Roter Planet: Ade, Mars-Maulwurf

Die NASA-Mission InSight zum Mars, die Abkürzung steht für Interior Exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport, installierte Anfang des Jahres 2019 das erste geophysikalische Observatorium auf einem anderen Planeten. Im Frühjahr 2023 – nach zwei Marsjahren – endete ihr Betrieb, da die Energieversorgung nicht mehr gewährleistet war. Auf den Solarpaneelen hatte sich zu viel Staub angesammelt und Versuche, diesen durch Schwingen der Paneele abzuschütteln waren weitgehend erfolglos geblieben (siehe »Eingestaubte Landesonde«). Die Mission startete im Mai 2018 von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien. Nach einem sechsmonatigen Flug zum Roten Planeten und der Landung im November 2018 wurde das Observatorium im Januar 2019 in Betrieb genommen.
An Bord der Station befanden sich als Hauptinstrumente ein Breitband-Seismometer und eine hybride Wärmeflusssonde namens HP3, das Akronym steht für Heat Flow and Physical Properties Package. Sie wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beigestellt. Hinzu kamen ein Magnetometer, eine Wetterstation mit Druck- und Temperatursensoren sowie zwei Transponder, mit denen sich die Variationen der Rotationsachse des Roten Planeten und seiner Rotationsperiode messen ließen.
Der Wärmefluss aus dem Marsinneren
Der in der Geophysik gebräuchliche Oberflächenwärmefluss gibt an, wie viel Wärme pro Zeit- und Flächeneinheit aus dem Inneren eines Planeten an seine Oberfläche fließt. Planeten können als Wärmekraftmaschinen betrachtet werden, die Wärme in mechanische Arbeit wie Gebirgsbildung, Vulkanismus sowie seismische Aktivität und Magnetfeldenergie umwandeln (siehe »Modellrechnung der thermisch angetriebenen Konvektion im Marsinneren«). Die Wärme entsteht im Inneren des Planeten durch den Zerfall radioaktiver Isotope der Elemente Aluminium, Uran, Thorium und Kalium. Außerdem wurde der Planet bei seiner Entstehung aus dem solaren Urnebel bis über den Schmelzpunkt seiner Bestandteile aufgeheizt. Im Lauf der Äonen kühlt der Planet ab, was man als seine thermische Evolution beschreibt.
Die mechanische Arbeit eines Planeten zeigt sich am deutlichsten in tektonischen Strukturen. Auf der Erde zum Beispiel in Faltengebirgen wie den Alpen oder dem Himalaya. Auf dem Mars ist die riesige Tharsis-Aufwölbung mit ihren Vulkanen und dem Grabenbruch Valles Marineris am deutlichsten sichtbar. Aber auch bei vulkanischen und seismischen (Erdbeben) Aktivitäten wird mechanische Arbeit geleistet. Auf der Erde sind auch die Verschiebung der Kontinente und die Plattentektonik zu nennen, die es auf dem Mars nicht gibt. Bei Planeten, die wie die Erde ein globales Magnetfeld besitzen, wird die Feldenergie im Kern erzeugt. Der Mars besaß in seiner Frühzeit ein solches Magnetfeld. Inzwischen ist der Dynamo im Marskern jedoch zum Erliegen gekommen. Zu den Details der Maschine gehören die durch thermischen Auftrieb (Konvektion) angetriebenen Materialströme im Mantel und im Kern.
In jeder Wärmekraftmaschine wird die nicht in Arbeit umgewandelte Wärme abgeführt, bei einem Planeten als Wärmestrom über die Planetenoberfläche. Auf der Erde ist die Verteilung des Oberflächenwärmeflusses gut kartiert und spiegelt die Materialflüsse im Gesteinsmantel wider. Hohe Wärmeflüsse finden sich dort, wo heißes Material aufsteigt, zum Beispiel unter Vulkanen, und niedrige dort, wo Gestein ins Erdinnere absinkt. Darüber hinaus bestimmen Anomalien in der Konzentration radioaktiver Elemente im Krustengestein regionale Variationen des Oberflächenwärmeflusses.
