Meteorologie: Siebenschläfer
Nichts scheint der moderne Wetterfrosch im Fernsehen mehr zu scheuen als eine Langzeitprognose: Wer gerade mal vage sagen kann, wie das Wochenend-Wetter wird, der schweigt besser über Temperatur und Luftdruck im Raum Kleinposemuckel am Donnerstag in viereinhalb Wochen. Nur heute, am Siebenschläfertag, soll alles anders sein: Kurz aus dem Fenster schauen und schon erfährt jeder, wie es die nächsten sieben Wochen wird. Ist was dran an der Bauernregel?
Der Siebenschläfer ist ein possierliches, knapp 20 Zentimeter langes Tierchen aus der Gruppe der Bilche mit buschigem Schwanz, das gesellig unter seinesgleichen in Baumhöhlen von Laubwäldern, Parks und Obstgärten, sowie, wenn die Tage länger werden, auch in Gebäuden haust. Mit dem Siebenschläfertag haben die Siebenschläfer allerdings nichts zu tun – bis auf, über drei Ecken, ihren Namen.
Knapp eineinhalb Jahrtausende später sollten Menschen dann allerdings weniger dieses Erweckungserlebnis als eine bäuerliche Wetterregel mit diesem Datum verbinden – etwa "Regnet es am Siebenschläfertag, es noch sieben Wochen regnen mag." Die Regel hinter dem Spruch mag generationenlanger bäuerlicher Erfahrung entsprungen sein; oder aus den sieben Jahren penibler Wetterbeobachtung des Mönches Martinius Knauer aus dem 17. Jahrhundert – sie bildete eine Grundlage des später sehr populären "Hundertjährigen Kalenders", der unter anderem unbescheiden die Wetterlage von 1700 bis 1800 vorhersagen zu können vorgab.
Basis der Prognosen blieben von damals bis zum modernen Bauernkalender so genannte Lostage wie eben dem 27. Juni: Das Wetter dieser Stichtage sollte Rückschlüsse auf die in den nächsten Wochen zu erwartende Großwetterlage zulassen. Viele dieser vermeintlichen Zusammenhänge stellten sich bei eingehenden nachträglichen Prüfungen des tatsächlichen Wettergeschehens allerdings rein zufällig als mal zutreffend, mal unzutreffend heraus. Und wie ist es nun mit dem Siebenschläfertag – eignet er sich als Prognose-Eckpfeiler? Lohnt heute ein Blick aus dem Fenster?
Ja – und Nein, so die zunächst verwirrenden Antworten moderner Meteorologen auf beide Fragen. Sie waren dem Siebenschläferzusammenhang schon vor einiger Zeit wissenschaftlich nachgegangen und hatten zu diesem Zweck Wetterdaten analysiert, die zwischen 1946 und 1970 in Regensburg gesammelt worden waren. Wie sich zeigte, waren in der 25-jährigen Beobachtungsperiode auf 13 regenreiche 27. Junis nur 6 nasse Julis gefolgt, was statistisch eine nichtssagende, zufallsgemäße 50:50-Verteilung ergibt. Das Ende der Karriere des Siebenschläfertages als Langzeitwetterfrosch?
Nicht, wenn man es genau nimmt. Denn tatsächlich lag der allererste Siebenschläfertag des Jahres 446 gar nicht im Juni, sondern im Juli. Für die Datums-Verschiebung hatte die Umstellung des julianischen auf den gregorianischen Kalender gesorgt, die nach päpstlicher Anordnung die Schaltjahrberechnung änderte sowie den 15. Oktober 1582 (neuer Kalender) direkt auf den 4. Oktober (alter Kalender) folgen ließ. Rechnet man nun alte Daten vor der Kalenderreform in neue gregorianische um, so ereignete sich der Siebenschläfertag Mitte des fünften Jahrhunderts exakt am 7. Juli.
Und ganz offenbar war die Siebenschläfertag-Wetterregel schon vor der Kalenderreform aufgestellt worden. Denn für den 7. Juli gerechnet, ergibt sich tatsächlich ein nachweisbarer, meteorologischer Zusammenhang: Auf 14 regenarme "echte" alte Siebenschläfertage im Beobachtungszeitraum zwischen 1946 und 1970 waren zehnmal wirklich auch zu trockene Monate gefolgt.
Zusammengefasst: Heute, am 27. Juni, lohnt sich ein Blick aus dem Fenster nur um zu entscheiden, ob der Regenschirm mit zum Bäcker muss oder nicht. Das Wetter am 7. Juli, dem julianischen Siebenschläfertag, lässt aber immerhin mit 60 bis 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit Rückschlüsse auf die Großwetterlage der kommenden Wochen zu. Zumindest, soviel Genauigkeit muss sein, wäre diese Wahrscheinlichkeit im Regensburg der Nachkriegszeit erreicht worden. Als Alternative bliebe neben dem Warten auf Regenwolken Anfang Juli übrigens auch noch ein Blick auf das berühmte Azorenhoch der Wetterkarte: Meist – auch nicht immer – deutet eine vergleichsweise nördliche Lage des typischen Hochs auf einen trockenen Hitze-Sommer.
