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News: Schilddrüsenoperationen sicherer

Bei Operationen an der Schilddrüse kann die Funktion der Stimmbänder des Patienten in Mitleidenschaft gezogen werden. Um dieses Risiko möglichst klein zu halten, verfolgen Chirurgen der Universität Würzburg ein neues Konzept.
Den Medizinern Dr. Wolfgang Timmermann und Dr. Wulf Hamelmann von der Universität Würzburg zufolge gehört eine Störung der Stimmbandfunktion zu den belastendsten Komplikationen nach Operationen an der Schilddrüse und den Nebenschilddrüsen. Die Ursache für eine solche Störung liegt in einer Schädigung des Stimmbandnerven (Nervus recurrens).

Dieser Nerv verläuft in unmittelbarer Nähe der Schilddrüsenrückseite. Deshalb kann er während einer Operation durch Zerrungen, Druck oder Durchtrennung geschädigt werden. Doch auch nach dem Eingriff kann der Nerv noch Schaden nehmen, und zwar durch Schwellungen, Blutergüsse oder durch sich bildende Narben. Bei einseitiger Schädigung des Nervus recurrens kommt es zu Heiserkeit und Stimmschwäche, bei beidseitiger Schädigung kann die Atmung so behindert sein, daß im Extremfall ein Luftröhrenschnitt erforderlich wird.

Neueren Statistiken zufolge liegt die Häufigkeit einer Lähmung des Stimmbandnerven direkt nach einer Schilddrüsenoperation bei bis zu fünf Prozent. Bei 1 bis 2,5 Prozent der Patienten stellt sich sogar eine dauerhafte Lähmung ein. Das Risiko steigt bei einer Kropfentfernung mit der Größe des Kropfes; bei bösartigen Schilddrüsenerkrankungen und Wiederholungseingriffen liegt es bei vier bis zehn Prozent.

In Deutschland werden pro Jahr etwa 100 000 Operationen an der Schilddrüse durchgeführt. Aufgrund dieser großen Zahl sehen es die Würzburger Mediziner als wichtige Aufgabe an, die Schäden am Stimmbandnerven zu mindern. Die Mehrzahl der Chirurgen spreche sich dafür aus, insbesondere bei einer Entfernung großer Mengen Schilddrüsengewebes den Nervus recurrens zu suchen und sichtbar zu machen. Dies wird von den Chirurgen als "Darstellung" bezeichnet. Bei der Entfernung eines ganzen Schilddrüsenlappens oder der ganzen Schilddrüse sei die Darstellung des Nerven ohnehin zwingend nötig.

Bislang erfolgte diese Darstellung auf optischem Weg, häufig unter Benutzung einer Lupenbrille. Seit kurzem steht den Würzburger Chirurgen jedoch ein Gerät zur Verfügung, mit dem der Stimmbandnerv während des Eingriffs über eine elektrische Stimulation identifiziert und seine Funktion bis zum Abschluß der Operation dokumentiert werden kann. Dieses Verfahren wird als intraoperatives Neuromonitoring bezeichnet.

Das Verfahren selber ist seit längerem, insbesondere im Bereich der Neurochirurgie, im Gebrauch und hat sich bewährt. Die Reizung eines Nerven mit geringsten elektrischen Strömen führt dazu, daß sich der von diesem Nerven versorgte Muskel zusammenzieht. Diese Muskelaktion läßt sich mit einer Elektrode ableiten und akustisch oder optisch anzeigen.

Die entscheidende Neuentwicklung des in der Chirurgischen Universitätsklinik Würzburg verwendeten Verfahrens: Während der Operation wird eine feinste Nadelelektrode in die Stimmbandmuskulatur eingebracht, die dann jegliche Aktion dieser Muskeln anzeigt. Das erlaubt es, den Nervus recurrens kontinuierlich zu überwachen. Indem die Art und die Anwendung des Reizstromes verändert wird, kann der Nerv am Hals gesucht und sein Verlauf exakt verfolgt werden.

Bislang sei die Identifikation des Stimmbandnerven bei anspruchsvolleren Operationen, wie der Entfernung der gesamten Schilddrüse, bei bösartigen Schilddrüsenerkrankungen und bei Wiederholungseingriffen, häufig durch atypische Verläufe oder umgebendes Narbengewebe erschwert worden. "In solchen Fällen wird nach unseren bisherigen Erfahrungen die Identifikation des Nerven mit Hilfe des intraoperativen Neuromonitoring deutlich erleichtert", so Dr. Timmermann. Dies gehe mit mehr Sicherheit für den Patienten und mit einer höheren Qualität der Schilddrüsenoperation einher. Deshalb werde das intraoperative Neuromonitoring des Stimmbandnerven an der Chirurgischen Klinik der Universität Würzburg jetzt im Bedarfsfall eingesetzt.

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