Modelle der thermischen und chemischen Entwicklung von Planeten verwenden den Wärmefluss als charakteristische Größe, die einerseits Aufschluss über die chemische Zusammensetzung des Planeten gibt, insbesondere über den Gehalt an Elementen mit wärmeproduzierenden radioaktiven Isotopen. Andererseits liefert der Wärmestrom Hinweise auf die Wärmetransportrate und damit auf die Abkühlungsrate des Planeten und die Rate, mit der mechanische Arbeit erzeugt werden kann. Leider lassen sich weder die Konzentration radioaktiver Elemente noch die Abkühlrate oder der Wirkungsgrad der Konvektion direkt ableiten, sondern erfordern weitergehende Modellrechnungen.
Die Messung des Oberflächenwärmeflusses erfolgt nach einer Methode, die im Jahr 1939 von Edward C. Bullard (1907 – 1980) eingeführt wurde, er führte die erste terrestrische Wärmeflussmessung in Südafrika durch. Unter der begründeten Annahme, dass der Wärmetransport durch die oberen Bodenschichten hauptsächlich durch Wärmeleitung erfolgt, misst man den vertikalen Temperaturabfall oder -gradienten im Boden und die Wärmeleitfähigkeit und erhält den Wärmestrom nach dem Fourierschen Gesetz als Produkt dieser beiden Größen. Fließendes Grundwasser kann diese Messung verfälschen, da Wasser in porösen Böden Wärme durch Konvektion transportiert. Dies spielt auf dem Mars erwartungsgemäß keine Rolle, doch kann Eis im Boden die Wärmeleitfähigkeit gegenüber trockenem Boden erhöhen. Allerdings kann man den Wärmefluss nicht in geringen Tiefen messen, da die Sonneneinstrahlung die Energiebilanz des Bodens dort weitgehend bestimmt.
Auf dem Mars beträgt die Sonneneinstrahlung pro Flächen- und Zeiteinheit etwa 40 Prozent der Einstrahlung auf der Erde und ist etwa 25 000-mal so groß wie der zu erwartende Wert des Wärmeflusses aus dem Inneren des Planeten. Er beträgt etwa 20 Milliwatt pro Quadratmeter, etwa ein Viertel des mittleren Oberflächenwärmeflusses der Erde. Das bedeutet, dass die Temperatur in den oberen Schichten stark vom Tages- und Jahresgang der Sonneneinstrahlung beeinflusst wird. Somit muss man – wenn man den ungestörten Temperaturgradienten bestimmen will – in einer Tiefe messen, in der der Einfluss der Sonneneinstrahlung vernachlässigt werden kann.
Die Eindringtiefe hängt einerseits von der Genauigkeit ab, mit welcher der Wärmefluss gemessen werden soll. Andererseits von der Amplitude der Temperaturstörung, ihrer Periode und der Temperaturleitfähigkeit des Bodens. Die Temperaturleitfähigkeit haben wir mit unserer Sonde zu etwa 4 × 10-8 Quadratmeter pro Sekunde bestimmt, wie wir weiter unten berichten werden. Für den Tagesgang mit einer Periode von etwa 24 Stunden kann man davon ausgehen, dass die Störung in einer Tiefe von wenigen zehn Zentimetern weitgehend abgeklungen ist, obwohl die Temperaturschwankungen an der Planetenoberfläche etwa 100 Grad Celsius betragen.
Die jährlichen Temperaturschwankungen sind mit etwa 10 Grad Celsius deutlich geringer. Allerdings dringt die Störung wegen der Jahreslänge von 687 Tagen deutlich tiefer ein, so dass man in einer Tiefe von mindestens drei Metern, besser fünf Metern messen muss. Wir hatten daher den Versuch auf fünf Meter Tiefe ausgelegt. Viel tiefer hätten wir nicht eindringen können, zum einen wegen der begrenzten Leistung der Sonde, zum anderen, weil internationale Abkommen zum Schutz der Marsumwelt verbindlich vorschreiben, dass Experimente in größerer Tiefe nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn die Hardware wesentlich höheren Anforderungen an die Keimfreiheit genügt.
