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Parasitologie: Schmarotzer als Täuschungskünstler

Opfer einer perfiden List
Eigentlich bringt die Ameisenart Cephalotes atratus, die im Kronendach tropischer Regenwälder haust, wahre Artisten hervor. Werden die Insekten etwa von ihrem Ast geweht, steuern sie durch geschickte Verrenkungen im Gleitflug zu ihrem Stamm zurück. Umso überraschter waren Forscher um Robert Dudley von Universität von Kalifornien, als sie etliche der sonst stets umherwuselnden Bewegungskünstler in ungeahnter Starre vorfanden.

Eine genauere Untersuchung zeigte, dass die Ameisen von einem bislang unbekannten Parasiten – dem Fadenwurm Myrmeconema neotropicum – befallen waren. Dieser hatte die Tiere allerdings nicht nur in Lethargie versetzt, sondern auch den ursprünglich schwarzen Hinterleib (genauer: das Gaster) der Insekten intensiv rot gefärbt und anschwellen lassen. Da ihn die Ameisen zudem auffällig emporreckten, sah er einer reifen Beere zum Verwechseln ähnlich und lockte damit Vögel an. Die verschmähen die Insekten eigentlich – können der vermeintlichen Beere aber wohl nicht widerstehen.

Obwohl die Forscher keinen solchen Missgriff direkt beobachteten, sind sie von einem perfiden und für die Parasitologie neuartigen Täuschungsmanöver des Schmarotzers überzeugt. Über den Kot der Vögel – den die Ameisen wiederum ihrer eigenen Brut verfüttern – dürften die Eier der Nematoden effizient verteilt werden. Bevor die Fadenwürmer ihren Zwischenwirt dann den Vögeln schmackhaft machen, paaren sie sich im Gaster und leiten so den nächsten Vermehrungszyklus ein.

Christoph Marty

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