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Aufbruch zum Merkur: Raumsonde BepiColombo beginnt nächste Etappe

Wegen der Nähe zur Sonne ist Merkur schlechter erforscht als andere Planeten. Die Sonde BepiColombo soll das ändern. Ihre Reise führte sie zum letzten Mal an der Erde vorbei. Der Artikel stammt aus der Oktoberausgabe 2018 von »Sterne und Weltraum«.
BepiColombo

Merkur, benannt nach dem Götterboten der griechisch-römischen Mythologie, ist der innerste Planet unseres Sonnensystems. Von der Erde aus gesehen steht er immer an einem aufgehellten Himmel und lässt sich nur schwer mit Teleskopen beobachten. Lange Zeit waren deshalb nur vage Details auf seiner Oberfläche bekannt. Seit dem Beginn des Raumfahrtzeitalters lieferten die Untersuchungen von zwei Raumsonden eine Vielzahl an neuen Erkenntnissen über den sonnennächsten und kleinsten Planeten.

Im Jahr 1974 erreichte die US-Raumsonde Mariner 10 als erste den Merkur und kartierte bei drei Vorbeiflügen etwa 45 Prozent seiner Oberfläche. Die zur Erde übertragenen Bilder enthüllten einen mit Einschlagkratern übersäten Himmelskörper, der dem Mond auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnelt. Danach dauerte es mehr als 35 Jahre, bis Merkur wieder Besuch bekam: Die Raumsonde Messenger schwenkte im Jahr 2011 in eine Umlaufbahn um den Planeten ein und untersuchte ihn insgesamt vier Jahre lang.

Im Oktober 2018 brach schließlich die europäisch-japanische Doppelmission BepiColombo zum Merkur auf. Beide Sonden fliegen gemeinsam zum innersten Planeten, wo sie sich im Dezember 2025 voneinander trennen und jeweils in eigene Umlaufbahnen eintreten. Bei Erfolg wird BepiColombo durch umfangreichere und genauere Untersuchungen die Ergebnisse ihrer beiden Vorgänger vervollständigen und beträchtlich erweitern. Ein Etappenziel hat BepiColombo jetzt absolviert: die letzte Passage der Erde.

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BepiColombo | Den Planeten Merkur werden die beiden Sonden der Mission BepiColombo ab Ende 2025 aus der Umlaufbahn erforschen. Aus Europa stammt der Planetenorbiter MPO, der Magnetosphärenorbiter MMO (unten) kommt aus Japan.

Die heißeste Welt im Sonnensystem

Merkur ist ein Planet der Extreme: Für einen Beobachter auf seiner Oberfläche erscheint der Durchmesser der Sonne im sonnennächsten Punkt, dem Perihel, etwa dreimal so groß wie auf der Erde, und die Sonneneinstrahlung ist etwa zehnmal so intensiv. Dadurch steigt die Temperatur in der Äquatorregion auf etwa 470 Grad Celsius, in der Nacht kann sie dagegen am selben Ort bis auf minus 183 Grad Celsius absinken. Die Neigung der Rotationsachse gegen die Bahnebene des Planeten beträgt nahezu null, so dass es in den Polarregionen vor der Sonneneinstrahlung geschützte Gebiete wie etwa Einschlagkrater und Tiefebenen gibt, in denen es nie wärmer als etwa minus 163 Grad Celsius wird. Die Forscher vermuten, dass sich dort durch Kometeneinschläge abgelagertes Wassereis trotz der sonst sehr hohen Temperaturen über sehr lange Zeiträume halten könnte.