In die Tiefe mit einem elektromechanischen Maulwurf
Wie erreicht man nun am besten die Zieltiefe von drei bis fünf Metern? Eine klassische Bohrung schied schon früh aus, da das Budget der Mission dies nicht zuließ. Zudem hätte die beim Bohren entstehende Reibungswärme das Temperaturfeld im Boden für Jahre gestört und eine Messung im Rahmen der Mission unmöglich gemacht. Stattdessen wurde frühzeitig auf das Konzept der mechanischen Eindringsonde umgestellt, die das DLR auf der Basis eines Konzepts des sowjetischen Raumfahrtunternehmens NPO S. A. Lawotschkin für den europäischen Marslander Beagle II an Bord der europäischen Mission Mars Express entwickelt hatte. Die Sonde mit dem Namen PLUTO (Planetary Underground Tool) sollte allerdings nur etwa einen Meter tief eindringen und war für die Entnahme von Proben vorgesehen. Leider kam die Sonde auf dem Mars nicht zum Einsatz, da Beagle II bei der Landung im Dezember 2003 auf der Marsoberfläche zerschellte.
Der Mechanismus der Eindringsonde besteht aus einem Motor, der über ein Schneckengewinde eine Feder spannt (siehe »Komponenten der HP3
Die Federn, die Massen und die Abmessungen der Sonde können so ausgelegt werden, dass der Rückschlag kompensiert wird und die Sonde stetig in den Boden eindringt. Wenn das Gleichgewicht nicht stimmt, springt die Sonde auf der Stelle vor und zurück, anstatt einzudringen. Bei der Konstruktion muss berücksichtigt werden, dass die interne Kompensation des Rückschlags Masse kostet. Masse und Energie sind die kostbarsten Ressourcen in der Raumfahrttechnik und müssen entsprechend sparsam eingesetzt werden.
Die HP3-Eindringsonde – auch Mole oder Maulwurf genannt – hatte eine Schlagkraft von 1200 bis 1300 Newton. Etwa 90 Prozent des Rückpralls wurden intern aufgefangen. Für den Boden wurde auf Grund der Ergebnisse früherer Marsmissionen angenommen, dass er aus Sand besteht, der in seinen Eigenschaften Quarzsand ähnelt, wie er auf Spielplätzen verwendet wird. Die oberen Millimeter oder Zentimeter können von einer so genannten Durikruste bedeckt sein. Dabei handelt es sich um verkrusteten Sand, dessen Körner durch Salze miteinander verbunden sind. Die Salze lösen sich bei der an sich geringen Luftfeuchtigkeit auf dem Mars aus dem Sand und bilden dünne Solefilme, die auskristallisieren, wenn die Luftfeuchtigkeit im Laufe des Tages wieder abnimmt. Diese Kruste hat eine hohe Porosität und hohe Kohäsion, aber eine geringe Festigkeit. Die Sonde sollte diese dünne Kruste leicht durchstoßen können.
Der Plan für das Eindringen der Sonde und die Messung des Temperaturgradienten und der Leitfähigkeit stand von Anfang an unter einem gewissen Zeitdruck. Dieser ergab sich aus der Störung des Temperaturfelds im Boden durch den Lander InSight und seinen Schatten. Diese Störung würde sich nach der Landung mit der Zeit in die Tiefe ausbreiten und könnte – abhängig vom Verlauf der Wärmeleitfähigkeit mit der Tiefe – in einigen Monaten die Zieltiefe erreichen. Außerdem waren bereits einige Wochen für die Erkundung des Landeplatzes und das Ausbringen der Instrumente an die Oberfläche verstrichen.
Das Eindringen selbst wurde als unproblematisch angesehen. Im Laborversuch hatte der Maulwurf die Zieltiefe stets innerhalb weniger Stunden erreicht. Es war jedoch geplant, die Wärmeleitfähigkeit während des Eindringens in Abständen von 50 Zentimetern zu messen. Für die Messung selbst musste ein Marstag, ein Sol, eingeplant werden. Zuvor mussten jedoch zwei bis drei Sol abgewartet werden, um den Maulwurf in ein thermisches Gleichgewicht mit der Umgebung zu bringen. Rechnet man die Zeit für die Planung des Experiments im Zusammenhang mit anderen Aufgaben der InSight-Mission hinzu, so waren etwa zehn Wochen für den Abstieg der Sonde einzuplanen.
