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Rohstoffe: Der hohe Preis des Aluminiums

Aluminium ist eines der wichtigsten Industriemetalle. Die größten Reserven liegen in Westafrika. Dort zahlen Umwelt und Bevölkerung einen enormen Preis für die Rohstoffversorgung der Industrieländer.
Zwei Personen fahren Fahrrad auf einer Straße am Seeufer.

Eine Schicht aus feinem, rotem Staub hat sich auf die Blätter und Blüten der Cashewbäume von Mamadou Diallo gelegt. »Seit 2004 hat uns die Regierung ermutigt, Cashews, Mais und Orangen anzubauen, aber so können wir nicht mehr weitermachen«, sagt der guineische Landwirt in einem Video des Nachrichtenportals Mongabay und fügt hinzu: »Es gab hier früher viele Schimpansen und Affen, die sind aber alle weg.« Der rote Staub auf seinen Nussbäumen stammt aus dem nahe gelegenen Bauxittagebau von Sangarédi, in dem der Rohstoff für Aluminium geschürft wird. Er ist der größte, doch bei Weitem nicht der einzige seiner Art in Guinea.

In Westafrikas Böden schlummern die umfangreichsten Bauxit-Reserven der Welt. Das Aluminiumerz wird im Tagebau gefördert, mitten im artenreichen Waldgürtel der oberguineischen Wälder. Dort leben stark bedrohte Arten wie Schimpansen, Leoparden und Schuppentiere. Insbesondere in Guinea und Ghana wehren sich Einheimische zunehmend gegen die internationalen Minengesellschaften, die viel Geld mit den Bodenschätzen aus Afrika verdienen.

Denn während das Aluminiumerz zur Weiterveredelung – unter anderem nach Deutschland – exportiert wird, bleiben die Umweltprobleme vor Ort. Luft, Bäche und Flüsse sind verschmutzt, die Lärmbelastung steigt und der Grundwasserspiegel sinkt. Dort, wo die ursprüngliche Vegetation und ganze Dörfer dem Tagebau weichen müssen, trägt das Land große rostrote Narben und wird für die Landwirtschaft unbrauchbar.

Besonders betroffen davon ist der Westen Guineas, der von Natur aus mit einem abwechslungsreichen Mix aus Trockenwäldern, Grasland und Buschsavanne bedeckt ist. Direkt unter dem rotbraunen Oberboden liegt eine sieben bis 15 Meter mächtige Schicht Bauxitgestein. Auf sieben Milliarden Tonnen werden die Vorräte geschätzt (von 30 Milliarden Tonnen weltweit). Damit ist Guinea, ein Land von der Größe des Vereinigten Königreichs, die wichtigste Aluminiumquelle der Welt. Noch vor den flächenmäßig ungleich größeren Konkurrenten aus Australien, China, Brasilien oder Indonesien.

Aluminium kommt vor allem aus den Tropen

Ein beträchtlicher Teil unserer Konsumgüter wird mit Aluminium aus den Tropenwaldgebieten der Erde hergestellt. Aluminium ist ein Hauptbestandteil des Laptops, auf dem diese Zeilen geschrieben werden, Aluminium sorgt durch sein geringes Gewicht bei hoher Festigkeit für Sprit sparende Fahrzeuge und für umweltfreundliche Trinkflaschen. Aluminiumgestelle verankern Solarzellen auf unseren Dächern, und Aluminium lässt sich wunderbar recyclen. Kein Wunder also, dass es als Metall der Zukunft gilt und der weltweite Bedarf Jahr für Jahr steigt.

Im Vergleich zu seltenen Metallen wie Gold, Mangan oder Coltan ist Aluminium auch gar nicht so schwer zu finden. Im Gegenteil, es ist das häufigste Metall der Erdkruste. Bauxit bildet sich vor allem in tropischen und subtropischen Gebieten, wo ein Wechsel aus intensiven Trocken- und Regenzeiten die geologischen Bedingungen für die Anreicherung von Aluminiumoxiden schafft und gleichzeitig artenreiche Wälder entstehen lässt. So regnet es in der guineischen Provinzhauptstadt Boké von Dezember bis April praktisch gar nicht, während von Mai bis November über zwei Meter Regen fallen – das Dreifache des durchschnittlichen Jahresniederschlags in Deutschland.

