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Uber&Co: Ridesharing-Dienste könnten Verkehrschaos vergrößern

Sie werden gerne als Antwort auf die Verkehrsprobleme der Gegenwart gehandelt. Aber möglicherweise machen Fahrdienstleister wie Uber alles nur schlimmer.
Ridesharing

Ridesharing-Angebote wie Uber oder Lyft haben sich in vielen Ländern zu populären Alternativen zu Taxifahrten und anderen Fortbewegungsmitteln entwickelt. Aber bringen sie wirklich eine Entlastung für verkehrsgeplagte Städte, wie Befürworter der Dienste immer wieder behaupten? Ein Team um Gregory D. Erhardt von der University Kentucky meldet nun große Zweifel an: In San Francisco hätten Uber und Lyft in den Jahren 2010 bis 2016 zu einer deutlichen Zunahme der Stunden geführt, die Autofahrer durch zähflüssigen Verkehr oder Staus verlieren. In der kalifornischen Stadt erfolgt mittlerweile jede siebte Fahrt mit einem der Dienste.

Das Team um Erhardt stützt seine Aussage auf Daten, die über die Apps von Uber und Lyft für jedermann zugänglich sind. Diese erfassen alle fünf Sekunden den Standort sämtlicher registrierten, aber nicht gebuchten Fahrzeuge. Wenn ein Auto aus der App verschwindet und einige Zeit später wieder auftaucht, könne man daraus die Fahrt rekonstruieren, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin »Science Advances«.

Auf dieser Basis erstellte die Gruppe eine Rekonstruktion aller erfolgten Ridesharing-Fahrten und schätzte deren Einfluss auf das Verkehrsaufkommen auf relevanten Routen ab. Das Ergebnis verglichen die Forscher mit Simulationen, in denen die Dienste keine Rolle spielten: Die Daten hierfür stammten aus einer Software, die auf Basis detaillierter demografischer Informationen den Verkehrsfluss zu bestimmten Zeiten berechnet und dabei Uber&Co außen vor lässt.

Ohne die Dienste hätte die Zeit, die Autofahrer durch zu viel Verkehr verlieren, zwischen 2010 und 2016 eigentlich nur um 22 Prozent zunehmen dürfen, berichten die Wissenschaftler. Tatsächlich nahm sie aber um 62 Prozent zu. Aus Sicht von Erhardts Team sind zahlreiche Ursachen denkbar: So zeigen andere Studien, dass Uber- und Lyft-Autos bis zu der Hälfte ihrer Strecken ohne Fahrgast absolvieren, etwa weil sich die Fahrer in Gegenden bewegen, wo sie öfter nachgefragt werden.

Auch haben vergangene Untersuchungen gezeigt, dass rund jede zweite Ridesharing-Fahrt eine Reise zu Fuß, mit dem Fahrrad oder in einem öffentlichen Verkehrsmittel ersetzt. Im Fall von San Francisco und anderer beliebter Städte komme vermutlich noch hinzu, so die Studienautoren, dass viele der Fahrer außerhalb der Stadt leben und erst einmal eine weite Strecke zurücklegen müssen, ehe sie auf eine hohe Nachfrage stoßen.

Für die Fans der Dienste dürfte all das kein Argument sein: Sie können auf ältere Studien verweisen, die teilweise einen positiven Effekt auf das Verkehrsaufkommen zu belegen scheinen. Der Mobilitätsforschung könnte also eine längere Debatte bevorstehen, auch weil Ridesharing als Vorbote einer Technologie gilt, die ebenfalls das Verkehrschaos mindern soll: das autonome Fahren.

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