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Reizdarmsyndrom: Ein guter Stuhlgang ist erblich

Wie flott oder träge der Darm arbeitet, hängt mit Veränderungen an 14 Genorten zusammen. Eine davon betrifft den »Wachstumsfaktor« BDNF, der auch als Marker für Depressionen gilt.
Toilettentür mit Besetzt-Schild

Ein regelmäßiger Stuhlgang ist ein gutes Zeichen dafür, dass in Magen und Darm alles rundläuft. Hinter Durchfall oder Verstopfung kann eine Erkrankung wie das Reizdarmsyndrom stecken – eine Diagnose, die gerne dann gestellt wird, wenn andere Ursachen ausgeschlossen sind. Bislang ist allerdings nur unzureichend geklärt, was hinter der gestörten Peristaltik steckt. Ein internationales Team hat nach eigenen Angaben erstmals nachgewiesen, dass die Häufigkeit des Stuhlgangs ebenso wie die Veranlagung zum Reizdarm erblich ist.

Wie die Gruppe um Ferdinando Bonfiglio vom schwedischen Karolinska-Institut berichtet, suchte sie bei 167 875 Personen aus dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Belgien, Schweden und den USA nach Zusammenhängen zwischen den Genen und dem Stuhlgang. Bei Menschen mit hoher ebenso wie mit niedriger Stuhlfrequenz kamen bestimmte Veränderungen in der DNA häufiger vor als in der übrigen Bevölkerung, schreiben die Autorinnen und Autoren. »Wir identifizierten 14 Genorte, die mit der Stuhlfrequenz verbunden waren.«

Die Veränderungen betrafen Moleküle, deren Bedeutung für die Darmmotilität und die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn bereits aus klinischen Studien bekannt war, erläuterte der Bioinformatiker Bonfiglio in einer Pressemitteilung. Einige der untersuchten Gene produzierten zum Beispiel Neurotransmitter und Hormone, die an der Steuerung der Darmperistaltik beteiligt seien. Die größte Rolle spielte aber der Genort für den »Wachstumsfaktor« BDNF auf Chromosom 11: Er beeinflusst neben der Motilität auch Schutzfunktionen des Darms wie die Epithelbarriere.

Genprofil zeigt erhöhtes Risiko für Reizdarm

Bonfiglio und seine Kollegen fanden außerdem Hinweise auf gemeinsame Erbanlagen für Stuhlfrequenz und Reizdarm. Aus Daten der »UK Biobank« schlossen sie, dass Versuchspersonen, die genetisch gesehen zu den 1 Prozent mit der höchsten Stuhlfrequenz zählten, ein fünfmal höheres Risiko für ein Reizdarmsyndrom mit Durchfall hatten. Das könne helfen, ein erhöhtes Krankheitsrisiko festzustellen, besonders für jene Variante des Reizdarms, die mit Durchfall einhergeht.

Mit Hilfe von genaueren Analysen hoffen sie die Behandlung des Darms besser auf die Betroffenen zuschneiden zu können. »Sobald weitere Gene für die Stuhlfrequenz eindeutig identifiziert sind, könnten wir über neue Zielmoleküle für die Behandlung von Verstopfung, Durchfall und dem Reizdarmsyndrom verfügen«, sagt Seniorautor Mauro D'Amato. Therapien zielten bislang lediglich darauf ab, die Symptome zu bessern, nicht aber, die Ursachen zu bekämpfen. Eine wirksame Behandlung für das Reizdarmsyndrom gebe es nicht.

Weltweit sind bis zu zehn Prozent der Menschen von einem Reizdarm betroffen, darunter mehr Frauen als Männer. Die Lebensqualität der Betroffenen kann beträchtlich leiden. Als mögliche Ursachen werden verschiedene Faktoren diskutiert, darunter eine erhöhte Durchlässigkeit und Immunaktivität der Darmschleimhaut. Psychische Belastungen, Antibiotika und schwere Magen-Darm-Infekte können die Darmflora stören und einen Reizdarm auslösen oder verstärken.

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