Der Bauxittagebau in Guinea erinnert an den Braunkohleabbau – nur in Orangerot und ohne die monströsen Bagger. Stattdessen nimmt man Dynamit, um das Gestein zu lösen. In Sangarédi wird rund um die Uhr gebohrt, gesprengt und verladen. Das grob geschredderte Material wird mit Güterzügen zum Hafen in Kamsar gebracht und von dort auf 350 Meter langen Lastkähnen über den Atlantik in alle Welt verschifft. Der Flächenverbrauch ist beträchtlich: Allein die Konzession der halbstaatlichen Compagnie des Bauxites de Guinée (CBG) in Sangarédi umfasst 690 Quadratkilometer, das ist fast ein Drittel mehr als die Fläche des Bodensees. Laut einem Bericht der Weltnaturschutzunion IUCN wurden bis 2012 auf zwei Drittel der Landesfläche Bergbaulizenzen vergeben – seither hat sich die Entwicklung weiter beschleunigt.

Vom Bauxit zum Aluminium

Der Weg vom Bauxitgestein bis zum glänzenden Autokotflügel ist lang und erstreckt sich meist über mehrere Kontinente. Unterwegs machen diverse Firmen gute Geschäfte, verbrauchen dabei sehr viel Energie und produzieren ganze Seen aus rotem Schlamm. Zuerst trägt man das Gestein durch Bohren oder Sprengen schichtweise ab und zerkleinert es. Um das Aluminium aus dem Gestein zu lösen, wird es mit Natronlauge unter Druck und bei rund 200 Grad Celsius ausgewaschen.

Zurück bleibt weißes, pulvriges Aluminiumoxid und Rotschlamm – eine reizende Brühe, die in riesigen Absetzbecken gelagert wird. Um aus Aluminiumoxid reines Aluminium zu gewinnen, verflüssigt man es in der Schmelzelektrolyse bei knapp 1000 Grad Celsius und scheidet das Metall durch eine elektrische Spannung ab. Dabei scheidet sich das metallische Aluminium an der Kathode am Boden des Schmelzbeckens ab, während an der Anode Kohlendioxid anfällt. Das abgeschöpfte Aluminium (Primäraluminium) wird schließlich in Barren gegossen und steht zur Weiterverarbeitung in allen möglichen Legierungen bereit.

In Deutschland gibt es mit den Aluminiumoxidwerken Stade (AOS) bei Hamburg nur noch ein Werk, das Aluminiumoxid aus Bauxit gewinnt. Dort werden über eine Million Tonnen Aluminiumoxid pro Jahr produziert, wobei 700 000 Tonnen Rotschlamm anfallen, die per unterirdischer Leitung in ein großes Becken im Stademoor geleitet werden. Der Damm des Rotschlammbeckens muss immer wieder erhöht werden, wozu AOS jährlich 150 000 Kubikmeter Sand benötigt.

Aluschmelzen, die Primäraluminium und Legierungen herstellen und Aluminium recyclen, gibt es dagegen noch einige in Deutschland, etwa Trimet Aluminium SE am Niederrhein bei Essen. Im globalen Vergleich ist Deutschland aber ein eher kleiner Fisch bei der Aluminiumproduktion. Das liegt auch an den hiesigen Energiepreisen, denn pro Tonne Primäraluminium benötigt man neben vier Tonnen Bauxitgestein sehr viel elektrische Energie. Insbesondere die Elektrolyse ist sehr energieaufwändig.

Darum stehen viele Aluminiumhütten an Orten mit billiger Energie, etwa in Kanada, Norwegen, Australien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Europa bezieht nicht legiertes Rohaluminium vor allem aus Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Mosambik. Ein beträchtlicher Teil des dafür verwendeten Bauxits stammt aus Guinea, wo Russland (RUSAL – Russisches Aluminium) und die Emirate (GAC – Guinea Alumina Corporation) an großen Bergbaufirmen beteiligt sind.

»In Guinea ist der Bauxitabbau in den letzten Jahren explodiert und ist heute die mit Abstand größte Bedrohung für den Westlichen Schimpansen«, sagt Geneviève Campbell. Die Kanadierin hat über die Schimpansenpopulation der Elfenbeinküste promoviert, als Umweltberaterin für guineische Bergbaufirmen gearbeitet und ist nun bei der Weltnaturschutzunion IUCN als Expertin für den Schutz der Menschenaffen tätig. Campbell beobachtet, dass der Wandel in Guinea sehr rasch vor sich geht: »Von einem Jahr zum nächsten verändert sich die Landschaft extrem.« Das liege auch daran, dass immer mehr Firmen mitmischten und gerade Firmen aus China extrem schnell neue Infrastruktur wie Häfen, Straßen und Bahnlinien errichteten.

