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Pferde-Genom: Seit 2000 Jahren werden Pferde anders gezüchtet

Die Skythen konnten es besser: Ihre Pferdezucht vermied Inzucht und sammelte weniger schädliche Mutationen an. Das änderte sich vor etwas mehr als zwei Jahrtausenden.
Zwei dunkelbraune Pferde laufen über Gras. Da gibt es ganz, ganz bestimmt auch Fachbegriffe für.

Eine umfassende Studie der Genome von bis zu 4000 Jahre alten Pferden bietet einen tiefen Blick in die Geschichte des Reittiers und seiner Haltung. Wie eine internationale Arbeitsgruppe um Ludovic Orlando vom Naturhistorischen Museum Dänemarks in Kopenhagen nun in der Zeitschrift "Science" berichtet, traten zwei wichtige genetische Merkmale moderner domestizierter Pferde erst in den letzten etwa 2300 Jahren auf. Zum einen stammen heutige Pferde von extrem wenigen väterlichen Linien ab, ihre Y-Chromosomen sind sehr einheitlich; zum anderen enthalten Genome heutiger Pferde einen großen Anteil schädlicher Mutationen und anderer Anzeichen von Inzucht. Anders als vermutet sind diese Effekte jedoch keine notwendigen Begleiterscheinung der fast 6000 Jahre währenden Domestizierung und Zucht, denn in den 13 Pferden in einem 2300 Jahre alten Grabhügel fand das Team von Orlando keine Spuren dieser Trends, genauso wenig in älteren Skeletten.

Andere Merkmale der Verwandlung der Pferde in Haustiere konnte das Team jedoch sehr wohl in den insgesamt 16 analysierten Pferdegenomen aus Tscheljabinsk und zwei skythischen Grabhügeln nachweisen, darunter Gene für kräftigere Vorderbeine und andere Knochenmerkmale, Fellfarbe, größere Muskeln und sogar Milchmengen bei den Stuten – Pferdemilch war damals vermutlich wichtiges Nahrungsmittel, wie auch heute noch in einigen Regionen.

Daraus schließt Orlando, dass die skythischen Reiternomaden zwar sehr wohl auf bestimmte Merkmale hin züchteten, ihre Zuchttechnik die natürliche Herdenstruktur allerdings nicht störte und auch keine schädlichen Mutationen begünstigt. Das ist heute anders, wie genetische Marker für Inzucht zeigen. Dafür tragen moderne Pferde auch Gene, die die skythischen Reittiere nicht besaßen: Irgendwann zwischendurch, das zeigen die Analysen, kam archaisches Erbgut aus einer heute ausgestorbenen Pferderasse hinzu.

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