Mit einem Äquatordurchmesser von 4880 Kilometern ist Merkur der kleinste Planet in unserem Sonnensystem und nur etwa 40 Prozent größer als unser Erdmond. Für einen Umlauf um die Sonne benötigt er 88 Tage. Seine Umlaufbahn ist stark elliptisch, weshalb sein Sonnenabstand zwischen 46 Millionen Kilometern im Perihel und 70 Millionen Kilometern im sonnenfernsten Punkt, dem Aphel, schwankt. Merkur rotiert in 58,65 Tagen einmal um seine Achse; seine Rotationsperiode ließ sich erst in den 1960er Jahren durch Radarbeobachtungen von der Erde aus bestimmen. Eine Rotation erfolgt in genau zwei Drittel der Umlaufzeit Merkurs um die Sonne. Der Planet befindet sich somit in einer 3:2-Resonanz zwischen seiner Umlauf- und seiner Rotationsperiode: Innerhalb von zwei Umläufen um die Sonne rotiert er dreimal um seine Achse.

Innerer Aufbau

Merkur hat eine ausgesprochen hohe mittlere Dichte von 5,44 Gramm pro Kubikzentimeter. Diesen Wert übertrifft in unserem Sonnensystem nur noch die Erde mit 5,52 Gramm pro Kubikzentimeter. Berücksichtigt man jedoch im Fall der Erde, dass weiter oben liegende Gesteinsschichten das darunter liegende Material komprimieren, so ist die Dichte von Merkur sogar höher als die irdische.

Ähnlich wie die Erde gliedert sich Merkur in einen Kern aus metallischem Eisen und Nickel, einen darüber liegenden silikatischen Mantel und eine Kruste. Die Raumsonde Messenger bestimmte den Kerndurchmesser zu etwa 4060 Kilometer, was 83 Prozent des Gesamtdurchmessers von Merkur entspricht; bei der Erde sind es nur etwa 54 Prozent. Berücksichtigt man weiterhin, dass die Kruste überwiegend aus Silikatgesteinen besteht, so zeigt sich, dass der Kern trotz seiner hohen Dichte wahrscheinlich nicht nur eine reine Legierung aus metallischem Eisen und Nickel enthält, sondern auch Beimengungen von leichteren Elementen wie Silizium oder Schwefel.

Der Mantel und die Kruste von Merkur sind zusammen nur etwa 410 Kilometer dick. Die Dicke der Kruste beträgt am Äquator 50 bis 80 Kilometer, in der nördlichen Polarregion dagegen nur 20 bis 40 Kilometer. Auf Grund der Lage der Umlaufbahn von Messenger um Merkur ließ sich die Krustendicke im Bereich des Südpols nicht ermitteln.

Krater und Vulkanismus

Die Bilder der Raumsonden enthüllten die mit Kratern übersäte Oberfläche des Merkurs, die ähnlich wie diejenige des Mondes die Einschlaggeschichte aus der frühen Phase des Sonnensystems vor mehr als vier Milliarden Jahren widerspiegelt. Im Gegensatz zum Mond gibt es jedoch auf Merkur nur ein einziges großes Einschlagbecken, Caloris, das durch den Impakt eines mehr als 100 Kilometer großen Himmelskörpers entstanden sein muss. Es hat einen Durchmesser von 1500 Kilometern und wurde durch nachfolgende vulkanische Aktivitäten stark verändert. In seinem Zentrum befindet sich eine vulkanische Ausbruchsstelle, und der Boden von Caloris liegt höher als dessen Rand. Offenbar wurde das Beckeninnere von aufquellendem Magma aus der Tiefe aufgefüllt, ähnlich wie die Marebecken des Mondes.

Genau auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten befindet sich ein eigentümliches, chaotisch wirkendes Gebiet mit unregelmäßig geformten, bis zu einem Kilometer hohen Hügeln und Tälern. Vermutlich bündelten sich hier die heftigen seismischen Schwingungen, die der Einschlag verursachte. Das betroffene Gebiet ist etwa so groß wie das Caloris-Becken selbst.

Die hohen nördlichen Breiten sind durch große, mit Flutbasalten bedeckte Regionen geprägt – ein weiterer Hinweis auf starken Vulkanismus auf dem sonnennächsten Planeten. Es gibt keine Anzeichen für großräumige Krustenbewegungen, also Plattentektonik, aber zahlreiche Belege für vulkanische Eruptionen.

