark. Daher lässt sich anhand der kleinen Steinchen, die – im Gegensatz zu den übrigen Fruchtbestandteilen – als Mikrofossilien gut erhalten bleiben, die frühe Entwicklung der Landwirtschaft leicht verfolgen.

Während Archäologen mit Phytolithen also bereits gut vertraut sind, wissen Botaniker über diese Einschlüsse noch recht wenig. Insbesondere die Genetik, die der Phytolithbildung zugrunde liegt, blieb bisher noch weitgehend unbekannt. Dieser Unwissenheit versuchte jetzt Dolores Piperno vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama zusammen mit ihren Kollegen ein Ende zu setzen.

Die Wissenschaftler nahmen sich für ihre Untersuchungen verschiedene Varietäten mehrerer Kürbisarten (Cucurbita) vor, deren domestizierte Formen aus Amerika kommend die ganze Welt erobert haben. Neben elektronenmikroskopischen Strukturuntersuchungen führten sie vor allem Kreuzungsexperimente durch.

Dabei zeigte sich, dass die Phytolithproduktion direkt mit der Einlagerung von Lignin – der Grundsubstanz des Holzes – in der Fruchtwand gekoppelt war. Kreuzten die Forscher lignin- und phytolithreiche Pflanzen mit Kürbissen ohne Phytolithe, dann produzierten alle Nachkommen die härtenden Stoffe. Die weitere Kreuzung in der nächsten Generation ergab ein Aufteilungsverhältnis von 3:1 – so wie es für einen typischen dominant-rezessiven Erbgang nach den Mendel'schen Regeln erwartet wird.

Damit scheint ein einziges Gen gleichzeitig sowohl die Phytolith- als auch die Lignineinlagerung in der Fruchtwand zu steuern. Und ein Gen, das bei Kürbissen für eine harte Fruchtschale sorgt, kennen die Wissenschaftler bereits unter dem Namen hard rind (Hr).

Zu einem ähnlichen Ergbnis kamen andere Wissenschaftler auch beim Mais und seiner Wildform Teosinte: Hier reguliert das Gen tga1 (teosinte architecture 1) die Bildung von Phytolithen sowie die Aushärtung mit Lignin und Silikat. Damit zeigen die Erbfaktoren Hr und tga1, wie ein einziges Gen mehrere phänotypische Merkmale prägt, die sich als wichtige Unterscheidungskriterien zwischen Wild- und domestizierten Arten eignen.

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