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Evolution: Schädelform der Ur-Kinder

Die Gehirne von neugeborenen Neandertalern hatten wohl in etwa dieselbe Größe und auch eine sehr ähnliche Form wie die von Sprösslingen des modernen Menschen. Im Erwachsenenalter dagegen wich das Aussehen beider bekanntlich stark voneinander ab: Die Schädel des Homo neanderthalensis waren flacher und länglicher als bei Homo sapiens. Eine deutsche Forschergruppe fand jetzt Hinweise darauf, dass sich dieser Unterschied bereits im ersten Lebensjahr ausbildete.

Philipp Gunz vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und seine Kollegen erstellten per Computer virtuelle Innenabdrücke (so genannte "Endocasts") von Schädeln von insgesamt elf Neandertalern – darunter auch die fossilen Knochen eines Neugeborenen und mehrerer Kinder. Die Abdrücke brachten sie dann in eine Reihenfolge von jung nach alt und analysierten Veränderungen der Form. Ergebnis: Verglichen mit den heutigen Menschen entwickelt sich das Neandertaler-Denkorgan vor allem im ersten Lebensjahr anders. In dieser Zeit bekommt das menschliche Hirn seine vergleichsweise runde Form, das Oberstübchen der Neandertaler blieb hingegen weiterhin länglich.

Aus der Forschung zu Hirnentwicklungsstörungen weiß man: Je früher der neuronale Konstruktionsplan zwischen Individuen abweicht, desto gravierender die Folgen für die kognitiven Fähigkeiten. Gunz und seine Kollegen halten es daher für wahrscheinlich, dass Homo sapiens dem Homo neanderthalensis durchaus intellektuell überlegen war. Womöglich war dies mit ein Grund dafür, dass letzterer ausstarb, so die Forscher. (cb)

Current Biology, 20(21): S.R921-R922, 2010.

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