Milchsäurebakterien werden schon von alters her genutzt, um verschiedene Milchprodukte, Sauerkraut oder auch Sauerteig für Brote herzustellen. In einem Sauerteig, der zur Produktion eines kommerziellen Backmittels dient, wurden die Forscher auf den Stamm
Lactobacillus reuteri aufmerksam.
Lactobacillus reuteri ist außerdem ein Mitglied der natürlichen Darmflora von Mensch und Tier. In Zellextrakt und Kulturüberstand dieses Bakteriums fanden Mikrobiologen der
Universität Hohenheim einen Hemmstoff, dessen Struktur von Günther Jung und seinen Mitarbeitern an der
Universität Tübingen aufgeklärt wurde. Passend zum Namen des Lieferanten wurde das bisher unbekannte Antibiotikum Reutericyclin getauft. Im Sauerteig vermag
Lactobacillus reuteri mit Hilfe dieses Wirkstoffes eine ganze Reihe unerwünschter Bakterienstämme in ihrem Wachstum zu hemmen oder gar abzutöten. Von seiner Struktur her zählt Reutericyclin zur Gruppe der Tetramsäuren. Aus der Natur sind bereits zahlreiche Tetramsäuren mit einem breiten Spektrum biologischer Wirkungen bekannt.
Um die schützende Wirkung antibiotischer Substanzen aus Laktobazillen gegen Infektionen mit Salmonellen und mit Helicobacter – das seit einiger Zeit als Verursacher von Magengeschwüren entlarvt ist – weiß man inzwischen. Jedoch wurde bisher keiner dieser Wirkstoffe chemisch charakterisiert.
"Die Entdeckung von Reutericyclin liefert völlig neue Diskussionsansätze zur Anwendung von Milchsäurebakterien zur Lebensmittelkonservierung und zur gezielten Beeinflussung der menschlichen Darmflora," ist Jung überzeugt. Größere Mengen dieses interessanten Wirkstoffes werden derzeit von der EMC microcollections GmbH in Tübingen hergestellt.
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