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Ankündigung der US-Regierung: Führendem Institut für Klimaforschung droht das Aus

Die US-Regierung will das renommierte Klimaforschungsinstitut NCAR auflösen. Die Folgen wären fatal: für Klimamodellierungen, die Vorhersage von Extremwetter und noch viel mehr.
Ein modernes, mehrstöckiges Gebäude mit einer geometrischen Architektur aus rötlichem Beton steht in einer schneebedeckten Landschaft. Im Vordergrund sind Grasbüschel und Felsen zu sehen. Der Himmel ist klar und blau, und einige Bäume flankieren das Gebäude.
Das renommierte National Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder im US-Bundesstaat Colorado hat zentrale internationale Bedeutung.

Eines der wichtigsten Klimaforschungszentren weltweit soll teilweise geschlossen werden: Am Dienstag, 16. Dezember 2025, kündigte die US-Regierung unter Präsident Trump über den Kurznachrichtendienst X an, das renommierte National Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder, Colorado, aufzulösen. Mit der Schließung solle »sofort« begonnen werden, sagte Russ Vought, der Leiter des Haushaltsbüros des Weißen Hauses, laut »USA Today«. Wie die Fachzeitschrift »Nature« schreibt, regt sich im US-Kongress allerdings Widerstand gegen die Pläne.

Das 1960 gegründete NCAR widmet sich schwerpunktmäßig der Atmosphärenforschung. Mehr als 800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten dort an Fragen rund um Klima, Wetter und Erdwissenschaften. Die Einrichtung spielt eine zentrale Rolle für die Klimawissenschaften weltweit und ist unter anderem bekannt für ihre Klimamodellierungen, die den Berichten des IPCC zugrunde liegen. Sie laufen auf Supercomputern des Instituts. Außerdem betreibt das Institut Grundlagenforschung zu Prozessen in der Atmosphäre, den Ozeanen und zum Klima, betreibt Programme zur Erdbeobachtung und modelliert Klimadaten. 

Diese Forschung ist jetzt bedroht. Dafür sollten »unverzichtbare Teile des Zentrums«, beispielsweise »Wettermodellierungen und das Rechnen auf Supercomputern«, auf andere Institutionen unterstellt werden, ließ die US-Regierung verlauten.

Forschende weltweit sind bestürzt

Das Institut spielt eine zentrale Rolle in der internationalen Klimawissenschaft, entsprechend sind Forschende weltweit bestürzt über die aktuellen Pläne. »Ergebnisse der NCAR-Forschung stellen die Grundlage für viele Anwendungen dar«, erklärten Markus Rapp, Veronika Eyring und Ulrich Schumannvom Institut für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegenüber dem Science Media Center Germany. Betroffen seien beispielsweise die Warnung vor Extremwettergefahren, Wetteraspekte der Flugsicherheit und gar Warndienste vor Weltraumwettergefahren, die technische Infrastrukturen wie das globale Navigationssatellitensystem (GNSS) oder Stromnetze verwundbar machen. »NCAR war und ist der Kristallisationspunkt für viele internationale Aktivitäten in der Atmosphärenforschung, und das weit über die Klimaforschung hinaus«.

Gerrit Lohmann, Leiter der Arbeitsgruppe Dynamik des Paläoklimas und des Fachbereichs Klimawissenschaften am Alfred-Wegener-Institut, bezeichnete den angekündigten Rückbau oder gar die Schließung als potenzielle »Katastrophe für die Klimaforschung weltweit, da viele seiner Leistungen gemeinschaftlich genutzt werden und nicht kurzfristig durch andere Institute ersetzbar sind.« Die Folgen wären weitreichend, warnt der Forscher: Die Qualität von Klimaprojektionen, Extremwetteranalysen und paläoklimatischen Interpretationen würde darunter leiden. Den entstehenden Verlust aufzufangen, sei wiederum schwierig: »Eine vollständige Abpufferung durch die internationale Community ist weder realistisch noch effizient, da Expertise, Infrastruktur und Langzeitdaten am NCAR in einzigartiger Weise gebündelt sind.«

Die Ankündigung ist nicht der erste Vorstoß von Donald Trumps Regierung gegen führende Wissenschaftseinrichtungen. Bereits im Lauf des Jahres waren etwa das NASA Goddard Institute for Space Studies, die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) sowie das Geophysical Fluid Dynamics Laboratory (GFDL) von massiven Budget- und Personalkürzungen betroffen. Internationale Forschungsprojekte, jahrzehntelange Messreihen, weltweite Klimadaten, Satelliten, Ozeanbeobachtungssysteme: All das ist in diesem Zuge bedroht. Forschende versuchen angesichts der massiven Angriffe, Daten zu retten, Projekte fortzuführen und ihre Forschungsergebnisse anderen Institutionen zumindest nutzbar zu machen – oft unter hohem persönlichen Einsatz.

Was der aktuelle Trend in den USA international bewirke, sei bislang nicht vollständig abzusehen, sagt Daniela Domeisen, Umweltwissenschaftlerin an der ETH Zürich. »Aber mit Sicherheit schwächt die aktuelle US-Politik in diesem Bereich nicht nur die US-amerikanische Wetter- und Klimaforschung und die internationale Forschungszusammenarbeit, sondern auch weltweit die Innovation auf der Ebene von kleinen und mittleren Unternehmen, sowie die Fähigkeit von finanziell weniger gut ausgestatteten Ländern, sich vor Naturgefahren zu schützen.«

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