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Dunkle-Materie-Rätsel: Schwarze Löcher sind wohl aus dem Rennen

Besteht die Dunkle Materie in Wahrheit aus Schwarzen Löchern? Der Gedanke erfuhr in den vergangenen Jahren großen Auftrieb - nun versetzt ihm eine Studie jedoch einen schweren Schlag.

Seit Jahren geistert ein bestechender Gedanke durch die Physikinstitute dieser Welt: Das Dunkle-Materie-Rätsel, vermutlich die wichtigste Frage der modernen Astrophysik, könnte längst gelöst sein. Demnach bräuchte man gar keine neuen Elementarteilchen oder Naturgesetze, um die rätselhafte Materieform zu erklären – es könnte sich in Wahrheit um bisher unentdeckte Schwarze Löcher handeln. Der Gedanke ist schon mehr als 40 Jahre alt, erlebte aber 2015 großen Auftrieb: Damals fing das Gravitationswellenobservatorium LIGO die Signale zweier verschmelzender Schwarzer Löcher auf, die das 29-Fache beziehungsweise 36-Fache der Masse unserer Sonne auf die Waage brachten.

Bis dahin waren Experten davon ausgegangen, dass es Objekte im Bereich zwischen 25 und rund 135 Sonnenmassen nicht geben dürfte. Das besagten zumindest die gängigen astrophysikalischen Modelle für das Ende schwerer Sterne. Nun aber wunderten sich Forscher: Wenn sehr viele solcher Schwarzer Löcher im Urknall entstanden sind, könnten sie durchaus die Dunkle Materie erklären. Die hypothetische Materieform macht sich bekanntermaßen nur durch ihre Schwerkraft bemerkbar. Sie lässt Galaxien schneller rotieren und hält Galaxienhaufen zusammen. Sie gibt jedoch kein Licht ab, weshalb Physiker bis heute nicht sicher sein können, ob es sie wirklich gibt.

Schwarze Löcher würden das Problem elegant, wenn auch etwas antiklimaktisch lösen: Sollte es im sternlosen Umfeld von Galaxien genügend von ihnen geben, könnten sie die der Dunklen Materie zugeschriebenen Effekte restlos erklären. Damit wären keine neuen Elementarteilchen-Typen nötig. Genauso wenig müsste man die Gesetze der Gravitation verändern, wie ein anderes Lager in der Astrophysiker-Community seit Langem vorschlägt.

Eine neue Studie versetzt der Hypothese jetzt allerdings einen schweren Schlag. Miguel Zumalacárregui und Uroš Seljak von der University of California in Berkeley haben mit einer kreativen Methode nach Schwarzen Löchern gesucht – und bei Weitem nicht genügend gefunden, wie sie im Fachmagazin »Physical Review Letters« berichten. Schwarze Löcher können demnach maximal 40 Prozent der Dunklen Materie erklären. Man bräuchte also nach wie vor neue Elementarteilchen oder andere Gesetze der Schwerkraft, um das Rätsel zu lösen.

Zumalacárregui und Seljak haben in ihrer Studie das Licht von 1300 Supernovae vom Typ »1a« ausgewertet. Die gewaltigen Ereignisse gehen vermutlich stets auf dieselben astrophysikalischen Prozesse zurück, so dass ihre Leuchtkraft ungefähr gleich ist. Die Astrophysiker aus Berkeley haben nun untersucht, ob einige der Explosionen deutlich heller erscheinen, weil gerade ein Schwarzes Loch vor ihnen vorüberzieht. In diesem Fall müsste der Materiehaufen das Licht der Supernova wie eine Linse bündeln, Experten sprechen vom »Gravitationslinsen«-Effekt. Die Forscher fanden jedoch keine entsprechenden Ereignisse in ihrem Datensatz. Dabei hätte es sie laut Computersimulationen eigentlich geben müssen, wenn Schwarze Löcher weit häufiger sind als vermutet.

Der Artikel wurde um den Hinweis ergänzt, dass man 2015 davon ausging, dass es keine Schwarzen Löcher zwischen 25 und 135 Sonnenmassen geben sollte. Schwerere Schwarze Löcher, etwa im Zentrum von Galaxien, waren natürlich auch damals schon bekannt.

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