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Wahrnehmung: Schimpansen nehmen Hintern wahr wie wir Gesichter

Schimpansen interessieren sich sehr für den Hintern ihrer Artgenossen. Das macht sich auch in der Wahrnehmung bemerkbar, zeigt ein Test.
Porträt eines männlichen Schimpansen

Schimpansen erkennen ihre Artgenossen nicht nur von Angesicht zu Angesicht. Durch die Fortbewegung auf allen vieren kommt auch dem Hintern ganz entscheidende Bedeutung zu – er dient sogar zur Kommunikation: Mit einem geschwollenen Hinterteil signalisieren Weibchen ihre Paarungsbereitschaft. Und wie sich nun zeigt, verarbeiten die Tiere ein Gesäß ganz ähnlich wie wir ein Gesicht.

Das haben Mariska Kret von der Universität Leiden und Masaki Tomonaga von der Universität Kyoto nun untersucht. Sie nutzten dazu ein bekanntes Wahrnehmungsphänomen: Dreht man Fotos von Gesichtern auf den Kopf, fällt es Menschen weniger leicht, die abgebildete Person zu erkennen. Offenbar greift das Gehirn nicht mehr auf sein hoch spezialisiertes – und blitzschnelles – Gesichtserkennungssystem zurück, sondern nutzt allgemeinere Wahrnehmungsprozesse.

Sollen wir aber beispielsweise Automodelle, Vögel oder menschliche Hintern identifizieren, spielt die Orientierung des Bildes keine große Rolle. Bei Schimpansen ist das ganz genauso – mit einem Unterschied: Bei ihnen fällt das Gesäß eines Artgenossen in die gleiche Kategorie wie bei uns ein menschliches Gesicht.

Im Experiment bekamen Affen und Menschen ein Gesicht oder einen Hintern von Menschen oder Affen gezeigt. Danach mussten sie von zwei Fotos dasjenige auswählen, das ebenfalls vom zuvor gezeigten Individuum geschossen worden war. Die Schimpansen zeigten einen deutlichen Inversionseffekt vor allem bei farbigen Abbildungen. Offenbar, meinen die Forscher, verfügen die Schimpansen über ein ebenfalls hoch spezialisiertes – und darum blitzschnelles – Erkennungssystem für die Kehrseite ihrer Artgenossen.

Aus evolutionsbiologischer Sicht mache das Sinn, meinen Kret und Tomonaga, und vermutlich lasse sich ein ähnlicher Effekt auch bei vielen anderen Primaten aufspüren. Sozial lebenden Tieren, die sich häufig auf alle vieren fortbewegen, käme es sehr zugute, Gruppenmitglieder von hinten genauso gut wie von vorne zu erkennen. Beim Menschen sei dieses Spezialtalent entweder mit dem aufrechten Gang oder mit der Verbreitung von Kleidung aber offenbar verloren gegangen.

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