Direkt zum Inhalt

News: Saboteur Pistolenkrebs

Für die Ingenieure sind die Folgen der Kavitation, die Beschädigung von Pumpenschaufeln und Schiffsschrauben durch implodierende Gasblasen, noch immer eine Herausforderung. Pistolenkrebse haben sich das Prinzip längst zu Eigen gemacht und schocken damit ihre Opfer. Zum Leidwesen der Kriegsmarine, denn die Knallerei erschwert das Aufspüren feindlicher U-Boote.
Dass die Erforschung der Pistolenkrebse Alpheus heterochaelis ihren Ursprung im zweiten Weltkrieg hat, liegt nicht etwa daran, dass die Militärs nach einer neuen Geheimwaffe suchten. Nein, diese massenhaft auftretenden Meeresbewohner narrten die Sonar-Geräte der U-Boote. Sie waren – und sind es bis heute – die Hauptverursacher des akustischen Hintergrundrauschens, welches das Aufspüren feindlicher Schiffe erschwert.

Die rund fünf Zentimeter großen Pistolenkrebse verfügen über eine überdimensionierte Schere, die fast halb so groß ist wie das Tier selber. Mithilfe dieser Schere erzeugen sie einen Knall, mit dem sie auf Beutefang gehen, ihr Revier abgrenzen und mit den Artgenossen kommunizieren. Doch dass dieser Knall nicht etwa durch das bloße Zusammenschnappen der Schere erzeugt wird, sondern durch Kavitation, das haben erst die Bilder einer Hochgeschwindigkeitskamera gezeigt (Science vom 22. September 2000).

Wenn sich ein Objekt sehr schnell durch eine Flüssigkeit bewegt, ensteht darin ein Unterdruck. Insbesondere bei Vortrieb erzeugenden Körpern können sich infolgedessen Gasblasen bilden, die anschließend schlagartig implodieren. Dabei wird Energie freigesetzt, die des einen Freud und des anderen Leid ist. Das Phänomen der Kavitation wird nämlich einerseits gezielt zur Reinigung von Oberflächen genutzt, andererseits fügt es Schiffsschrauben und Turbinenschaufeln großen Schaden zu.

Und wie nutzt der Pistolenkrebs dieses Prinzip? Um das herauszufinden, fixierten Detlef Lohse vom Chair of Fluid Dynamics and Heat Transfer der University of Twente und Barbara Schmitz vom Institut für Zoologie der Technischen Universität München in einem Aquarium sieben dieser Krebse vor einer Ultra-Hochgeschwindigkeits-Kamera.

Beim blitzschnellen Schließen der großen Schere schlägt zunächst ein zahnartiger Fortsatz in eine kleine Nische. Die Folge ist ein gezielter kräftiger Wasserstrahl mit einer Reichweite von einigen Millimetern. Der Knall wird aber erst erzeugt, nachdem sich die Schere bereits geschlossen hat. Das ist auf den mit 40 000 Bildern pro Sekunde belichteten Filmen deutlich zu sehen. Während sich die Schere in weniger als einer Millisekunde schließt, bilden sich durch den Unterdruck jene Blasen, die mit dem Wasserstrahl herausgeschossen werden. Erst jetzt registrieren die Hydrophone den Knall als Folge der Implosion dieser Gasblasen. Die dabei entstehende Schockwelle hilft dem Krebs beim Beutefang. Würmer, Krabben oder kleine Fische haben keine Chance.

Schon haben die Forscher das Phänomen mit mathematischen Methoden beschrieben. Dabei simulierten sie die Bildung und Implosion der Blasen auf der Basis von Gleichungen – und kamen zu Ergebnissen, die mit den Experimenten im Aquarium in Einklang standen. Eine Geschichte, die auch die Militärforscher auf den Plan rufen könnte.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.