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Ichthyologie: Scheu vor Angelködern erblich

Ob ein Fisch eher beißfreudig ist oder stattdessen den Angelköder verschmäht, vererbt sich offenbar von Generation zu Generation. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher um den Ökologen David Philipp von der University of Illinois in Urbana-Champaign nach einer insgesamt über 30 Jahre dauernden Studie am Forellenbarsch. Fortgesetztes Beangeln könnte demnach einen Selektionsprozess auslösen, an dessem Ende der bei Anglern beliebte Micropterus salmoides immer seltener an den Haken geht.

Forellenbarsch | Noch lebt er: Dieser Forellenbarsch ist Anglern noch nicht an den Haken gegangen.
Mehrere Ursachen für den individuellen Verhaltensunterschied kommen laut den Forschern in Frage: Die schwer zu angelnden Fische könnten unter anderem wählerischer sein, was ihr Futter angeht, besser erkennen, was ein Köder und was tatsächlich essbar ist, oder drittens weniger aggressiv auf die hakenbewehrten Eindringlinge reagieren und sich deshalb seltener im Fanggerät verbeißen. Die Studie ergab, dass sich durch Zucht die Vorsicht erhöhen lässt, die Beißfreudigkeit hingegen nicht.

Der Nachweis, dass dieses Verhalten überhaupt vererbbar ist, kostete die Wissenschaftler einiges an Mühe: Bereits im Jahr 1975 wählten sie aus der Barschpopulation eines Experimentalteichs einzelne Individuen aus. Diejenigen, die sich laut Markierung entweder besonders oft oder besonders selten hatten fangen lassen, kamen in gesonderte Zuchtanlagen. Bereits in der Folgegeneration zeigten sich die selben Verhaltenstendenzen. Dennoch wiederholten Philipp und Kollegen insgesamt noch zweimal den Vorgang, indem sie unter den Nachkommen der beiden Gruppen ihre jeweils extremsten Vertreter herausfischten.

Während in den letzten Jahren viel darüber geforscht wurde, welche Konsequenzen die künstliche Selektion durch Jagd und professionellen Fischfang habe, sei ihre die erste Studie, die sich mit den Auswirkungen des Sportangelns beschäftige, so die Forscher. Solange jedoch nicht geklärt sei, warum die einen beißfreudig sind, die anderen jedoch nicht und welche Nebeneffekte dies jeweils mit sich bringt, wollen die Forscher keine Ratschläge für zukünftiges Fischereimanagement erteilen. Einzig von einer gezielten Eliminierung schwer zu fangender Forellenbarsche zur Steigerung des Angelvergnügens raten sie ab.

Obwohl Freizeitangler die aus dem Wasser gezogenen Fische häufig wieder freilassen, geben Philipp und Kollegen zu Bedenken, dass die Population leiden kann, beispielsweise weil die Barsche während der Brutpflege gestört würden: Ist der Rückweg vom Boot zum Laich zu lang, sind in der Regel bereits Raubfische über den Nachwuchs hergefallen.

In anderen Fällen ließ sich nachweisen, dass die Körpergröße von Haien und Zackenbarschen vor der Küste Floridas seit Ende der 1950er Jahre dramatisch geschrumpft ist. Auch die Hörner kanadischer Dickhornschafböcke sind in den vergangenen Jahrzehnten auf Grund des Jagddrucks signifikant kleiner geworden. (jd)

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  • Quellen
Philipp, D. et al.: Selection for Vulnerability in Largemouth Bass. In: Transactions of the American Fisheries Society 138, S. 189–199, 2009.

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