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News: Schuss aus der Schrotflinte

Bisher rechneten Forscher mindestens alle 4000 Jahre mit dem Einschlag eines rund 200 Meter großen Asteroiden. Doch bisherige Modelle unterschätzten den Energieverlust in der Atmosphäre.
Tunguska 1928
Zwischen einigen zehntausend und einigen Millionen Tonnen große und kleine Asteroiden treffen in jedem Jahr auf die Erde. Der weitaus größte Teil allerdings ist nur staubfein und rieselt ganz unbemerkt auf uns nieder. Nur was größer ist als eine Kirsche, schlägt bis zum Erdboden durch. Der weitaus größte Teil der mit über 30 000 Kilometern pro Stunde auftreffenden Krümel verglüht hingegen in der dichten Lufthülle.

Immerhin: Im Jahr 1908 explodierte in der Nähe des sibirischen Tunguska in großer Höhe ein 100 Meter großer Brocken. Die Druckwelle plättete 2000 Quadratkilometer Wald – das entspricht immerhin der doppelten Fläche Berlins.

Vagen Schätzungen zufolge sind solche Einschläge alle paar Hundert Jahre zu erwarten, Kollisionen mit über 200 Meter großen Asteroiden erfolgen demnach immerhin noch alle drei bis vier Tausend Jahre. Träfe ein solcher Meteorit auf die Landoberfläche würden ganze Regionen zerstört. Stürzte er ins Meer, wären Dutzende Meter hohe Flutwellen die Folge.

Doch wer sich angesichts solcher Zahlen ängstigt, wird nun von Phil Bland vom Imperial College London und Natalya Artemieva von der Russian Academy of Science in Moskau beruhigt: Die beiden Forscher gehen davon aus, dass das Risiko weit geringer ist als bisher angenommen.

Bland und Artemieva begründen ihren Optimismus mit den Ergebnissen von über 1000 Computersimulationen verschiedener Einschlagsszenarien. Dabei betrachteten die Forscher Asteroiden bis zu einer Größe von einem Kilometer – das entspricht etwa dem Brocken, der vor 30 Millionen Jahren das Nördlinger Ries schuf.

Von besonderer Bedeutung war dabei die unterschiedliche Zusammensetzung der Meteoriten. Die meisten bestehen nämlich aus Gesteinen, die ähnlich stabil sind wie irdische auch. Ein kleiner Teil jedoch ist aus massiven Eisen- und Nickelverbindungen. Diese Brocken hoher Dichte sind widerstandsfähig und rauschen viel weniger beeinträchtigt durch die Atmosphäre.

Diesen Effekt haben Forscher bei ihrer Abschätzung der Gefahr aus dem All bisher offenbar unterschätzt. Denn in den meisten Modellen wird dieser Strom aus größeren und kleineren Fragmenten wie ein homogener und sich gleichmäßig ausbreitender Energiestoß behandelt – tatsächlich simulieren die Forscher dabei die Ausbreitung einer Flüssigkeit.

Bland und Artemieva hingegen teilten jedem Fragment seinen Energieanteil zu, jedes Bruchstück geht somit als einzelner Meteorit in die Berechnungen ein und wird dementsprechend individuell abgebremst.

Unter dem Strich heißt das: Um einen gleich großen Krater zu schaffen, müssen die brüchigen Asteroiden aus Stein rund 1000-mal größer sein als ihre vergleichsweise seltenen Pendants aus Eisen und Nickel. Und so etwas passiert, das haben die Forscher ausgerechnet, allenfalls einmal in 170 000 Jahren.

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