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Sonnensystem: Geflutete Fjorde auf Saturnmond Titan

Die Raumsonde Cassini spürte im hohen Norden des Saturnmonds Titan tiefe Täler auf, die mit flüssigem Methan gefüllt sind. Sie erinnern sehr an irdische Cañons oder Fjorde und befinden sich an der Küste des zweitgrößten Methansees auf Titan, dem Ligeia Mare.
Lichtreflektion auf Flüssigkeit an der Titanoberfläche

In den rund zwölf Jahren, seit die Raumsonde Cassini das Reich des Ringplaneten Saturn und seiner vielen Monde erkundet, erregten die Radaraufnahmen des größten Trabanten Titan große Aufmerksamkeit bei den Wissenschaftlern und der interessierten Öffentlichkeit. Sie enthüllten eine überraschend erdähnliche Oberfläche mit großen Meeren und Seen aus flüssigem Methan, die sich im sichtbaren Licht unter einer undurchdringlichen Dunstschicht versteckt. Forscher um Valerio Poggiali von der Universität Sapienza in Rom stießen nun im Umfeld des zweitgrößten Methanmeers auf Titan, des Ligeia Mare, auf tief eingeschnittene, enge Täler, die teilweise mit flüssigem Methan gefüllt sind. Sie erinnern damit an irdische Fjorde, also von Gletschern und Flüssen ausgehobene Täler, die vom steigenden Meeresspiegel nach dem Ende der Eiszeit geflutet wurden.

Radaraufnahme von Ligeia Mare auf Titan | Mit dem Radarsystem auf der Raumsonde Cassini wurden diese Ansichten des Ligeia Mare im hohen Norden des Saturnmonds Titan aufgenommen. Es zeigt den zweitgrößten Methansee auf Titan mit einer Fläche von rund 130 000 Quadratkilometern. Das entspricht etwa dem Anderthalbfachen der Oberfläche des Lake Superior in Nordamerika. Deutlich lässt sich das zerklüftete Ufer dieses "Gewässers" erkennen, das sehr an irdische Küstenregionen erinnert. In das Ligeia Mare mündet eine Vielzahl von Tälern, die teilweise mit flüssigem Methan geflutet sind. Die Ufer bestehen aus hart gefrorenem Wassereis, das bei einer mittleren Oberflächentemperatur von rund –190 Grad Celsius so fest wie irdisches Silikatgestein ist. Die Teilbilder am linken Bildrand geben Ansichten eines Ausschnitts zu vier unterschiedlichen Zeitpunkten wieder. Die Abweichungen von einem Bild zum nächsten an der obersten Halbinsel gehen auf unterschiedliche Höhenstände des Methanspiegels von Ligeia Mare zurück.

Die Täler waren schon früh zu Beginn der Radarbeobachtungen von Titan aufgefallen und erschienen auf den Bildern so dunkel wie die Oberflächen der Methanmeere. Bislang war aber nicht klar, ob sie mit Flüssigkeit gefüllt sind oder ob es sich um Ablagerungen von methangesättigten Sedimenten handelt, die auf dem Saturnmond weit verbreitet sind. Die Oberflächen der flüssigen Methanansammlungen sind vergleichsweise glatt, reflektieren die Radarwellen von Cassini somit relativ schlecht und erscheinen daher dunkel. Sie können aber regelrecht aufblitzen, wenn die Radarwellen zufällig im Winkel der Totalreflexion einfallen, wie es bei manchen Beobachtungen der Fall war.

Die Forscher untersuchten eine Region an der Küste des Ligeia Mare mit dem Namen Vid Flumina. Dort stießen sie auf Täler, die bis zu 800 Meter breit und zwischen 240 und 570 Meter tief waren. Mit dem auf Höhenmessung (Altimetrie) eingestellten Radarsystem konnten Poggiali und seine Koautoren feststellen, dass die Höhenlagen der dunklen Talböden auf rund 70 Zentimeter genau mit dem Methanspiegel im Ligeia Mare übereinstimmen. Zusammen mit dem gleichen Reflexionsverhalten im Vergleich zum Ligeia Mare ergibt sich daraus, dass diese Täler zumindest teilweise mit flüssigem Methan gefüllt sind.

Unklar ist jedoch, wie diese Täler einstmals entstanden sind. Auf jeden Fall muss daran flüssiges Methan beteiligt gewesen sein, das bei Regen in großen Mengen auf die Oberfläche fällt und dabei große Fluten auslöst. Möglicherweise wurden ausgedehnte Regionen der Saturnmondkruste durch Kräfte aus dem Inneren des Himmelskörpers um mehrere hundert Meter oder gar ein bis zwei Kilometer angehoben. Dann läuft der Methanregen rasch in tiefer liegende Gebiete ab und gräbt dabei die Täler. Auch Schwankungen beim Füllungsgrad der Methanmeere – der Saturnmond ist ausgeprägten Jahreszeiten unterworfen – könnten für die Entstehung der Täler verantwortlich sein. Liegt der Methanspiegel niedrig, so muss das Methan aus den Regenfällen größere Höhenunterschiede zurücklegen und kann dann tiefe Täler ausheben. Steht der Spiegel dagegen hoch, so flutet das Methan die Täler.

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