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News: Seltene Zwillinge

Während die Entstehung eines einzelnen Kindes schon ein großes Wunder ist, so scheint die gleichzeitige Reifung zweier Zwerge im Mutterleib fast unmöglich. Tatsächlich erblicken zweieiige Zwillinge nur relativ selten das Licht der Welt, denn auf ein unwahrscheinliches Ereignis, den gleichzeitigen zweiseitigen Eisprung, muss die gesunde Entwicklung beider Föten folgen. Letzteres scheint jedoch kein Engpass zu sein, denn Fehler passieren hier in 70 bis 80 Prozent der Fälle, und damit nicht häufiger als bei jeder Einzelbefruchtung.
Obwohl eine Frau zwei Eierstöcke besitzt, in denen sich die Eizellen zum Sprung bereit machen können, hüpft zum entsprechenden Zeitpunkt meist nur auf einer Seite ein Ei, monatlich alternierend. Selten ist die Kommunikation lückenhaft und beide Eierstöcke schicken einen jeweiligen Kandidaten an den Start. Steht der anschließenden Befruchtung nichts im Wege, können sich beide Eier in die Gebärmutter einnisten und in ihrer eigenen Fruchtblase zum Fötus heranreifen.

Bislang dachte man, dass in der frühen Phase solcher Zwillingsschwangerschaften häufig ein Embryo verloren geht und von zehn bis zwölf zweieiigen Zwillingen nur ein Pärchen die gemeinsame Geburt schafft. Den medizinischen Beweis für diese Vermutung blieben die Forscher allerdings schuldig. Eine großangelegte Studie von Gynäkologen der Monash University in Australien konnte nun tatsächlich eine hohe Verlustrate in den ersten Wochen der Schwangerschaft bestätigen, indem sie die stattgefundenen Eisprünge dank Ultraschall genau belegen konnten.

Ob ein einseitiger oder zweiseitiger Eisprung stattgefunden hat, verrät der Zustand der Eierstöcke. Dort wo ein Ei den Eierstock verlassen hat, entwickelt sich der so genannte Gelbkörper, der die Hormone Östrogen und Progesteron ausschüttet, wobei letzteres für den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut sorgt, damit sich dort überhaupt ein befruchtetes Ei einnisten kann.

Das Team von Stephen Tong suchte in den Eierstöcken von 504 Frauen nach dem verräterischen Gelbkörper. Mittels Ultraschall entdeckten sie bei 48 Frauen einen zweiseitigen Eisprung, von denen 27 spontan und 15 durch die Gabe von Clomophencitrat erfolgten, bei den verbleibenden sechs Fällen war man sich nicht sicher, ob sie spontan oder induziert waren. Aus der ersten Gruppe wurden neun Zwillinge geboren, genau 30 Prozent, und auch bei den induzierten Schwangerschaften überlebten immerhin 20 Prozent der Pärchen.

Mit diesen Zahlen liegen die Zwillingsembryonen ziemlich genau in dem Bereich, in dem auch Einzelschwangerschaften auf natürlichem Wege unterbrochen werden. Die Ärzte schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass sich die Zwillinge in ihrer jeweiligen Entwicklung nicht beeinflussen; weder positiv noch negativ. Das zweite Ei hat dieselbe Chance, befruchtet zu werden und zu einem gesunden Kind heranzureifen wie die erste Eizelle. Und damit auch dasselbe Risiko, vorzeitig unterbrochen zu werden. Einen medizinischen Hintergrund für den hohen Verlust konnten die Forscher nicht entdecken.

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  • Quellen
Nature 416: 142 (2002)

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