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News: Saubere Linien

Sie sind heiß begehrt und reisen um die ganze Welt: Zelllinien. Ihre Unsterblichkeit macht sie zu einem universellen Arbeitstier für Zellbiologen und Krebsforscher. Doch leider sind sie nicht immer ganz rein, sondern können durch fremde Zellen kontaminiert sein. Eine Forschergruppe schlägt daher vor, den genetischen Fingerabdruck der Standard-Zelllinien zu erfassen, sodass jeder Wissenschaftler, der mit einer bestimmten Zelllinie arbeitet, dessen Reinheit überprüfen kann.
Am 4. Oktober 1951 starb in Baltimore Henrietta Lacks. Die 31-jährige Amerikanerin war ihrer Krebskrankheit erlegen – ein trauriges, jedoch nicht ungewöhnliches Schicksal. Henrietta Lacks wäre heute sicherlich längst vergessen, wenn nicht acht Monate vor ihrem Tod George und Margaret Gey von der Johns Hopkins University ein paar Krebszellen aus ihrem Gebärmutterhals entnommen hätten. Die beiden Ärzte, die jahrelang versucht hatten, menschliche Zellen außerhalb des Körpers zu züchten, setzten die Tumorzellen ihrer Patientin in eine Nährlösung. Sofort teilten sich die Zellen wie wild und wachsen seit dem immer weiter. Als HeLa-Zellen traten sie ihren Siegeszug durch die Laboratorien der Welt an. Ein Teil von Henrietta Lacks ist damit – nach ihrem Tod – unsterblich geworden.

Inzwischen existieren viele humane Zelllinien, welche die Labors untereinander austauschen. Für zuverlässige Forschungsergebnisse müssen diese jedoch hochgradig rein sein, was leider nicht immer der Fall ist. "Bis zu 36 Prozent der Zelllinien stammen aus anderen Quellen oder Arten als angenommen", behauptet John Masters vom University College London. Zusammen mit Wissenschaftlern aus Großbritannien, Japan, Deutschland und den USA suchte er nach einem einfachen und preiswerten Test, um die Reinheit der Zelllinien zu überprüfen.

Fündig wurde die Forschergruppe bei den Gerichtsmedizinern. Mit dem so genannten genetischen Fingerabdruck ermitteln diese bei Vaterschaftsfragen und überführen den einen oder anderen Mörder. Zunutze machen sie sich dabei die so genannte Satelliten-DNA – kurze Genomsequenzen, die sich tandemartig wiederholen und sich von Individuum zu Individuum voneinander unterscheiden.

Masters und seine Kollegen nahmen sich nun 253 humane Zelllinien vor, wovon einige bekanntermaßen mit fremden Zellen kontaminiert waren, und vermehrten mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion die sich wiederholenden STR-Sequenzen (short tandem repeat). "Diese Technik ist kommerziell erhältlich und in der Forensik weit verbreitet", erklärt Paul Debenham von der britischen Gentechnikfirma LGC. Der STR-Test sei leicht und schnell durchführbar, und die Kosten für einen einzelnen Test lägen unter 500 Mark.

Die Technik funktionierte. Mit ihr konnten die Wissenschaftler die kontaminierten Zelllinien aufspüren. Jetzt verlangen sie Konsequenzen: Die STR-Technik sollte als internationaler Referenzstandard für alle in den Labors verbreiteten Zelllinien verwendet werden. Die Forderungen gehen noch weiter: "Diese Analyse könnte eine Voraussetzung für Publikationen werden, sodass in Zukunft das Problem der Kreuzkontamination von Zelllinien auf ein Minimum reduziert werden kann."

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