Rohstoff-Boom in Guinea

Der Bauxit-Boom lässt sich auch an den Handelszahlen ablesen: Exportierte Guinea 2014 noch etwas über 17 Millionen Tonnen Bauxit, waren es 2020 bereits weit über 60 Millionen Tonnen. Bis Ende der 2020er Jahre soll die jährliche Abbaumenge auf mehr als 80 Millionen Tonnen steigen. Nach manchen Quellen sogar schon bald auf 110 Millionen Tonnen, womit Guinea in etwa mit dem derzeit größten Exporteur Australien gleichziehen würde. Auf der Karte des guineischen Bergbauministeriums überziehen die Abbaugenehmigungen für Bauxit den gesamten Westen des Landes, insbesondere die Boké-Region, in der auch Sangarédi liegt. Dazu kommen zahlreiche weitere Explorationen und Minen für Eisenerz, Gold und Diamanten im ganzen Land.

Grundsätzlich sei der Abbau von Bodenschätzen legitim, aber es fehle an Kapazität und Knowhow, um die Entwicklung bewusst zu steuern und dabei die Schäden zu minimieren. »Es müsste eine landesweit koordinierte, langfristige Planung geben, um besonders wertvolle Gebiete für Wasserversorgung und Artenvielfalt zu schützen«, fordert Campbell. Momentan würden Straßen und Häfen teils parallel nebeneinander gebaut, weil jede Firma ihr eigenes Ding mache.

Für die Rechte zur Erweiterung des Tagebaus in Sangarédi sind zwei der größten guineischen Abbauunternehmen, Compagnie des Bauxites de Guinée (CBG) und Guinea Alumina Corporation (GAC), auf Betreiben der Weltbank zur Kompensation verpflichtet worden. In Zusammenarbeit mit der Wild Chimpanzee Foundation wurde 2017 nordöstlich von Sangarédi im Hochland von Fouta Djallon an der Grenze zu Mali der Moyen-Bafing-Nationalpark eingerichtet, in dem zwischen 3500 und 5000 Schimpansen leben und für dessen Finanzierung die Bergbaufirmen aufkommen.

Das Geld kommt auch aus Deutschland

Schon kurz nach seiner Einrichtung stellte sich allerdings heraus, dass der Nationalpark durch das Koukoutamba-Staudammprojekt und eine alte Bauxit-Abbaugenehmigung bedroht ist. Der Staudamm soll von der chinesischen Firma Sinohydro gebaut werden und die Stromversorgung des Landes verbessern. Kritiker bemängeln, dass ein großer Teil des Stroms nicht für die Bevölkerung, sondern für den Export in die Nachbarländer und für im Bau befindliche Aluminiumraffinerien bestimmt sei.

Nach Angaben der Entwicklungsorganisation FIAN werden die Kredite zur Erweiterung der Sangarédi-Tagebaue unter anderem durch die deutsche Bundesregierung und die Weltbank abgesichert. Im Februar 2019 reichten 13 Gemeinden aus der Umgebung der Mine Beschwerde bei der Weltbank ein. Trotzdem habe CBG Fakten geschaffen und das Dorf Hamdallaye 2020 mitten in der Corona-Pandemie zwangsweise umgesiedelt.

Von den einstmals über 1,2 Millionen Quadratkilometern Tropenwald Westafrikas sind heute noch etwa zehn Prozent übrig

Auch die Exportnation Deutschland trägt Verantwortung, nicht nur wegen des Kredits, sondern ebenso weil hier zu Lande viel Aluminium verarbeitet und mit Bauxit aus Guinea produziert wird (siehe Kasten »Vom Bauxit zum Aluminium«). Im Moment laufe noch ein Schlichtungsverfahren zwischen den Dorfbewohnern und der Bergbaufirma, wie das Bundeswirtschaftsministerium im Februar auf eine Kleine Anfrage der Grünen mitteilte.

Von den einstmals über 1,2 Millionen Quadratkilometern Tropenwald Westafrikas ist heute nur noch ein Flickenteppich von Waldgebieten mit etwa zehn Prozent der ursprünglichen Fläche übrig. Die Wälder Westafrikas gehören damit zu den am stärksten bedrohten Waldgebieten der Welt. Gründe sind Holzeinschlag, Landwirtschaft – insbesondere der Anbau von Exportgütern wie Kakao und Kaffee – und der Bergbau.