Leider war das Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt. Schon beim ersten Versuch erreichte der Maulwurf nicht die vorgesehene erste Zieltiefe von 70 Zentimetern. Nach einem zweiten Versuch mit ähnlichem Erfolg und einigen kurzen Diagnoseversuchen wurde die Haltestruktur mit dem Greifarm vom Maulwurf weggehoben. Das Ergebnis war ernüchternd. Der Maulwurf steckte schräg im Boden, in einer bis zu zehn Zentimeter tiefen Grube, mit etwa dem doppelten Durchmesser des Maulwurfs, und ragte etwa sieben Zentimeter über die Oberfläche hinaus. Besonders auffällig waren die steilen Wände der Grube. Offensichtlich war der Maulwurf nicht in kohäsionslosen Sand, sondern in einen Boden mit beträchtlicher Kohäsion eingedrungen. In eine, wie später festgestellt wurde, rund 20 Zentimeter dicke Durikruste. Diese Kruste bot dem Maulwurf nicht die notwendige Reibung, so dass er nach dem Verlassen der Stützkonstruktion nach unten auf der Stelle hüpfend und sich drehend ein Loch in die Durikruste gebohrt hatte.
Wie lässt sich die geplante Eindringtiefe erreichen?
In der Folgezeit versuchten wir, den Maulwurf zumindest annähernd auf die Solltiefe zu bringen. Ausgehend von der durch Modellrechnungen und vorsichtige, zusätzliche Hammerexperimente auf dem Mars gestützten Diagnose, dass die fehlende Reibung am Schaft das wesentliche Problem darstellte, wurde zunächst mit der Schaufel des Roboterarms seitlich gegen den Schaft des Maulwurfs gedrückt. Dies funktionierte erstaunlich gut. Zum einen gelang es, den Arm so präzise zu steuern, dass die Schaufel genügend Druck ausüben konnte. Zum anderen bestätigte der sofortige Erfolg, dass die Diagnose richtig war. Es war auch diskutiert worden, ob der Maulwurf nicht auf ein festes Hindernis wie einen Stein gestoßen sein könnte. Auf diese Weise konnten wir den Maulwurf so weit absenken, dass er nur noch etwa einen Zentimeter über die Oberfläche hinausragte (siehe »Die Ergebnisse der Hammerschläge«). Damit hatte sich aber auch die Angriffsfläche für den Arm verringert. Nun war zu befürchten, dass bei einem weiteren Versuch der Maulwurf unter die Schaufel geraten und diese das Versorgungskabel des Maulwurfs kappen könnte. Deshalb wurde ausprobiert, ob der Maulwurf nun ohne die Reibung der Schaufel auskommen und allein weiter vordringen würde.
Dieser Versuch führte zu einem überraschenden Ergebnis: Statt weiter in den Boden einzudringen, kehrte der Maulwurf seine Bewegungsrichtung um und ragte fast 20 Zentimeter über die Oberfläche hinaus. Gleichzeitig kippte die Sonde weiter zur Seite, sodass der Neigungswinkel zum Lot danach 27 Grad betrug. Anscheinend hatte die fehlende Reibung die Auf- und Abwärtsbewegung wieder in Gang gesetzt, aber bei jeder Aufwärtsbewegung war Sand unter die Spitze des Maulwurfs geraten und hatte ihn so aus dem Boden gehoben.
Da diese Bewegung endete, als die Spitze eine Tiefe von 20 Zentimetern erreicht hatte, schlossen wir darauf, dass ab dieser Tiefe kein Sand mehr seitlich nachfloss und somit die Unterkante der Durikruste erreicht war (siehe Abb. 4). Durch die Wiederholung der Prozedur mit der Schaufel ließ sich der Maulwurf danach wieder in den Boden treiben. Nun war aber klar, dass die erreichte Tiefe nicht ausreichte. Es stand zu befürchten, dass der Boden so stark gestört war, dass der Maulwurf nicht mehr eindringen konnte.
Versuche im Sandkasten
Nach Laborversuchen ergab sich nun eine noch riskantere Strategie: Statt sich dem Schaft des Maulwurfs seitlich zu nähern, wollten wir versuchen, die Schaufel von oben gegen die Stirnfläche des Maulwurfs zu halten. Viel Druck musste nicht ausgeübt werden, denn es ging ja nur darum, den Rückschlag abzufangen. Allerdings standen nur wenige Quadratmillimeter zur Verfügung. Auf keinen Fall durfte die Schaufel abrutschen, um das Kabel nicht zu gefährden.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Experimente auf fernen Planeten sehr zeitaufwändig sind und sich nicht live verfolgen lassen. Ein Experiment auf dem Mars benötigt Zeit für die Vorbereitung und sorgfältige Planung, zudem eventuell Experimente im Simulationslabor und Modellrechnungen. Außerdem muss die Steuerung des Instruments mit den verfügbaren Zeitfenstern der Relaissatelliten koordiniert werden – nur so lassen sich die Kommandos hoch- und die Daten herunterladen.