Das Caloris-Becken auf Merkur | ist die größte geologische Struktur des Planeten. In diesem Falschfarbenbild erscheint sie orange, ein Hinweis auf eine andere mineralogische Zusammensetzung als in der Umgebung, die vermutlich auf Vulkanismus zurückgeht.

Die gesamte Oberfläche ist von einer Vielzahl von mehrere hundert Kilometer langen Steilstufen überzogen, die mitunter eine Höhe von drei Kilometern erreichen. Ihre Gesamtlänge beträgt etwa 42 000 Kilometer. Zum Teil durchschneiden sie früher entstandene Krater und Ebenen; seitlich versetzte Kraterteile zeigen an, dass die Oberfläche auch horizontal verschoben wurde.

Die Steilstufen entstanden durch eine globale Schrumpfung des Planeten. Dabei nahm sein Radius um bis zu sieben Kilometer ab. Bei keinem anderen Planeten im Sonnensystem ergeben die krustalen Bewegungen eine derart starke Schrumpfung. Die Ursache liegt höchstwahrscheinlich darin, dass sich das Merkurinnere seit seiner Entstehung beträchtlich abkühlte und dabei zusammenzog.

Exosphäre statt Atmosphäre

Im Gegensatz zu den drei anderen erdähnlichen Planeten im Sonnensystem weist Merkur keine nennenswerte Atmosphäre auf. Lediglich eine extrem dünne, so genannte Exosphäre wurde bereits im Jahr 1974 von Mariner 10 entdeckt. Sie besteht aus einer Gashülle, in der die Teilchendichte so gering ist, dass die Gasteilchen praktisch nicht miteinander kollidieren. Der Druck an der Oberfläche Merkurs beträgt nur etwa ein Billionstel des irdischen Werts. Die Exosphäre besteht hauptsächlich aus den Elementen Wasserstoff und Sauerstoff sowie Wasserdampf, Helium und Natrium mit Spuren von Magnesium, Kalium und Argon.

Die Exosphäre ist nicht über längere Zeiträume stabil. Würde die Planetenoberfläche nicht ständig Gasteilchen nachliefern, so würde sie sich innerhalb von zwei bis drei Tagen in den Weltraum verflüchtigen. Bei den Exosphärenteilchen handelt es sich um Oberflächenmaterial des Planeten, um Partikel aus dem Sonnenwind und um Staubpartikel, die überwiegend von Kometen stammen und die sich auf Merkur ablagern. Anschließend können diese Teilchen durch chemische und physikalische Prozesse, welche durch die Sonneneinstrahlung oder durch Einschläge von Partikeln ausgelöst werden, wieder von der Oberfläche freigesetzt werden.

Die Dichte der Exosphäre variiert mit dem Abstand von Merkur zur Sonne. Dies ist vermutlich eine Folge der veränderlichen Sonneneinstrahlung und des Zustroms von Teilchen von der Sonne während des Umlaufs sowie durch zeitliche Schwankungen im Einstrom von Kometenmaterial. Außerdem gibt es Unterschiede in der Teilchendichte und der Zusammensetzung auf der Tag- und der Nachtseite des Planeten.

Eine winzige Magnetosphäre

Neben der Erde ist Merkur der einzige weitere terrestrische Planet mit einem im Inneren erzeugten Magnetfeld. Es wurde bereits von Mariner 10 entdeckt und später mit Messenger genauer vermessen. Ähnlich wie das irdische Magnetfeld ist es ein Dipolfeld, das demjenigen eines Stabmagneten ähnelt. Allerdings ist es um einen Faktor 130 bis 340 schwächer als sein irdisches Gegenstück. Die Achse des Dipols ist um weniger als 0,8 Grad gegen die Rotationsachse Merkurs geneigt – bei der Erde beträgt dieser variable Winkel zurzeit etwa elf Grad. Der Dipol ist um 480 Kilometer in nördlicher Richtung vom Planetenzentrum versetzt, was etwa 20 Prozent des Planetenradius entspricht, bei der Erde sind es nur acht Prozent. Das Merkurmagnetfeld entsteht höchstwahrscheinlich ähnlich wie das irdische durch Bewegungen von elektrisch leitendem, flüssigem Material im Planeteninneren.