Von den Bodenschätzen ihrer Heimat hat die Bevölkerung bislang kaum profitiert. Der Bauxitabbau schafft zwar Arbeitsplätze, aber meist werden Fachkräfte aus den Städten gesucht. Die Menschen vor Ort, die am stärksten unter den Folgen des Tagebaus zu leiden haben, gehen oft leer aus. So belegen die Staaten Westafrikas auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen regelmäßig hintere Plätze. Guinea rangiert zurzeit auf Platz 178 von 189. Die meisten Familien leben von der Landwirtschaft und müssen mit wenigen Dollar am Tag über die Runden kommen.

Zwischen 2013 und 2016 suchte zudem die Ebolakrise Westafrika heim. Und selbst dort, wo die Bauxitminen schon seit den 1970er Jahren in Betrieb sind, fehlt es in vielen Dörfern bis heute an grundlegender Infrastruktur wie Stromversorgung und Schulen. Aus Unzufriedenheit über diese Situation und die niedrigen Löhne waren im April und September 2017 Unruhen in der guineischen Provinzhauptstadt Boké ausgebrochen. Seither gab es in Guinea immer wieder blockierte Bahngleise und Zufahrtsstraßen sowie Verletzte bei Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften.

Was bringt das Lieferkettengesetz?

Der Bauxit-Boom in Guinea wird von den Industrienationen befeuert. Drei Viertel des in Guinea abgebauten Bauxits gehen nach China. Die »Werkstatt der Welt« hat einen unstillbaren Hunger nach Rohstoffen, und da die eigenen Bauxitvorräte bereits schwinden, ist man weltweit darum bemüht, den Nachschub zu sichern. Auch weil von China und Russland in dieser Hinsicht kurzfristig nicht viel zu erwarten ist, tragen europäische und nordamerikanische Firmen und Geldgeber eine besondere Verantwortung, sich beim Rohstoffabbau stärker für die Rechte der Bevölkerung und der Natur einzusetzen. Immerhin: Erste Ansätze sind erkennbar.

So riefen Akteure aus Industrie, Politik und Zivilgesellschaft 2015 die Aluminium Stewardship Initiative (ASI) ins Leben. Ähnlich wie beim Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl will man im Dialog zwischen Umwelt- und Entwicklungsverbänden, Rohstoffproduzenten und weiterverarbeitender Industrie Standards für umwelt- und sozialverträgliches Aluminium etablieren. Justus Kammüller vom WWF Deutschland sitzt bei den Verhandlungen mit am Tisch und lobt die deutsche Industrie: »Die deutschen Autobauer und Schüco International haben sich mit uns stark für strengere Kriterien etwa beim Biodiversitätsschutz in den Abbauländern eingesetzt.« Inzwischen wurden die ersten Bauxitminen in Australien und Brasilien zertifiziert, in Guinea jedoch noch keine.

Auch das Lieferkettengesetz, das Hersteller zu mehr Verantwortung bei der Beschaffung von Teilen und Rohstoffen verpflichtet, könnte helfen. Umwelt- und Sozialverbände begrüßen die Gesetzesinitiative, sind aber noch skeptisch, was die praktische Umsetzung angeht: »Der im Februar veröffentlichte Referentinnen-Entwurf bleibt weit hinter unseren Erwartungen zurück, da er nicht die gesamte Lieferkette abdeckt«, sagt Michael Reckordt vom Verein PowerShift, der zusammen mit dem INKOTA-netzwerk im Dezember 2020 eine Studie über den Rohstoffbezug der deutschen Automobilindustire veröffentlicht hat. Um den Mittelstand vor Belastungen zu schützen, soll das Lieferkettengesetz nur für Firmen mit über 1000 Mitarbeitern gelten. Der einzige deutsche Bauxitverarbeiter in Stade bei Hamburg etwa falle mit seinen rund 500 Angestellten also vorerst nicht unter das Gesetz, so Reckordt.

»Der im Februar veröffentlichte Referentinnen-Entwurf bleibt weit hinter unseren Erwartungen zurück«
Michael Reckordt vom Verein PowerShift

Auch in Ghana sind artenreiche Wälder durch den Bauxitabbau bedroht. Dort hat die Regierung 2018 einen umstrittenen Zwei-Milliarden-Dollar-Deal mit dem chinesischen Staatsunternehmen Sinohydro gemacht – jenem Unternehmen, das ebenfalls den Staudamm im guineischen Nationalpark bauen soll. Der Deal in Ghana soll den Chinesen die langjährige Ausbeutung der Bauxitreserven mitten im Atewa-Wald, einem der wertvollsten und letzten intakten Regenwälder des Landes, sichern. Als Gegenleistung für die Schürfrechte sollen die Chinesen Straßen und andere Infrastruktur bauen.

