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News: Reiselustiger Pollen

Rapspollen legt bis zu drei Kilometer weite Strecken zurück. Stammt er aus gentechnisch veränderten Pflanzen, wären daher die bisher geforderten Pufferzonen um die Felder viel zu schmal.
Rapsfeld
Im späten Frühjahr überziehen weithin gelb leuchtende Rapsfelder weite Regionen in den Ländern der Europäischen Union. Noch sind darunter keine gentechnisch veränderten Pflanzen – bis auf wenige Ausnahmen, die zu Forschungszwecken oder im Rahmen von Zulassungsverfahren angebaut werden. Dabei wurde für zwei Sorten die entsprechende Genehmigung schon erteilt, drei weitere werden gerade geprüft. Sie enthalten Gene, die sie gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat – auch bekannt als Roundup – resistent machen.

Viele Wissenschaftler, Naturschutzvertreter und Bauern fürchten den kommenden Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, da eine ganze Reihe von ökologischen Folgen noch unklar sind. Was geschieht beispielsweise, wenn Pollen derart manipulierter Gewächse auf angrenzende Felder mit ursprünglichen Verwandten gerät? Werden die fremden Gene dann auch dort eingekreuzt, und wenn ja, in welchem Umfang?

Bisherige Studien zu diesem Risikofaktor liefen auf recht kleinem Maßstab ab. Nun legen Mary Rieger von der University of Adelaide und ihre Kollegen neue Daten vor, die auf eine Analyse von über 48 Millionen Rapspflanzen in drei australischen Bundesstaaten zurückgeht. Und die Ergebnisse enthalten eine schlechte und eine gute Nachricht: Die Wissenschaftler konnten Pollen sogar noch in drei Kilometer Entfernung nachweisen, doch nur maximal 0,07 Prozent der Wildpflanzen wurden davon befruchtet.

Die Forscher untersuchten eine Raps-Variante, die durch normale Züchtung – also nicht durch gentechnische Manipulation – ebenfalls gegen bestimmte Unkrautvertilgungsmittel resistent ist und erst seit dem Jahr 2000 in Australien angebaut wird. Um den Genfluss zu bestimmen, sammelten Rieger und ihre Mitarbeiter in 63 angrenzenden Feldern mit herkömmlichem Raps kiloweise Samen und ließen sie auf Versuchsfeldern auskeimen. Dann besprühten sie die jungen Kulturen mit Herbizid – wer überlebte, hatte offensichtlich das Resistenzgen von dem eingetragenen Pollen geerbt.

In 30 Prozent der Proben beziehungsweise auf 63 Prozent der Felder zeigten sich Herbizid-resistente Individuen. Doch der Genfluss blieb äußerst gering: Auf nur wenigen Flächen stieg der Anteil unempfindlicher Pflanzen über 0,03 Prozent. Das liegt weit unter dem in der Europäische Union für Saatgut diskutierten Schwellenwert von einem Prozent.

Allerdings flog der Pollen erheblich weiter als die wenigen hundert Meter, die normalerweise für entsprechende Pufferzonen um Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen vorgesehen sind. Hier könnte es also durchaus zu Problemen zum Beispiel für die biologische Landwirtschaft kommen, deren Saatgut garantiert keine genetische veränderten Samen enthalten soll.

Jeremy Sweet von der European Environment Agency fürchtet allerdings, dass der Genfluss in den EU-Ländern größer sein könnte. Denn hier sind die Felder kleiner und damit die Abstände zwischen verschiedenen Varietäten geringer. Außerdem überlappen sich die Blütezeiten der unterschiedlichen Sorten stärker, ganz abgesehen davon, dass es hier auch Wildformen gibt, die mit einer derart übertragenen Herbizidresistenz der Landwirtschaft einige neue Sorgen bereiten könnten.

Die Ergebnisse der groß angelegten Untersuchung zeigen, wie schwierig, wenn nicht gar unmöglich es ist, das Ausbreiten von Fremdgenen aus transgenen Pflanzen zu verhindern. Bis zum Oktober 2002 muss die Bundesregierung die Freisetzungsrichtlinie der EU in nationales Recht umsetzen. Dabei steht es ihr unter anderem frei, einen Schwellenwert für tolerierbare Beimischungen, etwa im Saatgut, festzulegen. Man darf also gespannt sein.

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