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News: SARS - ein Blick zurück

Fünf Monate lang hielt ein Virus die Welt in Atem. Jetzt scheint die Übertragung unterbrochen und die Krankheit eingedämmt. Doch liegt noch vieles um den Erreger im Dunkeln, und ein erneutes Aufflammen ist jederzeit möglich.
Coronavirus
"Wir verkünden heute nicht das Ende von SARS, aber wir beobachten einen Meilenstein: Der globale SARS-Ausbruch konnte eingedämmt werden." Mit diesem hoffnungsvollen Satz verknüpfte Gro Harlem Brundtland, Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), am Samstag die Nachricht, dass nun auch Taiwan, die letzte Region mit Neuinfektionen von SARS, von der Liste gestrichen werden konnte. Seit zwanzig Tagen gab es hier keine neuen Fälle der Lungenkrankheit mehr – die lokalen Ansteckungswege waren durch ärztliche Maßnahmen erfolgreich unterbrochen worden. Aufatmen nach fünf Monaten fieberhafter Arbeit.

Begonnen hatte alles in der chinesischen Provinz Guangdong. Mitte November 2002 traten hier erste Fälle einer untypischen Form von Lungenentzündung auf. Woher das Virus stammte, das später als Angehöriger der Coronaviridae identifiziert wurde, ist bis heute ungeklärt. Seinen Weg um die Welt begann der Erreger erst Ende Februar 2003, als ein infizierter Arzt das Zimmer 911 des Metropole Hotel in Hongkong bezog – und dort mindestens 14 weitere Gäste und Besucher ansteckte, die das Virus mit nach Toronto, Vietnam und Singapur schleppten beziehungsweise weiter in Hongkong verteilten. Erst kürzlich wurden zwei Patienten auf den Philippinen behandelt, die ebenfalls im Hotel waren – warum sie das Virus nicht weiter verbreitet haben, ist nur eines der vielen Rätsel.

Zu diesem Zeitpunkt war niemanden klar, welche Gefahr von dem Erreger ausging – und so steckte sich vor allem das Pflegepersonal an, beim Versuch, das Leben der Patienten zu retten. Insgesamt handelte es sich bei nahezu jedem fünften Fall um einen Krankenhausangestellten, und in Singapur beispielsweise gingen 103 der insgesamt 206 Fälle letztendlich auf fünf Patienten zurück. Besucher der Kranken verschleppten das Virus schließlich in die Gesellschaft.

Am 12. März sprach die WHO eine erste weltweite Warnung aus. Mithilfe zahlreicher Maßnahmen, wie der Isolierung der Kranken, speziellen Hygienevorschriften, vorsorglichen Untersuchungen an Flughäfen und dem Schließen von Schulen, versuchten die betroffenen Länder, dem Virus und der Lungenerkrankung Herr zu werden. Doch dem Virus gelang es, insgesamt in 30 Ländern und Regionen 8439 Menschen zu infizieren, von denen 812 die Erkrankung nicht überlebten. 200 Patienten liegen noch immer in Kliniken.

Und die Sorge ist – trotz der nun verkündeten Eindämmung – nicht vorbei. Denn das Reservoir des Virus ist weiterhin unbekannt. Es ist also durchaus möglich, dass es, dem Ebola-Virus gleich, irgendwann wieder auftritt und eine neue Epidemie auslöst. Vielleicht verhält es sich auch wie andere Coronaviren, die zur herbstlichen Husten-und-Schnupfen-Zeit aktiv werden, sich dann aber im Frühjahr und Sommer ruhig verhalten.

So lange es keine verlässlichen Schnelltests gibt, die eine sichere Diagnose ermöglichen, bleibt den Ärzten nur, potenzielle SARS-Fälle vorsichtshalber zu isolieren. Da die Symptome kaum von normalen Erkältungsfällen zu unterscheiden sind, ein kaum durchführbares Unterfangen.

Die Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation und der beteiligten Institute werden daher nun nicht die Hände in den Schoß legen, sondern fieberhaft weiter arbeiten, um beim nächsten Mal besser vorbereitet auf einen Ausbruch des Virus reagieren zu können. "SARS erteilt uns viele Lektionen", sagte Gro Harlem Brundtland. "Wir müssen diese Lektionen nun in Aktion umsetzen. Wir haben vielleicht nur wenig Zeit, und die müssen wir weise nutzen."

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