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Grönland: Schneeschmelze lässt Eisplatten wachsen

Weil Schnee schmilzt, breiten sich in Grönland gigantische Eisplatten aus. Durch den paradoxen Effekt wird Grönland wohl mehr zum Meeresspiegelanstieg beitragen als gedacht.
Eisdecke in Grönland 2014 und 2016

Massive, teils meterdicke Eisschichten breiten sich dicht unter der Oberfläche des grönländischen Eisschilds aus – und lassen den Meeresspiegel schneller ansteigen. Von diesem widersprüchlich erscheinenden Effekt berichtet eine Arbeitsgruppe um Mike MacFerrin von der University of Colorado in Boulder in einer neuen Veröffentlichung im »Nature«. Demnach verschließt Schmelzwasser, das von der Oberfläche in die Schichten darunter einsickert und wieder gefriert, die poröse Struktur des ehemaligen Schnees. Die dichten Lagen stauen von da an die Schneeschmelze an der Oberfläche, so dass das Wasser direkt ins Meer fließt – und nach der Analyse des Teams hat sich diese »Bodenversiegelung« seit der Jahrtausendwende um ein Viertel der Fläche ausgebreitet. Dadurch trägt ein immer größerer Anteil der grönländischen Eiskappe direkt zum Meeresspiegelanstieg bei.

Seit Jahren schmelzen immer größere Bereiche an der Oberfläche des Eisschilds an immer mehr Tagen im Jahr – zum einen direkt durch das wärmere Klima, zum anderen durch veränderte Wettermuster, die warme Luft nach Grönland führen. Allerdings fließt nur ein Teil des Wassers ins Meer, denn der Eisschild besteht aus Schneeschichten, die durch neuen Schnee darüber weiter verdichtet werden und erst nach Jahrhunderten zu kompaktem Eis werden. Deswegen kann neues Schmelzwasser in weiten Bereichen des Eisschilds versickern und im Untergrund wieder gefrieren – doch jede Schmelze macht den einstigen Schnee undurchlässiger. Anhand von Bohrkernen und Radardaten aus Überflügen kartierte MacFerrins Team nun das Ausmaß dieser Krusten.

Wie die Arbeitsgruppe berichtet, bedeckte diese Kruste 2014 bereits vier Prozent des Eisschilds, allerdings setze sich der Prozess wegen der verbreiteten Schmelzepisoden vermutlich schnell in Richtung Zentrum des Eisschilds fort. Die betroffenen Areale tragen dann direkt zum Anstieg des Meeresspiegels bei – mutmaßlich bis zum Jahr 2100 etwa zwischen einem und acht Zentimeter mehr als bisher berechnet. Zusätzlich absorbiert massives Eis viel mehr Sonnenlicht als eine Schneeschicht, was die Schmelze langfristig weiter befeuern wird. Solche Einschätzungen sind mit sehr großen Unsicherheiten behaftet, denn wie sich Eisschilde und ihr Schmelzwasser im Detail verhalten, ist nur teilweise bekannt.

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