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News: Sitzplätze für Frauen, Parkplätze für Männer

In größeren Städten bevorzugen Frauen die öffentlichen Verkehrsmittel dreimal häufiger als Männer, wenn sie zur Arbeit fahren. Auch wenn ihnen ein Auto zur Verfügung steht, benützen es Frauen weniger oft als Männer. Dies belegt eine Schweizer Studie, die Daten zum Mobilitätsverhalten geschlechtsspezifisch ausgewertet hat.
Die Studie der Schweizer Geographin Heide Meyer von der Universität Zürich analysierte erstmals für die großen Schweizer Städte offizielles statistisches Material nach geschlechtsspezifischen Merkmalen, etwa was die verfügbaren und benutzten Verkehrsmittel sowie die gefahrenen Wegstrecken betrifft. Ergänzend dazu wurden wichtige Kriterien der Frauen-Mobilität anhand von Interviews mit siebzig Frauen in der Stadt Zürich ermittelt.

Von den Erwerbstätigen in den großen Schweizer Städten wählen Frauen die öffentlichen Verkehrsmittel rund dreimal häufiger als Männer. Das zeigt das nach Geschlecht differenzierte Verhältnis vom privaten zum öffentlichen Verkehr. Bei je hundert Frauen und Männern, die im Auto zur Arbeit fahren, benutzen die öffentlichen Verkehrsmittel beispielsweise in Zürich 406 Frauen und 126 Männer, in Basel 343 Frauen und 110 Männer. In der Westschweiz, wo die Berufstätigen allgemein mehr im Auto unterwegs sind, sieht das Geschlechterverhältnis ähnlich aus: Auf je hundert Autofahrende in Genf kommen 194 Frauen und 66 Männer und in Lausanne 207 Frauen und 64 Männer, die Tram und Bus fahren.

Dieser klare Unterschied zwischen den Geschlechtern läßt sich nicht nur damit erklären, daß weniger Frauen einen eigenen Wagen oder einen Fahrausweis besitzen. Am Beispiel der Stadt Zürich ermittelte die Studie nämlich die Wahl der Verkehrsmittel, wenn ein Auto zur Verfügung steht: 60 Prozent der Männer nutzen hauptsächlich das verfügbare Auto, 20 Prozent gehen zu Fuss und 12 Prozent wählen ein öffentliches Verkehrsmittel. Bei den Frauen sind es nur 38 Prozent Autofahrerinnen, 28 Prozent Fussgängerinnen und 21 Prozent Benützerinnen von Bus und Tram. Mit 10 Prozent relativ hoch liegt der Anteil der Mitfahrerinnen, während nur 3 Prozent der Männer auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.

Frauen nutzen demnach deutlich häufiger als Männer langsame und öffentliche Verkehrsmittel. Andere geschlechtsspezifische Unterschiede im Mobilitätsverhalten sind in der Schweiz statistisch nicht ausgewertet. Solche Daten wären aber für die Gestaltung und Planung des öffentlichen Raums und des Verkehrsangebots wichtig. So machen Frauen laut einer deutschen Studie ihre Verkehrsmittelwahl stark von der Tageszeit abhängig – etwa das Taxi in der Nacht. Frauen legen zudem oft Begleitwege mit Kindern oder betagten Verwandten zurück und vereinigen mehrere Ziele in Wegeketten.

Die Ergebnisse der qualitativen Befragung von siebzig Stadtzürcher Frauen unterschiedlichen Alters und Erwerbssituation bestätigten im Wesentlichen die Auswertung des Datenmaterials. Zwar hatten 55 von ihnen einen Fahrausweis, doch nur 21 verfügten über ein Auto, und nur fünf benutzten dieses täglich. Viele Frauen verfügten über wenig oder so weit zurückliegende Fahrpraxis, daß sie sich das Autofahren nicht mehr zutrauten: Der Verkehr sei ihnen zu hektisch und zu gefährlich, sagten nicht wenige.

Daß Frauen – selbst wenn ein Auto zur Verfügung steht – die öffentlichen Verkehrsmittel sehr häufig nutzen, zeigte sich etwa auch im Besitz von Abonnements: Zwei Drittel der Befragten besassen eine Monats- oder Jahreskarte für das Stadtnetz oder ein Generalabonnement. Die Hälfte der Frauen hatten zudem ein SBB-Halbtaxabonnement. Zudem gehen viele von ihnen zu Fuß oder steigen aufs Fahrrad.

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