BepiColombo ist eine der bislang komplexesten Planetenmissionen der europäischen Raumfahrt

Da das Merkurmagnetfeld mit dem Sonnenwind in Wechselwirkung tritt, bildet sich eine Magnetosphäre um den Planeten. Sie enthält elektrisch geladene Teilchen, ein Plasma. Die Teilchen werden von der Merkuroberfläche durch Einschläge von Partikeln und durch die Sonneneinstrahlung freigesetzt oder direkt aus dem Sonnenwind eingefangen. Die Magnetosphäre besitzt eine ähnliche Struktur wie die Erdmagnetosphäre, allerdings beträgt ihr Volumen wegen des wesentlich schwächeren Magnetfelds nur etwa ein Zwanzigstel. Sie ist viel dynamischer als die Erdmagnetosphäre, sie verändert sich also wesentlich schneller und auf kürzeren räumlichen Skalen.

Auf der sonnenzugewandten Seite von Merkur befindet sich die Magnetopause, die Grenze der Magnetosphäre, nur etwa 1000 Kilometer über der Oberfläche. Die Merkurmagnetosphäre ist etwa so groß wie das Magnetfeld des Jupitermonds Ganymed, des einzigen Mondes in unserem Sonnensystem mit einem derartigen Feld.

In den Polarregionen von Merkur finden sich wie bei der Erde Zonen, in denen der Sonnenwind tief in die Magnetosphäre eindringen kann. Da der Planet keine Atmosphäre aufweist, erreicht der Sonnenwind hier ungehindert die Oberfläche. In Zeiten starker Sonnenaktivität wird die Magnetopause sogar bis fast zur Oberfläche heruntergedrückt, wodurch dort vermehrt Teilchen freigesetzt werden. Da das Dipolfeld stark gegenüber dem Planetenzentrum verschoben ist, erstreckt sich die dem Sonnenwind ausgesetzte Oberfläche am Südpol über ein viermal so großes Areal wie am Nordpol.

Die Messinstrumente des Planetenorbiters

Besonders starke Sonnenaktivität drückt zeitweise die Magnetosphäre so stark zusammen, dass große Teile der Planetenoberfläche direkt dem Sonnenwind ausgesetzt sind – was bei der Erde nicht vorkommt. Auf der von der Sonne abgewandten Seite des Merkurs entsteht analog zur Erde ein langer Schweif, in dem elektrisch geladene Teilchen aus der Magnetosphäre vom Planeten wegströmen. Das magnetosphärische Plasma besteht hauptsächlich aus Wasserstoff- und Heliumionen aus dem Sonnenwind sowie aus Sauerstoff-, Natrium-, Magnesium- und Kalziumionen, die überwiegend von der Merkuroberfläche stammen.

Wie entstand Merkurs Eisenkern?

Eine der wesentlichen Fragen der Merkurforschung ist, wie dieser im Vergleich zu den anderen erdähnlichen Planeten einen derart großen Eisenkern bilden konnte.

Derzeit werden mehrere Hypothesen diskutiert: Die erste geht von einer Anreicherung von Eisen im inneren Bereich des solaren Urnebels aus, aus dem sich unser Sonnensystem vor 4,56 Milliarden Jahren bildete. Alternativ könnte bereits früh nach der Entstehung des Planeten ein enormer Teil seines Mantels wieder entfernt worden sein. Entweder wurde Merkur von einem großen Himmelskörper getroffen, der dabei einen riesigen Teil der noch jungen Kruste und des Mantels wegsprengte, oder die damals noch junge und heißere Sonne bombardierte den werdenden Planeten mit starker elektromagnetischer und Teilchenstrahlung. In einem weiteren Modell wird das metallische Eisen chemisch durch Reaktionen mit kohlenstoffreichem Staub im inneren Sonnensystem angereichert.

