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Molekülchemie: Riesenmoleküle mit neuem Bindungsmechanismus

Universität Stuttgart
Bislang kannten Chemiker vier Bindungsarten. Bei der ionischen Bindung gehen Elektronen von einem Atom zum anderen über und rufen elektrostatische Anziehungskräfte hervor; bei der kovalenten Bindung teilen sich Atome Elektronen; bei der Wasserstoffbrückenbindung fungiert ein teilweise positiv geladenes Wasserstoffatom als Kitt; und bei der van der Waals-Bindung führen Ladungsfluktuationen zur Polarisation und Anziehung. Nach mehr als einem halben Jahrhundert konnten Forscher um Tilman Pfau von der Universität Stuttgart diese Liste jetzt überraschend erweitern.

Die entscheidende Rolle bei der neuen Bindungsart spielt ein so genanntes Rydberg-Elektron. Es ist extrem hoch angeregt und hält sich deshalb im Mittel sehr weit vom zugehörigen Atomkern entfernt auf. Kommt es in die Nähe eines anderen Atoms, so polarisiert es dieses mit Hilfe seines elektrischen Feldes. Von diesem induzierten Dipol wird es dann seinerseits angezogen.

Zwei so verbundene Atome können tausendmal weiter voneinander entfernt sein als in allen bislang bekannten zweiatomigen Molekülen. Mit Abmessungen von 100 Nanometern erreicht das Paar sogar die Größenordnung von Viren. Allerdings ist die Bindung sehr schwach. Um solche Riesenmoleküle zu erzeugen, mussten die Stuttgarter Forscher deshalb die als Partner ausgewählten Rubidiumatome auf extrem tiefe Temperaturen abkühlen. Anschließend beschossen sie dieses ultrakalte Gas mit Laserlicht und hoben dadurch das äußerste Elektron auf die Rydbergbahn. Dass tatsächlich Moleküle entstanden, zeigte sich in einer Erniedrigung der benötigten Anregungsenergie: Sie lag um einen Betrag unter dem theoretischen Wert, welcher der Bindungsenergie des Atompaares entsprach.

Vera Spillner

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