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News: Schalter des Bösen

Besonders bösartig wird eine Krebserkrankung dann, wenn sich einzelne Tumorzellen im Körper verteilen und Tochtergeschwulste bilden. Durch das Abschalten eines Gens konnten Forscher die gefährliche Verbreitung der Zellen verhindern.
Makrophage
Die Diagnose "Krebs" schockiert. Die Heilungschancen sind heutzutage jedoch gar nicht so schlecht – vorausgesetzt, die Erkrankung wird frühzeitig erkannt, denn dann kann der Tumor in vielen Fällen gut entfernt werden. Doch sehr häufig wird die Krankheit erst diagnostiziert, wenn sie sich bereits im ganzen Körper verbreitet hat.

Denn aus dem Tumor können einzelne Zellen ausbrechen: Sie lösen die Membran auf, welche die Geschwulst vom umgebenden Gewebe abtrennt, und verbreiten sich dann über die Lymphbahnen oder den Blutstrom im Körper und können sich in den Organen festsetzen. Selbst das kann noch unproblematisch sein, falls die Zellen nicht anfangen, sich zu teilen; das Immunsystem kann sie dann noch erkennen und vernichten. Beginnen sie jedoch, sich zu vermehren, können sie zu großen Tochtergeschwulsten, den Metastasen, heranwachsen. Und genau die verringern die Chancen des Patienten auf Heilung enorm.

Doch was treibt eine metastasierende Krebszelle überhaupt dazu, auf Reisen zu gehen? Manchmal liegt es daran, dass Gene defekt sind, welche die Ausbreitung verhindern sollen. Oder es sind andere Gene, so genannte Onkogene, aktiv und treiben die Auswanderung der Tumorzellen voran. Eines davon, das Cyclin-D1-Gen, nahmen Richard Pestell und seine Mitarbeiter vom Albert Einstein College of Medicine der Yeshiva University genauer unter die Lupe.

Dieses Gen entscheidet, ob sich eine Zelle teilt und weiter entwickelt, oder ob sie im Status quo verharrt: Ist es angeschaltet, teilt sich die Zelle, ist es ausgeknipst, bleibt sie, wie sie ist. Gerät die Steuerung der Zellteilung außer Kontrolle, vermehren sich die Zellen unentwegt, und es entsteht ein Tumor. Dieser ist besonders aggressiv, wenn er vermehrt bestimmte Immunzellen, die Makrophagen, enthält; fehlen sie dagegen, bildet die Geschwulst weniger Metastasen. Da bei metatstasierendem Krebs mit schlechten Aussichten auf Heilung zudem das Gen Cyclin D1 besonders aktiv ist, untersuchten Pestell und seine Kollegen, ob dieses Gen die Beweglichkeit der Makrophagen lenkt und somit auch für die Aggressivität eines Tumors mit verantwortlich ist.

Dazu verglichen sie diese Immunzellen von Mäusen, denen das Cyclin-D1-Gen fehlte, mit denen von Tieren mit normaler Genausstattung. Die Makrophagen unterschieden sich tatsächlich. Die mit dem Mangel behafteten Zellen sahen schon ganz anders aus: Sie waren flacher und zeigten nicht die übliche Polarisierung. Zudem hatten sie einiges von ihrer Beweglichkeit eingebüßt und hafteten besser am Untergrund. Die Forscher nehmen an, dass diese gebremsten Zellen auch schlechter durch das Gewebe auswandern können.

Die Forscher sehen durch diese Beobachtungen ihre Vermutung bestätigt, dass Cyclin D1 an der Metastasierung bösartiger Tumoren wesentlich beteiligt ist. Pestell, der inzwischen am Lombardi Cancer Center der Georgetown Univerisity arbeitet, hofft, dass sich aus dieser Erkenntnis Medikamente entwickeln lassen, die spezifisch gegen die Zellwanderung gerichtet sind. Da Krebszellen wandern, nicht aber die Zellen, die Blutgefäße auskleiden und Organe umhüllen, wäre eine solche Therapie weniger schädlich und hätte weniger unerwünschte Nebenwirkungen als die herkömmliche Chemotherapie, die alle Zellen angreift, die sich teilen – und davon gibt es viele.

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