Obwohl alle diese Erklärungsansätze unterschiedliche Vorhersagen für die Zusammensetzung der siliziumreichen Kruste des Planeten machen, ließ sich anhand der Ergebnisse von Messenger bisher keiner eindeutig ausschließen. Das letztgenannte Modell scheint die Messungen im Augenblick am besten zu beschreiben. Die Planetenforscher hoffen daher durch die Weltraummission BepiColombo auf neue Aufschlüsse über die Entstehung des Planeten.

Die Mission BepiColombo

Das Projekt BepiColombo ist nach dem italienischen Mathematiker Giuseppe (Bepi) Colombo (1920–1984) benannt, einem Weltraumpionier, der unter anderem durch seine Bahnberechnungen den Flug von Mariner 10 zum Merkur überhaupt erst ermöglicht hatte. BepiColombo besteht aus zwei voneinander unabhängigen Raumsonden und einem Transfermodul. Die Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der ESA und der japanischen Weltraumagentur JAXA.

Ursprünglich sollte BepiColombo bereits im Jahr 2013 starten. Technische Probleme, insbesondere wegen der hohen thermischen Belastungen in der Merkurumgebung, verzögerten den Start immer wieder. Auf den Außenseiten der beiden Sonden werden die Temperaturen mehr als 360 Grad Celsius betragen, während im Inneren für den Betrieb der wissenschaftlichen Instrumente 40 Grad Celsius nicht überschritten werden dürfen. Dabei wird nicht nur die direkte Sonneneinstrahlung die Sonden aufheizen, sondern auch die Wärmestrahlung von der bis zu 470 Grad Celsius heißen Merkuroberfläche.

Die größere der beiden Sonden, der »Mercury Planetary Orbiter« (MPO), wurde federführend von der ESA entwickelt und gebaut. Sie ist mit insgesamt elf wissenschaftlichen Instrumenten bestückt (siehe Tabelle). Die Instrumente auf MPO sollen den Planeten global untersuchen und widmen sich seinem Inneren, seiner Oberfläche sowie seiner Exosphäre und Magnetosphäre. Außerdem soll der MPO Einsteins Relativitätstheorie überprüfen, indem mit Hilfe seiner Funksignale die Periheldrehung der Merkurbahn sehr genau vermessen wird.

Merkur – Letzter Fels vor der Sonne

Mittlerer Abstand von der Sonne 57,9 Millionen Kilometer = 0,387 Astronomische Einheiten

Bahnexzentrizität 0,21

Umlaufperiode um die Sonne 88 Tage = 0,241 Jahre

Bahnneigung gegen die Ekliptik 7 Grad

Äquatordurchmesser 4880 Kilometer = 0,38 Erddurchmesser

Neigung der Rotationsachse gegen die Bahnebene 0,03 Grad

Rotationsperiode 58,65 Tage = 0,16 Jahre

Masse 0,055 Erdmassen

Mittlere Dichte 5,44 Gramm pro Kubikzentimeter

Maximale Oberflächentemperatur in Sonnennähe (Perihel) +467 Grad Celsius

Minimale Oberflächentemperatur in Sonnennähe im Schatten −183 Grad Celsius

Die zweite Sonde, den »Mercury Magnetospheric Orbiter« (MMO), steuert die JAXA bei. Ihre wissenschaftliche Nutzlast besteht aus fünf Instrumenten. In der Merkurumlaufbahn führen beide Sonden unter anderem koordinierte Messungen von unterschiedlichen Positionen im Raum durch. So können sie die Exosphäre und die Magnetosphäre sowie deren Wechselwirkungen mit dem Sonnenwind und dem Planeten untersuchen – ein großer Vorteil gegenüber den Einzelmessungen der Raumsonde Messenger.

Während des Flugs zum Merkur sind beide Raumsonden fest miteinander verbunden und befinden sich auf dem Transfermodul. Zusätzlich umgibt ein Sonnenschutzschild die Raumsonde MO und schützt diese vor zu hohen Temperaturen.

Das Transfermodul ist mit zwei unterschiedlichen Antrieben ausgerüstet: Für den interplanetaren Flug gibt es vier Ionentriebwerke, die durch Solarzellen mit einer Gesamtfläche von 40 Quadratmetern mit dem für ihren Betrieb notwendigen Strom versorgt werden. Als Treibstoff dient Xenon-Gas.

