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Rotes Meer: Flut fräste 320 Kilometer langen Canyon

Einst war das Rote Meer mit dem Mittelmeer verbunden. Doch dann trocknete es aus, und es kam eine große Flut, die die Landkarte der Region für immer veränderte.
Eine Küstenlandschaft bei Sonnenuntergang. Im Vordergrund ist das Meer zu sehen, während im Hintergrund eine hügelige Landschaft mit mehreren Gebäuden, darunter ein Leuchtturm, in warmen Orangetönen beleuchtet wird. Die Szene vermittelt eine ruhige und friedliche Atmosphäre.
Blick auf das Ufer der schmalen Meeresstraße Bab el-Mandeb zwischen Afrika und Arabien. Bis vor 6,2 Millionen Jahren bestand zwischen beiden Seiten eine Landverbindung.

Eine gigantische Flut füllte einst das Rote Meer und veränderte die Geografie der Region für immer. Zuvor war das Becken zwischen Afrika und Arabien ein Nebenarm des Mittelmeers gewesen. Doch vor rund 6,3 Millionen Jahren trocknete es komplett aus. Dabei blieb es allerdings nicht. Schon kurz darauf durchbrach das Meer eine trennende Vulkankette – aber im Süden, am zuvor abgeschlossenen Ende des Randmeers. Die gewaltige Strömung fräste einen 320 Kilometer langen Canyon aus, der das Rote Meer seither mit dem Indischen Ozean verbindet, während die Verbindung zum Mittelmeer verschwand. Lediglich etwa 100 000 Jahre habe diese totale Umkehrung der Verhältnisse gedauert, schreibt eine Arbeitsgruppe um Tihana Pensa von der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) in Saudi-Arabien in der Fachzeitschrift »Communications Earth & Environment«.

Alles begann mit der Messinischen Salinitätskrise, als vor 7,25 Millionen Jahren der von Süden herandrängende afrikanische Kontinent begann, das Mittelmeer immer stärker vom Atlantik abzuschneiden. Der Meeresspiegel sank nach und nach, und das nur durch eine flache Schwelle mit dem Mittelmeer verbundene Rote Meer wurde schließlich abgetrennt – für immer, wie sich erwies. Weil sich gleichzeitig die Flanken der Senke hoben, strömten keine größeren Flüsse mehr in das Becken, und es trocknete komplett aus. Wind und selten fallender Regen trugen den ursprünglich zerklüfteten Meeresboden ab, verwehter Staub füllte die Senken. Das einstige flache Meer wurde zur erbarmungslosen Wüste.

Im Süden allerdings sank die Landbrücke zwischen Afrika und Arabien nach und nach ab – bis nur noch ein Riegel aus Vulkanen den Indischen Ozean vom sonnengebleichten, staubigen Tiefland trennte. Schließlich durchbrach vor rund 6,2 Millionen Jahren das Meer die Schwelle, flutete die Wüste und grub dabei einen bis zu mehrere hundert Meter tiefen Canyon, der eine 320 Kilometer lange dauerhafte Verbindung zwischen den Meeresbecken schuf. Bis heute ist die Schlucht, durch die das Wasser einst in die Senke strömte, am Meeresboden deutlich zu sehen. Doch das entscheidende Zeugnis des Ereignisses ist eine Grenzschicht tief im Gestein, an der riesige Salzdome brutal gekappt und Senken bis zum Rand aufgefüllt sind. Sie war die Oberfläche jener heißen und trockenen Salzwüste, die sich nach dem Austrocknen bildete und dann überflutet wurde. Das Team um Pensa konnte die Schicht mithilfe von Bohrkernen aus der Suche nach Erdöl und reflektierten Schallwellen tief im Untergrund des gesamten östlichen Roten Meers nachweisen.

Bis heute ist die Meeresstraße, der Bab el-Mandeb, außerordentlich schmal und flach: ein Erbe ihrer Entstehung durch einen bloßen Schwall Wasser. In ferner Zukunft allerdings wird sich das ändern. Denn im Roten Meer ist ein Mittelozeanischer Rücken aktiv, ein Spreizungsbereich, an dem neuer Meeresboden entsteht und die Ufer auseinanderdrückt. Dereinst wird er sich nach Süden fortpflanzen und mit einem ganz ähnlichen Spreizungszentrum im Golf von Aden vereinen. Dann wird das Rote Meer zu einem echten Teil des Indischen Ozeans.

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  • Quellen
Pensa, T. et al., Communications Earth & Environment 2025, 10.1038/s43247–025–02642–1

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