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News: Reife Erfahrung

Einem bescheidenen Pflänzchen wie der Ackerschmalwand traut man eher nicht zu, aus Erfahrung zu lernen. Doch das "Haustier" der Botaniker ist immer wieder für Überraschungen gut: Jetzt entdeckten Wissenschaftler, dass ältere Blätter ihre "Erfahrungen" mit einem erhöhten Kohlendioxidgehalt der Luft an junge Triebe weitergeben können. Diese reduzieren daraufhin ihre Spaltöffnungen, obwohl sie selbst dem veränderten CO2-Gehalt nicht ausgesetzt waren.
Wasser und Kohlendioxid (CO2) sind als Rohstoffe der Photosynthese die Lebenselixiere der Pflanzen. Wasser strömt über die Wurzeln zu den Blättern, das Gas nehmen die Blätter über winzige Spaltöffnungen – die so genannten Stomata – auf. Gleichzeitig verdunstet hierüber auch ein großer Teil des Wassers. Wird der Wasserverlust zu groß, sodass die Pflanze auszutrocknen droht, dann schließt sie ihre Spaltöffnungen. Dummerweise ist das meist dann der Fall, wenn die Sonne scheint und die Bedingungen für Photosynthese günstig wären. Denn durch den Verschluss der Spaltöffnungen gelangt jetzt auch weniger CO2 ins Blatt. Ein ausgeklügelter Kompromiss zwischen CO2- und Wasserbedarf ist die Folge.

Steigt der CO2-Gehalt der Luft an, dann kommt die Pflanze mit weniger Spaltöffnungen aus. Der Wasserverlust wird geringer – die Photosynthese läuft dennoch optimal ab. Neue Blätter, die in einer CO2-reichen Umgebung aufwachsen, reduzieren daher von Anfang an ihre Stomata. So weit, so gut. Können die neuen Blätter jedoch auch von den "Erfahrungen" ihrer älteren "Kollegen" profitieren? Das fragten sich Ian Woodward und seine Mitarbeiter von der britischen University of Sheffield. Die Wissenschaftler griffen auf das altbewährte "Haustier" der Botaniker, die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana, zurück. Vorsichtig verpackten sie ältere Blätter des Pflänzchens in Glasküvetten, über die sie einen Gasstrom mit der doppelten CO2-Konzentration strömen lassen konnten. Die jungen Triebe, aus denen neue Blätter entstanden, waren dagegen dem normalen CO2-Gehalt der Luft ausgesetzt. Danach vermaßen sie Anzahl und Verteilung der Stomata auf den neu gewachsenen Blättern.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Obwohl die jungen Triebe nichts von der angestiegenen CO2-Konzentration "wussten", bildeten sie erheblich weniger Spaltöffnungen als normal. Setzten die Wissenschaftler die alten Blätter wieder normalen CO2-Bedingungen aus, dann bildeten sich auch wieder mehr Spaltöffnungen auf den jungen Blättern. Offensichtlich geben die älteren Blätter ihre "Erfahrungen" mit veränderten Gaskonzentrationen an die nachwachsenden Triebe weiter. Damit, so vermuten die Forscher, kann sich die Pflanze sehr rasch an CO2-Veränderungen anpassen und so ihren Wasserverbrauch optimieren.

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  • Quellen
Nature 411: 154 (2001)

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