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News: Rohrfrei fürs Herz

Der Dauerbrenner Aspirin überrascht Forscher immer wieder aufs Neue: Offenbar wirkt es der Entstehung von Arteriosklerose durch einen bislang unbekannten Mechanismus entgegen.
Aus dem Werbefernsehen wissen wir es: Zuviel Kalk kann für Rohrleitungen böse Folgen haben. Und auch beim Stichwort Arterienverkalkung klingeln bei uns alle Alarmglocken.

Zu Recht, denn dieser auch Arteriosklerose genannte Prozess führt zu Gefäßveränderungen, die in einem Herzinfarkt enden können. Und der Infarkt, eine fatale Verstopfung der Blutgefäße des Herzens, gilt mit über 100 000 Fällen pro Jahr als Todesursache Nummer Eins in Deutschland. Viele gefährdete Patienten nehmen zur Vorsorge täglich eine gering dosierte Tablette Aspirin ein, denn das Medikament hilft nicht nur bei Kopfschmerzen, sondern wirkt auch blutverdünnend. Dadurch hofft man, jene gefährlichen Gefäßverschlüsse verhindern zu können.

Forschungen der letzten Jahre haben ergeben, dass der Arteriosklerose ein chronischer Entzündungsprozess im Inneren der Blutgefäßwand zu Grunde liegt. Aufgrund dieser Erkenntnisse untersuchten nun Domenico Praticò und seine Kollegen der University of Pennsylvania, ob Acetylsalicylsäure (ASS), der Wirkstoff des Aspirins, eventuell auch andere Effekte auf arteriosklerotische Gefäße hat – und sie staunten dabei nicht schlecht.

Da das im Blut zirkulierende Cholesterin bei Arteriosklerose eine entscheidende Rolle spielt, kreierten die Forscher zunächst knockout-Mäuse, welche nicht in der Lage waren, Cholesterin aus dem Blut aufzunehmen, das sich deshalb in den Gefäßwänden ablagerte. Daraufhin wanderten Fresszellen des Immunsystems in diese Gebiete ein und setzten eine lokale Entzündungsreaktion in Gang – es bildeten sich die so genannten arteriosklerotischen Plaques.

Um die Stärke der Entzündung zu messen, bestimmten Praticò und seine Kollegen die Konzentration verschiedener Botenstoffe: zum Beispiel die des Proteins NF-Kappa-B, welches die Produktion zahlreicher weiterer Entzündungsmediatoren, den Cytokinen, veranlasst. Die mit ASS behandelten Mäuse wiesen dabei deutlich geringere Konzentrationen an NF-Kappa-B und Cytokinen auf, als ihre unbehandelten Artgenossen. Das Wachstum der Plaques wurde dadurch ebenfalls signifikant reduziert.

Ein solch deutliches Ergebnis hatten die Forscher nicht erwartet, da sie ASS bisher nur eine geringe entzündungshemmende Wirkung zuschrieben, die lediglich auf der Blockierung des Enzyms Cyclooxigenase beruhen soll. Die Wissenschaftler spekulieren nun, dass durch diese Hemmung vermehrt andere Stoffe gebildet werden, welche letztendlich die Entzündung verhindern. Diese so genannten Lipoxine fanden in der Pharmakologie bisher nur wenig Beachtung.

Darüber hinaus stabilisierten sich die normalerweise recht schwammigen Plaques durch eine Zunahme an Kollagen und glatten Muskelzellen. Die Gefahr, dass sich Bruchstücke davon lösen und ein anderes Gefäß verstopfen ist dadurch verringert.

Wenn sich die Ergebnisse der Wissenschaftler bestätigen lassen, empfiehlt sich die Einnahme von ASS zur Vorbeugung von Herzinfarkten aus einem Grund mehr. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Wahrscheinlich können selbst geringe Dosen auf Dauer zu Magenschäden führen.

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