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News: Sanfter Druck auf dünne Schichten

Forscher stellen heutzutage routinemäßig nanometergroße Strukturen in allen erdenklichen Formen her. Doch deren Eigenschaften zu charakterisieren ist weiterhin eine große Herausforderung. So ist es beispielsweise gar nicht einfach, die Verformbarkeit hauchdünner Materialschichten zu bestimmen, ohne sie dabei zu zerstören. Indem Wissenschaftler nun einen kugelförmigen Diamanten anstelle einer spitzen Kante in das Material drückten, gelang ihnen jedoch das Kunststück.
Ultradünne Schichten mit Dicken von einigen zehn bis hundert Nanometern gewinnen in der Technik zusehends an Bedeutung: Sie sorgen als Isolatoren in Computerchips dafür, dass künftige Prozessoren noch kleiner und leistungsfähiger werden, sie machen Werkzeuge haltbarer oder vergüten Fotoobjektive. Die mechanischen Eigenschaften dieser Schichten, die wesentlich die Qualität der Bauteile bestimmen, ließen sich indes bisher nur schwer feststellen. Die Messmethoden waren einfach nicht empfindlich genug. Deshalb war es bislang auch nicht möglich, Schichtsysteme mit ganz speziellen mechanischen Eigenschaften optimiert für den jeweiligen Anwendungsfall herzustellen.

Den Wissenschaftlern Thomas Chudoba und Norbert Schwarzer von der Technischen Universität Chemnitz ist es nun erstmals gelungen, mit einem neuartigen Messverfahren den so genannten Elastizitätsmodul an Schichten mit Dicken bis unter zehn Nanometern zu messen. Dabei beschreibt der Elastizitätsmodul das Verhältnis von Spannung zu Dehnung eines Körpers oder anders ausgedrückt: Er gibt Aufschluss darüber, wie sich ein Körper unter Krafteinwirkung verformt. Doch wie lässt sich dergleichen im Mikrokosmos messen?

Chudoba erklärt das Verfahren, wie folgt: "Ein kugelförmiger Eindruckkörper aus einem winzig kleinen Diamanten mit einem Radius von einigen Tausend Nanometern dringt elastisch in die Oberfläche ein. Sowohl die Kraft als auch die Deformation kann so mit hoher Genauigkeit gemessen werden". Die Verformung ist dabei von der aufgewandten Kraft abhängig. Letztere beträgt teilweise weniger als ein Tausendstel Newton, sodass der Diamant nur wenige hundert Nanometer in die Oberflächenschicht eindringt.

Bisher verwendeten Wissenschaftler bei dieser so genannten Indenter-Methode vorrangig pyramidenförmige Spitzen. Genaue Elastizitätsmodul-Messungen an Schichten mit Dicken unterhalb von 200 Nanometern sind damit jedoch nicht möglich gewesen, da sich der negative Einfluss des Substrates auf das Ergebnis nicht eliminieren ließ. Das ist jedoch bei der neuen Untersuchungsmethode mit den kugelförmigen Spitzen anders: Vor wenigen Wochen konnte Chudoba sogar den Elastizitätsmodul einer nur 4,3 Nanometer dünnen diamantähnlichen Kohlenstoffschicht bestimmen – und damit gleichzeitig einen neuen Weltrekord für Messungen an derart dünnen Schichten aufstellen.

Dabei verglichen die Forscher ihre Messergebnisse mit denen der einzigen alternativen Methode: einem Verfahren, bei dem man sich Ultraschall-Oberflächenwellen zur Messung bedient. "Die Werte stimmen im Rahmen der Fehlergrenzen beider Methoden hervorragend überein. Das ist insofern von Bedeutung, als es bisher keinen Standard für solch dünne Schichten gibt und keine Aussage darüber möglich war, welche Methode richtige Ergebnisse liefert", freut sich Chudoba. So lässt sich mit der Indenter-Methode neben dem Elastizitätsmodul beispielsweise auch die Fließgrenze ermitteln. Dabei handelt es sich, um die charakteristische Spannung, bei der gerade der Übergang von rein elastischer zu plastischer Deformation erfolgt. Dadurch eröffnen sich noch weitere Perspektiven für die Messung mechanischer Eigenschaften ultradünner Schichten.

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