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News: Schiebung

Es gibt aktive Kontinentalränder, wo sich ozeanische Kruste unter eine Kontinentalplatte schiebt, und es gibt passive Kontinentalränder, an denen es plattentektonisch ruhig ist. Die Ostküste Nordamerikas ist ein Beispiel dafür, doch es gibt Anzeichen, dass sich das "bald" ändern könnte.
Computersimulation
Der 6. Januar 1912 markiert einen der wichtigsten Meilensteine in der Geschichte der Geowissenschaften. An diesem Tag ging der Geophysiker und Meteorologe Alfred Wegener (1880-1930) mit seinem Werk "Neue Ideen über die Herausbildung der Großformen der Erdrinde auf geophysikalischer Grundlage" an die Öffentlichkeit und begründete damit sein geniales Konzept der Plattentektonik.

Allerdings dauerte es noch Jahrzehnte, bis auch die Letzten begriffen, dass die starren Lithosphärenplatten (lithos, griech.: Stein) tatsächlich auf der zähflüssigen Asthenosphäre (asthenos, griech.: weich) entlang gleiten: An den mittelozeanischen Rücken entsteht neue ozeanische Kruste, die nach außen drängt und die Kontinente verschiebt. Andernorts schiebt sie sich an aktiven Kontinentalrändern unter die leichteren Kontinente und ist dort - wie rund um den pazifischen "Ring of Fire" - verantwortlich für Vulkanausbrüche und Erdbeben.

Rund um den Atlantik gibt es indes nur passive Kontinentalränder. Während am mittelatlantischen Rücken permanent Magma aufsteigt und die Kontinente nach Westen beziehungsweise Osten drängt, sind hier kontinentale und ozeanische Kruste fest miteinander verbunden, eine Subduktion findet nicht statt.

Bislang jedenfalls, denn in drei bis zehn Millionen Jahren - so Klaus Regenauer-Lieb von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und seine Kollegen - wird dem Osten Nordamerikas passieren, was derzeit nur der Westküste widerfährt: Die ozeanische Kruste des Nordatlantik wird sich unter die Ostküste Nordamerikas schieben, dabei Erdbeben auslösen und Vulkane entstehen lassen.

Zu diesem Schluss kommen jedenfalls die Forscher, die die plattentektonische Zukunft in dieser Region simulierten. Seit 100 Millionen Jahren laden hier zahlreiche Flüsse ihre Sedimentfracht ab, bedecken den Meeresboden entlang der Küsten mit einigen Dutzend Kilometern schwerer Sedimente und drücken die ozeanische Kruste über eine Länge von 3200 Kilometern in die Tiefe.

Entscheidend ist dabei das Wasser in den Sedimenten. In ihren Szenarien simulierten die Wissenschaftler die zukünftige Entwicklung sowohl unter feuchten als auch unter trockenen Bedingungen, und es zeigte sich, dass das Wasser die Sedimentgesteine weicher und deformierbar werden lässt und gleichsam wie Schmiere wirkt.

Sowie die Ozeankruste an einer Stelle unter den nordamerikanischen Kontinent gerät, wird sich der Prozess zudem verstärken, und vor der Küste wird sich ein tiefer Graben ausbilden. Erdbeben werden die Region erschüttern und Vulkane entstehen - bis es hier ganz ähnlich zugeht wie im Bereich des japanischen Inselbogens.

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