"Wenn die Siebenschläfer Regen kochen, dann regnet´s ganze sieben Wochen"
(Bauernregel)
Den verdienten sie sich mit ihrer ausgeprägten winterlichen Schläfrigkeit, die von Anfang Oktober zwar nicht bis Ende Juni, immerhin aber bis Anfang Mai anhielt – was die Menschen des Mittelalters an die damals berühmtesten Langschläfer des frühchristlichen Mythenkanons erinnerte: Constantinus, Dionysius, Johannes, Malchus, Martinianus, Maximinianus und Serapion. Die sieben Frommen aus Ephesus hatten sich, so die Legende, anlässlich einer Christenverfolgung zu Zeiten des römischen Kaisers Decius im Jahre 251 in eine Höhle des Berges Celion geflüchtet. Dort verschlummerten sie dann gezwungenermaßen – nachdem der gut über die Versteckmöglichkeiten informierte Christenverfolger die Höhle mitsamt Flüchtlingen schlicht zumauern ließ – die Zeit. Und erwachten mit Gottes Hilfe erst wieder zum Siebenschläfertag des Jahres 446, dem 27. Juni, wahrscheinlich gut ausgeruht. (Bauernregel)
Knapp eineinhalb Jahrtausende später sollten Menschen dann allerdings weniger dieses Erweckungserlebnis als eine bäuerliche Wetterregel mit diesem Datum verbinden – etwa "Regnet es am Siebenschläfertag, es noch sieben Wochen regnen mag." Die Regel hinter dem Spruch mag generationenlanger bäuerlicher Erfahrung entsprungen sein; oder aus den sieben Jahren penibler Wetterbeobachtung des Mönches Martinius Knauer aus dem 17. Jahrhundert – sie bildete eine Grundlage des später sehr populären "Hundertjährigen Kalenders", der unter anderem unbescheiden die Wetterlage von 1700 bis 1800 vorhersagen zu können vorgab.
Basis der Prognosen blieben von damals bis zum modernen Bauernkalender so genannte Lostage wie eben dem 27. Juni: Das Wetter dieser Stichtage sollte Rückschlüsse auf die in den nächsten Wochen zu erwartende Großwetterlage zulassen. Viele dieser vermeintlichen Zusammenhänge stellten sich bei eingehenden nachträglichen Prüfungen des tatsächlichen Wettergeschehens allerdings rein zufällig als mal zutreffend, mal unzutreffend heraus. Und wie ist es nun mit dem Siebenschläfertag – eignet er sich als Prognose-Eckpfeiler? Lohnt heute ein Blick aus dem Fenster?
Ja – und Nein, so die zunächst verwirrenden Antworten moderner Meteorologen auf beide Fragen. Sie waren dem Siebenschläferzusammenhang schon vor einiger Zeit wissenschaftlich nachgegangen und hatten zu diesem Zweck Wetterdaten analysiert, die zwischen 1946 und 1970 in Regensburg gesammelt worden waren. Wie sich zeigte, waren in der 25-jährigen Beobachtungsperiode auf 13 regenreiche 27. Junis nur 6 nasse Julis gefolgt, was statistisch eine nichtssagende, zufallsgemäße 50:50-Verteilung ergibt. Das Ende der Karriere des Siebenschläfertages als Langzeitwetterfrosch?
Nicht, wenn man es genau nimmt. Denn tatsächlich lag der allererste Siebenschläfertag des Jahres 446 gar nicht im Juni, sondern im Juli. Für die Datums-Verschiebung hatte die Umstellung des julianischen auf den gregorianischen Kalender gesorgt, die nach päpstlicher Anordnung die Schaltjahrberechnung änderte sowie den 15. Oktober 1582 (neuer Kalender) direkt auf den 4. Oktober (alter Kalender) folgen ließ. Rechnet man nun alte Daten vor der Kalenderreform in neue gregorianische um, so ereignete sich der Siebenschläfertag Mitte des fünften Jahrhunderts exakt am 7. Juli.
Und ganz offenbar war die Siebenschläfertag-Wetterregel schon vor der Kalenderreform aufgestellt worden. Denn für den 7. Juli gerechnet, ergibt sich tatsächlich ein nachweisbarer, meteorologischer Zusammenhang: Auf 14 regenarme "echte" alte Siebenschläfertage im Beobachtungszeitraum zwischen 1946 und 1970 waren zehnmal wirklich auch zu trockene Monate gefolgt.
Zusammengefasst: Heute, am 27. Juni, lohnt sich ein Blick aus dem Fenster nur um zu entscheiden, ob der Regenschirm mit zum Bäcker muss oder nicht. Das Wetter am 7. Juli, dem julianischen Siebenschläfertag, lässt aber immerhin mit 60 bis 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit Rückschlüsse auf die Großwetterlage der kommenden Wochen zu. Zumindest, soviel Genauigkeit muss sein, wäre diese Wahrscheinlichkeit im Regensburg der Nachkriegszeit erreicht worden. Als Alternative bliebe neben dem Warten auf Regenwolken Anfang Juli übrigens auch noch ein Blick auf das berühmte Azorenhoch der Wetterkarte: Meist – auch nicht immer – deutet eine vergleichsweise nördliche Lage des typischen Hochs auf einen trockenen Hitze-Sommer.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.