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Umwelt: Schadstofftransport in die Arktis durch Seevögel

Eissturmvogel
Fische und andere Meerestiere fressende Seevögel tragen – zumindest regional – mehr organische Schadstoffe und Schwermetalle in die arktische Umwelt ein als Niederschläge oder der Wind.

Diesen etwas überraschenden Schluss ziehen Toxikologen um Jules Balis von der Universität von Ottawa aus einer Umweltstudie, die sie am arktischen Cape Vera auf der Insel Devon im Norden Kanadas durchführten. Sie verglichen dort die in elf Süßwasserseen und deren Sedimenten abgelagerten Konzentrationen von Quecksilber, DDT, HCB (Hexachlorbenzol) und anderer chlororganischer Verbindungen. Acht der Gewässer befanden sich dabei zu Füßen großer Brutkolonien von Eissturmvögeln (Fulmarus glacialis) – allerdings mit einem Gradienten abnehmender Beeinflussung –, die restlichen drei lagen gänzlich außerhalb des direkten Brutumfeldes der Vögel.

Arktis | Schadstoffe wie Schwermetalle oder Bestandteile der Chlorchemie wie DDT gelangen durch Wind- und Meeresströmungen vor allem in die Gewässer der Arktis, wo sie sich in der Nahrungskette stark anreichern, da sie – ohnehin schwer abbaubar – unter den dort herrschenden Klimabedingungen noch langsamer umgesetzt werden. Bislang kaum beachtet wurde allerdings der Eintrag durch Seevögel, die zumindest lokal mit ihrem Kot hohe Konzentrationen an DDT, HCB oder Quecksilber ausscheiden.
Je näher die Seen an die Brutfelsen heranreichten, desto höher waren ihre Schadstoffgehalte: Innerhalb des Gradienten nahm das HCB um das 10-, das Quecksilber um das 25- und DDT und seine Abbauprodukte sogar um das 60-fache in den untersuchten Proben zu. Diese Veränderungen der Konzentrationen standen zudem in enger Verbindung mit der Menge jeweils vorhandener 15N-Isotope, die im Vergleich zu anderen Stickstoffquellen vermehrt im Guano von Seevögeln angereichert werden und damit im Umfeld der Brutkolonien verstärkt vorkommen. Und schließlich erreichten die Werte des extrem langlebigen DDT-Metaboliten DDE, das beim tierischen Stoffwechsel entsteht, sowohl im direkt untersuchten Kot als auch in den Sedimenten das gleiche Ausmaß.

Folglich müssen die Umweltgifte über die Ausscheidungsprodukte der Eissturmvögel in die Gewässer eingetragen werden – andere Herkunftsmöglichkeiten scheiden nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler aus. Über die von den Tieren gefressenen Tintenfische, Fische und das ebenfalls aufgenommene Zooplankton gelangen damit die in der Industrie, im Verkehr und der Landwirtschaft frei gesetzten Schadstoffe wieder auf das Festland zurück. Ohnehin weisen Menschen und Tiere in der Arktis erhöhte Schwermetall- und Chlorchemikalien-Konzentrationen in ihrem Blut und Fettgewebe auf als Bewohner südlicherer Breiten, da Luft- und Meeresströmungen diese Produkte in Richtung Arktis transportieren und sie sich dort in der Nahrungskette leicht anreichern.

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