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News: Sind Viren schuld an schwerer Nervenkrankheit?

Die schwere Nervenerkrankung amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist möglicherweise doch eine Viruserkrankung. Zwar hat noch niemand das verantwortliche Virus auf frischer Tat ertappt, aber im Rückenmark der Opfer ist meistens virales Erbgut zu finden. Das macht die winzigen Erreger zu Hauptverdächtigen.
Fünf von 100 000 Menschen leiden an amyotropher Lateralsklerose (ALS), und die Betroffenen sterben in der Regel zwei bis fünf Jahren nach Ausbruch ihrer Erkrankung. Das Leiden zerstört die Rückenmarksnerven und ist begleitet von Muskelschwund und Lähmungen, was schließlich im schlimmsten Fall zur Atemlähmung führt. Bis heute sind die genauen Ursachen dafür unbekannt.

ALS tritt in manchen Familien gehäuft auf, doch die meisten Fällen sind mysteriös, meint der Neurologe W. T. Longstreth von der University of Washington in Seattle. Der Wissenschaft ist es bisher nicht gelungen, ein Virus als möglichen Verursacher zu identifizieren, allerdings haben Forscher bereits Bruchstücke viraler DNA im Rückenmark von ALS-Opfern gefunden. Darüber hinaus haben Tierversuche gezeigt, daß Enteroviren, die zu derselben Familie wie die Polioviren gehören, in Mäusen eine ALS-ähnliche Erkrankung auslösen können.

Eine Gruppe von Mikrobiologen unter der Leitung von Martina Berger von der Université Claude Bernard Lyon 1 hat im Vergleich zu vorangegangenen Untersuchungen eine empfindlichere Variante der Polymerase-Kettenraktion benutzt, um virale-RNA aufzuspüren. In 17 von 18 Proben von Personen, die an ALS gestorben waren, fand sie in eine RNA-Sequenz, die dem Erbgut des Echovirus ähnelt. Dieses Virus gehört zu den Enteroviren und verursacht Meningitis. In den Rückenmarksproben einer Kontrollgruppe von 29 Menschen, die aus anderen Gründen gestorben waren, fanden die Forscher nur in einem einzigen Fall die gleiche Sequenz (Neurology vom 11. Januar 2000).

Bei dem vermutlich ALS-auslösenden Virus, könnte es sich um den Echovirus 7 oder einen nahen Verwandten handeln, sagte Berger, die mittlerweile an der University of California in Irvine tätig ist. Jedoch hätten die Wissenschaftler noch nicht genug an Information über den genetischen Code des Virus, um sicher zu sein.

Die Hypothese, daß ein Virus für ALS verantwortlich ist, hat sicherlich seine Berechtigung, meint Longstreth. Es ist bekannt, daß Enteroviren Nervenzellen angreifen. Doch es müssen noch viele Fragen beantwortet werden, wiegen die Neurologen George Karpati von der McGill University in Montreal und Marinos Dalakas von den National Institutes of Health in Bethesda, ab. Vielleicht verursacht das neu gefundene Virus nicht die Krankheit, sondern befällt das Rückenmark erst, wenn sie bereits ausgebrochen ist.

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