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Seltene Mutation: Schutz vor frühem Alzheimer entdeckt

Die ungewöhnliche genetische Kombination einer Frau aus Kolumbien gleicht einen Alzheimer-Risikofaktor aus. Nun suchen Fachleute nach dem Grund für den Schutz.
Zerfallendes Gehirn

Einen außergewöhnlichen Schutz vor einer speziellen Art von frühem Alzheimer haben Fachleute bei einer Kolumbianerin entdeckt. Wie eine Arbeitsgruppe um Joseph Arboleda-Velasquez von der Harvard University berichtet, blieb die Frau bis zum Alter von über 70 Jahren ohne Alzheimersymptome – obwohl sie eine Mutation trägt, die schon in jungen Jahren die Krankheit auslöst. Wie das Team in »Nature Medicine« berichtet, gehört die Frau zu insgesamt 1200 Probanden in Kolumbien, die es in einer großen Studie untersuchte, weil sie alle eine Veränderung im Gen für Präsenilin-1 tragen. Wie sich herausstellte, verdankt sie ihre Widerstandskraft mit hoher Wahrscheinlichkeit einer weiteren, extrem seltenen Mutation auf dem Gen APOE-3, die sie sowohl von väterlicher als auch von mütterlicher Seite erhielt. Das in ihm codierte Protein Apolipoprotein E ist an der Entstehung von Alzheimer beteiligt. Der unerwartete Schutzmechanismus könne möglicherweise den Weg zu neuen Therapieansätzen weisen, so die Arbeitsgruppe.

Bisher galten Mutationen auf APOE-3 – anders als bei anderen APOE-Genen – als unerheblich für Alzheimer. Doch der Fallbericht des Teams um Arboleda-Velasquez zeigt, dass das wohl nicht stimmt – zumindest dann nicht, wenn diese spezifische als Christchurch bezeichnete Variante in beiden Kopien des Gens vorkommt. Vor allem aber weist die Entdeckung auf einen möglichen Weg hin, wie die Krankheit zu verzögern ist: Die in der Veröffentlichung beschriebenen Experimente legen nahe, dass die Schutzwirkung der Mutation auf einer schwächeren Bindung an eine Klasse von chemisch veränderten Zuckermolekülen beruht. Ein Antikörper, der diese Bindung auch bei unverändertem Apolipoprotein E schwächt, könnte eventuell als Alzheimermedikament dienen. Allerdings sind solche Bindungsuntersuchungen nur begrenzt aussagefähig, so dass die Schutzwirkung und ihr möglicher Mechanismus zuerst einmal in Tiermodellen überprüft werden. Ein auf dem Befund basierendes Alzheimermedikament ist, wenn überhaupt, noch Jahrzehnte entfernt.

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