Wesentlich war auch, dass die Mission eigentlich ab Frühjahr 2019 – nach dem Aussetzen der Instrumente – weitgehend automatisiert ablaufen sollte. Hätte HP3 die Zieltiefe erreicht, so hätte sie kontinuierlich die Temperatur gemessen und übermittelt. Die Wärmeleitfähigkeit wäre vom Maulwurf in regelmäßigen monatlichen Abständen bestimmt worden. Auch die anderen Instrumente wären ohne große Unterstützung durch ein Kontrollzentrum ausgekommen.
Zwar stellte die NASA wegen der Probleme ein größeres Zeitkontingent zur Verfügung, wegen des begrenzten Budgets der Mission wurde aber die Zeit immer knapper und die Abstände zwischen den Aktivitäten größer. Dazu kamen die Marskonjunktion im Spätsommer 2019, sowie Feiertage, sodass insgesamt nur 29 Hammerexperimente während der zwei Jahre durchgeführt werden konnten. Hinzu kamen etwa 60 weitere zu planende Aktivitäten rund um HP3, wie beispielsweise die Bildaufnahmen, die Manöver der Schaufel und die Wärmeleitfähigkeitsmessungen.
Ende des Jahres 2020 war es uns gelungen, den Maulwurf zirka zwei Zentimeter unter die Oberfläche zu bringen. Eine weitere Unterstützung mit Hilfe der Schaufel war kaum machbar. Inzwischen war auch die nominelle Missionsdauer abgelaufen. Zwar wurde die Mission um ein weiteres Marsjahr verlängert, aber im Erfolgsfall würde diese Zeit auch benötigt, um die Wärmeflussmessung zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu bringen.
Die Komponenten der HP3-Wärmeflusssonde
Die Abbildung zeigt den Penetrator (Maulwurf) und die Kabel sowie die Trägerstruktur, in welcher der Maulwurf auf dem Mars ausgesetzt wurde. Nicht abgebildet sind das Radiometer zur Messung der Strahlungstemperatur der Oberfläche und die Elektronik. Der Maulwurf war anfänglich im Turm der Haltestruktur untergebracht. In der Kabelbox befanden sich das Messkabel mit den Temperatursensoren zur Messung der Bodentemperatur bis in eine Tiefe von fünf Metern und das Datenkabel, das die Messdaten zur Elektronikbox transportierte. Letztere befand sich auf dem Lander. Das Datenkabel versorgte den Maulwurf mit Strom und übertrug die Steuerbefehle.
Im vorderen Teil des Maulwurfs erkennt man die Feder, mit deren Kraft die Sonde in den Boden getrieben wurde, und dahinter den Motor, der die Feder spannte. Weiter dahinter die Feder, die zusammen mit der Motormasse einen Großteil des Rückschlags absorbierte. Hinter der Feder ist der Neigungsmesser zu sehen. Der Eindringfortschritt sollte mit Hilfe von Markierungen auf dem Messkabel, die mit einem optischen Sensor gezählt wurden, und mit Hilfe des Neigungsmessers bestimmt werden. In der Außenhülle des Penetrators sind die beiden TEM-A Folien zur Messung der Wärmeleitfähigkeit integriert. Diese Folien wurden zusammen mit einem Temperatursensor am Motorgehäuse auch zur Messung der Bodentemperatur verwendet.
Daher wurde in den letzten Wochen des Jahres die Grube verfüllt, die Füllung mit der Schaufel verdichtet und ein abschließender Hammerversuch vorbereitet. Dabei wurde mit der Schaufel zusätzlich Druck auf die Oberfläche ausgeübt. Dieser Versuch wurde in der Nacht zum 9. Januar 2021 (Sol 754) durchgeführt und brachte leider nicht den gewünschten Erfolg. Die während des Versuchs aufgenommenen Bilder zeigten zwar deutliche Bewegungen des Kabels, aber keinen messbaren Tiefenfortschritt, woraufhin die Versuche abgebrochen wurden. Bis zum Ende der Mission im Frühjahr 2023 wurden noch sieben Messungen der Wärmeleitfähigkeit und der Bodentemperatur durchgeführt, um den Jahresgang dieser Größen zu bestimmen.