Seither laufen internationale und nationale Umweltorganisationen Sturm gegen das Vorhaben. Die lokalen NGOs »A Rocha Ghana«, »Concerned Citizens of the Atewa Landscape« und weitere Bürgergruppen befürchten den Verlust ihrer Lebensgrundlagen und die Beeinträchtigung der Wasserversorgung von fünf Millionen Ghanaern. Deswegen klagen sie vor dem höchsten Gericht Ghanas gegen den Deal.

>Anfang Februar haben deutsche Firmen wie BMW, TetraPak und Schüco den zivilgesellschaftlichen Organisationen den Rücken gestärkt, indem sie öffentlich verkündeten, dass sie von niemandem Aluminium kaufen werden, der mit dem Bauxitabbau in Atewa in Verbindung gebracht wird. Wie die Sache ausgeht, ist derzeit noch offen – ein Teil der Infrastrukturgelder aus China sei aber schon in den Straßenbau geflossen, berichtet das Nachrichtenportal »China Dialogue«.

Bauxit verdrängt Schimpansen

Unter der Naturzerstörung leiden auch unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen. Noch vor 30 Jahren gab es in Westafrika 190 000 Schimpansen. Seither ist ihre Zahl um über 80 Prozent auf 35 000 zurückgegangen. Der Westliche Schimpanse (Pan troglodytes verus) ist für seinen geschickten Werkzeuggebrauch bekannt. In Guinea, wo die Menschenaffen in Galeriewäldern, Baumsavannen und inzwischen auch oft in landwirtschaftlich geprägten Gebieten leben, hat man sie dabei beobachtet, wie sie in der Trockenzeit mit Zweigen saftige Algensnacks aus Wasserlöchern angeln, und im Tai-Nationalpark der Elfenbeinküste knacken sie Nüsse mit Hilfe von Holzhämmern.

Schimpansen auf einem Ast | Einst waren Schimpansen in Westafrika weit verbreitet. In den letzten 30 Jahren ist die Population dort um vier Fünftel geschrumpft.

Der Westliche Schimpanse ist die am stärksten bedrohte Unterart des Schimpansen, und seine wichtigsten Rückzugsgebiete liegen in Guinea. Weil das Bauxiterz für den Export zum Hafen muss, fand man die Tagebaue bis vor Kurzem eher in Küstennähe, wo traditionell mehr Menschen und weniger Affen leben. Inzwischen werden aber auch immer mehr Abbaugebiete im Landesinneren ins Visier genommen. Auf der Suche nach Arbeit strömen die Menschen dorthin, wo neue Tagebaue entstehen.

Ehemals kleine Dörfer wie Sangarédi werden zu Städten, und Städte wie Boké verdoppeln innerhalb weniger Jahre ihre Einwohnerzahl. Um über die Runden zu kommen, gehen viele zum Jagen und Sammeln von Feuerholz in die Wälder. Eines der wichtigsten Refugien für den Westlichen Schimpansen ist das Hochland von Fouta Djallon im Norden Guineas, wo der neue Moyen-Bafing-Nationalpark eingerichtet wurde. Ein Grund dafür könnte der muslimische Glaube der Bewohner dieser Region sein, der ihnen den Verzehr von Affenfleisch verbietet.

»Es ist Zeit, dass die verarbeitenden Firmen mehr Verantwortung übernehmen«
Amadou Bah, Geschäftsführer von »Action Mines«

Für die verbliebenen Wälder Guineas wird es in Zukunft wohl noch enger werden, denn die Regierung um den kürzlich wiedergewählten Präsidenten Alpha Condé ist fest entschlossen, neben dem Bauxit im Westen auch die riesigen Eisenerzvorkommen im Südosten des Landes auszubeuten. Dort gelten die eisenreichen Simandou-Berge als das nächste große Projekt der Chinesen, das bislang nur wegen der Entfernung zur Küste nicht weiter gediehen ist.

Die moderne Welt funktioniert nicht ohne Aluminium und andere Bodenschätze, aber bisher schert sich kaum jemand wirklich darum, wo die Rohstoffe herkommen und unter welchen Bedingungen sie gewonnen werden. Die Menschen vor Ort hätten wenig bis gar nicht vom Rohstoffreichtum ihrer Heimat profitiert, kritisiert auch Amadou Bah, Geschäftsführer der guineischen Nichtregierungsorganisation »Action Mines« und fordert: »Es ist Zeit, dass die verarbeitenden Firmen mehr Verantwortung übernehmen.«

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