Um Treibstoff zu sparen, sind Swingby-Manöver an der Erde, an der Venus und am Merkur geplant. Sie ermöglichen es erst, den sonnennächsten Planeten zu erreichen und sich seiner Bahngeschwindigkeit anzupassen. Ohne diese Swingbys wären viele Tonnen an Treibstoff für Schubmanöver erforderlich, welche die Gesamtmasse von BepiColombo so hochtreiben würden, dass sich die Sonde nicht mehr mit einer Ariane-5 starten ließe. Während der langen Flugphasen dazwischen ist der Ionenantrieb für längere Zeiträume aktiv. Zusätzliche chemische Triebwerke dienen der Lage- und der Orbitkontrolle und werden bei den Swingby-Manövern eingesetzt.

Im Jahr 2021 soll BepiColombo zum ersten Mal an Merkur vorbeifliegen und dies noch fünfmal wiederholen, bevor die beiden Sonden im Dezember 2025 in unterschiedliche Umlaufbahnen um den sonnennächsten Planeten eintreten. Beide Sonden sollen Merkur zunächst für ein Jahr umrunden. In der Folge könnte die Mission um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Beide Sonden werden den Planeten auf polaren Umlaufbahnen umlaufen. Diese sind so ausgelegt, dass die Umlaufzeiten der Sonden in einem Verhältnis von etwa 1:4 stehen, das heißt, wenn MMO einen Umlauf macht, umrundet MPO Merkur viermal. Die Bahnebenen der Sonden sind identisch. Während der ersten Monate werden sich beide Raumsonden wiederholt bis auf etwa 100 Kilometer annähern, was vor allem der gegenseitigen Kalibration ihrer Instrumente dienen soll.

Die wissenschaftlichen Ziele

Die NASA-Raumsonde Messenger lieferte bereits viele neue Erkenntnisse über Merkur, welche die Grundlage für die weitere detaillierte Erforschung des Planeten mit BepiColombo sind. Unter anderem soll MPO die von Messenger wenig untersuchte Südpolregion des Planeten erkunden.

Erstmals werden zwei Raumsonden gleichzeitig Messungen in der Umgebung des Planeten durchführen, um so zeitliche und räumliche Veränderungen insbesondere in der Magnetosphäre und der Exosphäre zu untersuchen. Die nahezu kreisförmige Umlaufbahn von MPO erlaubt eine genaue Vermessung des Gravitationsfelds des Planeten. Ein weiterer Schwerpunkt sind Untersuchungen seiner Oberflächenzusammensetzung und seiner Topografie.

Die offenen wissenschaftlichen Fragen betreffen im Wesentlichen den Ursprung und die Entwicklung des Planeten so nahe an seinem Zentralgestirn, seinen inneren Aufbau und seine Zusammensetzung. Des Weiteren soll BepiColombo die Dynamik im Merkurinneren und das dort erzeugte Magnetfeld untersuchen. Weitere Ziele betreffen Veränderungen auf der Planetenoberfläche durch geologische Prozesse wie Kraterbildung, Tektonik und Vulkanismus. Des Weiteren werden die Struktur und die Dynamik der Exosphäre und der Magnetosphäre sowie die Zusammensetzung und der Ursprung möglicher Eisablagerungen in den Polregionen des Planeten untersucht. Interessant ist auch die Frage, ob Merkur noch heute vulkanisch aktiv ist, worüber Messenger keine Informationen liefern konnte.

BepiColombo ist eine der bislang komplexesten interplanetaren Weltraummissionen der ESA. Bei Gelingen werden die beiden Raumsonden eine Vielzahl an neuen Erkenntnissen über den innersten Planeten unseres Sonnensystems liefern. Sie werden hoffentlich auch neue Aufschlüsse über die Bedingungen ermöglichen, unter denen sich Merkur vor 4,56 Milliarden Jahren bildete.

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