Eigenschaften des Bodens
Leider gelang es mit HP3 nicht, das ursprüngliche Ziel, die erste Wärmeflussmessung auf dem Mars, ja auf einem anderen Planeten, durchzuführen. Die mechanischen und thermischen Eigenschaften des Marsbodens ließen sich jedoch gut bestimmen. Damit hat der Maulwurf als Penetrometer (Eindringsonde) und thermische Sonde einen wichtigen Teil seiner ursprünglichen Aufgaben erfüllt, allerdings nur bis zu einer Tiefe von etwa 40 Zentimetern.
Dabei wurden auch die Ergebnisse der seismischen Untersuchungen berücksichtigt, für die das Hammersignal des Maulwurfs mit dem Seismometer aufgezeichnet und die Laufzeiten der akustischen Signale ausgewertet wurden. Die über die Länge der Sonde gemittelte Bodentemperatur betrug –55,7 Grad Celsius (217,5 Kelvin) und schwankte um 5,3 bis 6,7 Grad während eines Sol und um 13,3 Grad während eines Marsjahres.
Demnach besteht die oberste, ein bis zwei Zentimeter dicke Schicht aus einer Mischung aus Staub und feinem Sand. Darunter erstreckt sich bis zu einer Tiefe von rund 20 Zentimetern die hochporöse Durikruste mit geringer Dichte und Festigkeit, aber vergleichsweise hoher Kohäsion. Unter der Durikruste befindet sich der erwartete, kohäsionslose Sand und darunter eine sandige Geröllschicht, in welcher der Eindringwiderstand deutlich ansteigt.
Die Wärme- und die Temperaturleitfähigkeit des Bodens sind niedrig, um etwa eine Größenordnung kleiner als bei entsprechenden Böden auf der Erde. Die charakteristischen Eindringtiefen betragen 3,3 Zentimeter für die tägliche und 83 Zentimeter für die jährliche Temperaturänderung. Die Wärmeleitfähigkeit ändert sich mit den Jahreszeiten in Abhängigkeit vom Luftdruck um zirka fünf Prozent. Die Werte der Elastizitätsmodule sind niedrig und deuten zusammen mit der Dichte und der Wärmeleitfähigkeit auf eine hohe Porosität des Bodens von rund 60 Prozent hin.
Rückblick
Die Messung des Oberflächenwärmeflusses wurde im Rahmen der InSight-Mission als Experiment mit hohem Risiko eingestuft, dessen Erfolg nicht als missionskritisch angesehen wurde. Das größte Risiko bestand darin, in die erforderliche Tiefe von drei bis fünf Metern einzudringen. Dies war noch nie zuvor versucht worden. Im März 2025 wurde versucht, eine Sonde auf dem Mond mit Hilfe von Heliumgas in den lunaren Regolith zu schießen, was bis in eine Tiefe von einem Meter gelang. Trotz des Scheiterns der Maulwurf-Eindringsonde kann das Experiment HP3 zumindest teilweise als erfolgreich bezeichnet werden. Die Sensorik funktionierte einwandfrei und immerhin ließen sich wichtige mechanische und thermische Daten des Marsbodens messen. Die Frage, ob man auf diese Weise noch einmal versuchen würde, den Wärmefluss eines Planeten zu messen, würde ich bejahen.
Es gibt aber auch Dinge, die man besser machen kann: So ließe sich konstruktiv den Rückschlag beim Hämmern weiter reduzieren. Außerdem sollte man die Haltestruktur stabiler machen und den Maulwurf bis in einige Dezimeter Tiefe konstruktiv führen. Diese Maßnahmen kosten Masse, die man bei InSight letztlich gehabt hätte, aber in der Bauphase nicht freigeben wollte. Weltraumforschung ist zeitaufwändig und teuer, und man hat als Forscher nicht allzu viele Gelegenheiten. Jahre der Vorbereitung und gegebenenfalls der Durchführung sollten sich auszahlen. In der Forschung arbeitet man jedoch über Generationen hinweg. Was heute misslingt, wird morgen umso besser gelingen.
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