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News: Schnelle Fotos von heißen Blasen

Wenn Luftballons platzen, gibt es einen Knall. Weit mehr Energie setzen kleine Flüssigkeitsbläschen frei, die den Schwingungen ihres Mediums nicht mehr folgen können und implodieren. In ihrem Inneren herrschen kurzzeitig Temperaturen von mehreren tausend oder gar Millionen Grad Celsius, und ein schwacher Lichtblitz begleitet die Schockwelle des Kollaps. Noch haben Physiker diesen Vorgang nicht ganz verstanden, doch zumindest ist es zwei Arbeitsgruppen gelungen, mit einer besonderen Kamera die ersten Fotos zu schießen.
Schon 1917 entdeckte Lord Rayleigh, dass eine Schiffsschraube im Wasser Schallwellen hervorruft, die kleine Bläschen produzieren. Zerplatzen diese Bläschen, können sie das Metall der Schraube angreifen. Mittlerweile wird dieser Kavitation genannte Prozess in vielen Lebensbereichen nutzbringend angewandt, angefangen bei der Reinigung von Halbleitern bis hin zur Zerstörung von Fettzellen in der Schönheitschirurgie. Doch der Alltäglichkeit des Vorgangs zum Trotz wissen Physiker noch immer nicht, was eigentlich passiert, wenn die Bläschen kollabieren.

Wandert eine Welle durch Wasser, verformt sie die darin enthaltenen Bläschen, ohne dass sich dabei deren Volumen ändert. Sind die Vibrationen jedoch zu schnell, können die Bläschen nicht mehr folgen. Stattdessen pressen die Druckschwankungen sie in sich zusammen, um sie gleich darauf auseinander zu zerren. Das System befindet sich dann in einem sehr instabilen Zustand. "Im Inneren der Blasen herrscht fast ein Vakuum", erklärt Seth Putterman von der University of California in Los Angeles. "Und der Außendruck zerquetscht die Blasen."

Das Gas in den kollabierenden Bläschen wird außerordentlich heiß. Den meisten Theorien zufolge erreicht es mindestens 25 000 Grad Celsius. Nach Puttermans Aussage könnte die wahre Temperatur jedoch auch viel höher liegen. Einige Physiker sind sogar der Ansicht, dass vorübergehend bis zu 15 Millionen Grad herrschen mögen – genug, um wie in der Sonne Wasserstoffkerne zu Helium zu verschmelzen. Da die Bläschen jedoch innerhalb von etwa 100 Pikosekunden (dem zehntausendsten Teil einer millionstel Sekunde) kollabieren, ist es extrem schwierig, die unterschiedlichen Modelle experimentell zu überprüfen.

Einer Gruppe um Putterman sowie dem Team von Rainer Pecha von der Universität Stuttgart ist es nun gelungen, erste Fotos von der Kavitation einer einzelnen Blase zu schießen (Physical Review Letters vom 7. Februar 2000 und Physical Review E vom Februar 2000). Die Forscher regten das Wasser mit einer Schallwelle von 20 kHz zum Schwingen an. Der schwache ultraviolette Blitz, den die Blase während des Kollaps aussandte, startete die Kamera, die dann alle 400 Pikosekunden eine Aufnahme machte und so die Schockwelle im Zeitraffer festhielt. "Unser Experiment dokumentiert zum ersten Mal die stark nichtlineare Ausbreitung der Schockwelle", sagt Pecha.

Entgegen aller bisherigen Theorien stellten sowohl die Stuttgarter Physiker als auch ihre amerikanischen Kollegen fest, dass die Wände der Bläschen schneller als der Schall kollabieren. Obwohl noch niemand sagen kann, was das für die Temperatur des Gases bedeutet, meint Putterman, seien die Modelle für Kavitation unterhalb der Schallgeschwindigkeit damit widerlegt. Selbst die vom Kollaps ausgehende Schockwelle bewegte sich in den Experimenten fast viermal schneller als der Schall.

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