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News: Scharfer Ionen-Reigen

Für Physiker ist es ein Leichtes, in einem Elementarteilchen-Beschleuniger einen Strahl aus Ionen zu erzeugen. Allerdings heizt sich dieser durch Stöße zwischen den gelandenen Teilchen auf, wodurch er sich verbreitert - ein oftmals unerwünschter Effekt. Deutsche Forscher konnten nun an einem vergleichsweise kleinen Beschleuniger demonstrieren, wie das leidige Phänomen mittels Laserkühlung zu unterdrücken ist.
Die runden und ovalen Teilchenbeschleuniger gehören zu den imposanten Versuchsapparaturen der Physik. Füllen sie doch mit ihren Röhren, Ablenkeinheiten und Experimentierkammern ganze Hallen. In ihnen werden geladene Teilchen – Elektronen, Protonen oder Ionen – auf hohe Geschwindigkeiten gebracht und schließlich beispielsweise für Kollisionsexperimente genutzt.

Dabei ist wichtig, dass die Teilchen in einem möglichst scharfen, hochdichten Strahl kreisen und sich ihre Geschwindigkeiten nicht zu sehr unterscheiden. Bei hochenergetischen Ionenstrahlen ist das jedoch nicht leicht zu bewerkstelligen, denn gerade hier sorgen Kollisionen zwischen den Ionen dafür, dass sich der Strahl aufheizt und verbreitert.

Eine Lösung des Problems wurde schon in den 80er Jahren diskutiert, konnte bislang aber nicht in die Beschleunigertechnik integriert werden: Kühlt man den Ionenstrahl stark genug ab, dann übertrifft die Coulomb-Abstoßung der gleich geladenen Ionen ihre thermische Energie, und die Ionen besetzen wie in einem Kristall feste Plätze. In stationären Ionenfallen ist dergleichen durchaus schon gelungen, nicht jedoch in einem Teilchenbeschleuniger.

Im kleinen Maßstab konnten nun Tobias Schätz, Ulrich Schramm und Dietrich Habs von der Ludwig-Maximilians-Universität München das Prinzip experimentell umsetzen. Ihr Speicherring PALLAS (Paul laser cooling acceleration system) lässt Magnesium-Ionen auf einer 36 Zentimeter langen Umlaufbahn kreisen. Dabei beschränkt das elektrische Feld so genannter Quadrupol-Elektroden den Ionenstrahl in radialer Richtung. Mit 16 Driftröhren entlang der Kreisbahn lässt sich die Länge des Strahls regulieren.

Zwei Laser dienen dazu, den Strahl zu beschleunigen und zu kühlen, wobei ein Lichtstrahl in Richtung des Ionenstroms weist und der andere ihm entgegen gerichtet ist. Was versetzt nun die Ionen in Bewegung? Dazu muss man wissen, dass die Magnesium-Ionen Photonen einer bestimmten Energie absorbieren und dabei den Impuls des Lichtquants übernehmen. Der Lichtdruck der Photonen treibt also die Ionen an. Doch wenn sie sich bewegen, dann sehen sie den antreibenden Lichtstrahl aufgrund des Dopplereffekts zu roten Wellenlängen hin verschoben. Deshalb muss die Frequenz dieses Lasers nachreguliert, die Wellenlänge also entsprechend verkleinert werden, um den Dopplereffekt zu kompensieren.

Auf diese Weise lässt sich die Geschwindigkeit des Ionenstrahls sukzessive durch Erhöhen der Frequenz des antreibenden Lasers vergrößern. Der zweite Laser dient dazu, die Temperatur des Strahls niedrig zu halten. Er strahlt gegen den Strom und ist mit einer festen Frequenz so eingestellt, dass zu schnelle Ionen ein wenig abgebremst werden – er gibt also die Maximalgeschwindigkeit vor. So kühlt er die Ionen auch ab, da er ihre Geschwindigkeitsverteilung klein hält. Dadurch gelang es den Wissenschaftlern, einen Ionenstrahl zu erzeugen, der mit einer gut definierten Geschwindigkeit von 2800 Metern pro Sekunde im Beschleuniger kreiste.

Während des Experiments konnten die Physiker die Strahlbreite direkt beobachten. Dazu maß ein Detektor das Fluoreszenzlicht, das die angeregten Ionen abstrahlten. So stellten die Forscher fest, dass mit Erreichen der Zielgeschwindigkeit die Intensität des detektierten Lichts auf ein Maximum anstieg. Gleichzeitig nahm die Dicke des Ionenstrahls abrupt ab, und auch die Verteilung der Teilchen-Geschwindigkeiten fiel deutlich schmaler aus. All das sind charakteristische Zeichen eines Phasenübergangs. Und so zeigen auch Aufnahmen eines unbewegten Ionenstrahls eine Struktur, bei der sich leuchtende Punkte aneinander reihen wie auf einer Perlenkette.

Dieser kristalline Zustand war sogar erstaunlich stabil, denn nachdem die Forscher die Laserkühlung abstellten, überlebte der Strahl noch rund 3000 Umdrehungen. Neben dieser ringartigen, eindimensionalen Kristallstruktur konnten die Forscher auch zwei- und dreidimensionale Gitter erzeugen. Im zweidimensionalen Fall ordneten sich die Ionen in einem Zickzackmuster an, während sich im dreidimensionalen eine Art Helix-Struktur bildete, bei der sich die Ionen spiralförmig um einen Kern wanden. Nun hoffen die Wissenschaftler, dass sich das Prinzip auch auf größere Beschleuniger übertragen lässt, wodurch eine ganze Reihe neuer Experimente möglich wäre.

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