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Fleisch fressende Keime: Schmerz verwirrt das Immunsystem

Streptokokken sind häufige Bewohner unserer Haut. Doch manchmal laufen Infektionen mit ihnen völlig aus dem Ruder. Dazu reizen die Bakterien gezielt Schmerzneurone.
Streptokokken-Infektion

Streptococcus pyogenes ist ein häufiges Bakterium auf unserer Haut und in unserer Umgebung, das bei uns zum Beispiel Scharlach oder eitrige Entzündungen an den Mandeln auslösen kann. Oft machen sich die Keime auch bemerkbar, wenn sie offene Wunden befallen und den gelblich weißen Belag hervorrufen. Meist hält unser Immunsystem sie gut in Schach, doch bisweilen gerät die Infektion völlig außer Kontrolle: Die Bakterien sorgen dann dafür, dass sich Haut und Weichgewebe zersetzen. In Einzelfällen entwickelt sich sogar eine lebensbedrohliche nekrotisierende Fasziitis, bei der großflächig Fleisch und Haut absterben. Wie der Erreger dabei das Immunsystem austrickst, haben Felipe Pinho-Ribeiro von der Harvard Medical School in Boston und sein Team untersucht und in »Cell« vorgestellt.

Im frühen Erkrankungsstadium treten oft starke Schmerzen auf. Die Mediziner wollten wissen, ob diese Schmerzen mit den Überlebensstrategien der Mikroben zusammenhängen. Sie infizierten deshalb Labormäuse mit verschiedenen Stämmen von Streptococcus pyogenes und beobachteten, wie die Krankheit voranschreitet. Die Bakterien schütten demnach ein Gift namens Streptolysin S aus, das Schmerzneurone stimuliert. Die Nervenzellen senden daraufhin Signale an Immunzellen im entzündeten Gewebe aus, was diese wiederum von ihrem eigentlichen Ziel – den Bakterien – ablenkt, weil sie sich den betroffenen Neuronen zuwenden. Dadurch werde die Immunantwort des Körpers geschwächt, so die Wissenschaftler, und die Keime könnten sich weiterhin ungebremst vermehren und ausbreiten.

Diese Erkenntnis ermögliche aber vielleicht neue Therapiemöglichkeiten, hoffen Pinho-Ribeiro und Co. Als sie die Reizübertragungen der Neurone blockierten, konnte das Immunsystem den Infektionsherd erfolgreich eindämmen und die Mikroben bekämpfen.

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