Wartungsdienst im All: Voyager 1 ist einfach nicht kaputt zu kriegen

Ingenieurinnen und Ingenieure des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA haben eine Reihe von Triebwerken an Bord der Raumsonde Voyager 1 wiederbelebt, die seit 2004 als unbrauchbar galten. Sie sollen die derzeit aktiven Triebwerke ersetzen, in deren Zuleitungen sich über die Zeit Rückstände angesammelt haben, die dazu führen könnten, dass sie ab Herbst 2025 nicht mehr funktionieren. Befände sich das Gerät auf der Erde, wäre ein solcher Eingriff unspektakulär. Doch Voyager 1 rast seit dem 5. September 1977 mit mehr als 60 000 Kilometern pro Stunde durchs All und ist somit 47 Jahre und acht Monate alt. Die Sonde hat bereits unser Sonnensystem verlassen und ist damit weiter von der Erde entfernt als jedes andere von Menschenhand geschaffene Objekt: unglaubliche 25 Milliarden Kilometer oder die 167-fache Distanz der Erde von der Sonne. Jedes Signal von uns bis zu ihr braucht gegenwärtig mehr als 23 Stunden, man muss also fast zwei Tage warten, bis man eine Antwort erhält.
Die Sonde ist genau wie ihre Schwester Voyager 2 auf eine Reihe von Triebwerken angewiesen, die sie sanft nach oben und unten sowie nach rechts und links schwenken, um ihre Antenne auf die Erde auszurichten, damit diese Daten senden und Befehle empfangen kann. Innerhalb des primären Triebwerksatzes befinden sich weitere Triebwerke, welche die Rollbewegung der Antenne steuern. Der dafür zuständige Motor dreht die Antenne wie eine Schallplatte, um sie auf einen Leitstern auszurichten, an dem sich die Sonde orientiert. Bereits im Jahr 2004 fielen die primären Rolltriebwerke aus, nachdem zwei kleine interne Heizelemente den Kontakt zur Stromquelle verloren hatten. Die Ingenieure vermuteten seinerzeit, dass die defekten Heizelemente wahrscheinlich nicht repariert werden können, und entschieden sich dafür, sich ausschließlich auf die Reserve-Rolltriebwerke zu verlassen.
Reparatur grenzt an ein Wunder
Nun aber stellte sich heraus, dass auch die seitdem im Einsatz befindlichen Reservetriebwerke bald Probleme machen könnten. Also beschloss das Ingenieursteam die Stromversorgung der Heizelemente erneut zu untersuchen, um so vielleicht die Haupttriebwerke wieder in Gang zu bringen. Es vermutete, dass eine unerwartete Änderung oder Störung in den Schaltkreisen, welche die Stromversorgung steuern, damals einen Schalter in die falsche Position gebracht haben könnte. »Ich glaube, das Team konnte im Jahr 2004 gut damit leben, dass die primären Rolltriebwerke nicht funktionierten, weil sie ein perfektes Backup hatten«, sagte Kareem Badaruddin, Voyager-Missionsmanager am JPL, laut einer Mitteilung. »Man ging damals einfach nicht davon aus, dass die Sonde noch weitere 20 Jahre durchhalten würde.«
Die Lösung für das Problem erforderte ein wenig Knobelarbeit und geschah unter Zeitdruck. Das Team musste die stillgelegten Rolltriebwerke einschalten und dann versuchen, die Heizelemente zu reparieren und wieder zu starten. Das Problem: Entfernt sich der Peilsender des Raumfahrzeugs zu weit vom Leitstern, zünden die seit 20 Jahren inaktiven Rolltriebwerke. Wenn die Heizelemente jedoch in dem Moment noch nicht eingeschaltet sind, kann dies eine kleine Explosion auslösen – mit unabsehbaren Folgen. Zudem stand bereits fest, dass die Deep Space Station 43 (DSS-43), eine 70 Meter große Parabolantenne im australischen Canberra, vom 4. Mai 2025 bis Februar 2026 nicht zur Verfügung stehen würde. Es ist die einzige Antenne mit ausreichender Signalstärke, um Befehle an die Voyager-Sonden zu senden.
Doch der Aufwand hat sich gelohnt. Am 20. März 2025 konnte das Team beobachten, dass die Temperatur der Triebwerksheizungen dramatisch anstieg und die Raumsonde ein wenig später die Befehle korrekt ausführte. »Die Triebwerke waren längst als tot bezeichnet worden«, sagte Todd Barber, der die Überwachung der Voyager-Triebwerke leitet. Die Wiederauferstehung grenze an ein Wunder.
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