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James Webb Space Telescope: JWST sucht nach Exoplaneten-Atmosphäre – und findet keine

Die sieben Planeten um den roten Zwergstern Trappist-1 sollen erdähnlich sein. Und vielleicht sogar lebensfreundlich? Das JWST sucht beim innersten Planeten Trappist-1b nach einer dafür wichtigen Atmosphäre und findet: nichts. Alle Entwicklungen zum James Webb Space Telescope in unserem Blog.
Künstlerische Darstellung: Sieben Planeten hat der Rote Zwergstern Trappist-1 zu bieten. Ihre Massen und ihre Größen sind bekannt. Gibt es auf einem oder mehreren vielleicht flüssiges Wasser oder gar Leben? Mit dem James Webb Space Telescope können Forschende die Atmosphären der Exoplaneten untersuchen. Nun zeigt sich: Der innerste Planet des Systems, Trappist-1 b, hat keine Atmosphäre.
Auf dieser künstlerischen Darstellung sind sie alle zu sehen: Sieben Planeten umkreisen den Roten Zwergstern Trappist-1. Ihre Massen und ihre Größen sind bekannt. Gibt es auf einem oder mehreren vielleicht flüssiges Wasser oder gar Leben? Mit dem James Webb Space Telescope können Forschende die Atmosphären der Exoplaneten untersuchen. Nun zeigt sich: Der innerste Planet des Systems, Trappist-1b, hat keine Atmosphäre.
  • Seit dem 25. Dezember 2021 ist das James Webb Space Telescope – kurz JWST – im All unterwegs.
  • Am 12. Juli 2022 präsentierten die Beteiligten die ersten Bilder des Weltraumteleskops der Superlative. Darunter den tiefsten Blick ins Universum, der bislang aufgenommen wurde.
  • Mit Hilfe der Bilder des JWST wollen Astrophysikerinnen und Astrophysiker erstmals Einblicke in das dunkle Zeitalter des Universums bekommen, bewohnbare Exoplaneten studieren und bisher unbekannte Erscheinungen im Kosmos entdecken.
  • Die amerikanische Weltraumbehörde NASA, die Europäische Weltraumorganisation ESA und die kanadische Weltraumorganisation CSA arbeiten gemeinsam an der Mission.
  • In diesem Slowblog informieren wir ab sofort über die Technik und berichten über die wesentlichen Ereignisse und Erkenntnisse der Mission.
Franzi Konitzer
Franzi Konitzer
Künstlerische Darstellung: Sieben Planeten hat der Rote Zwergstern Trappist-1 zu bieten. Ihre Massen und ihre Größen sind bekannt. Gibt es auf einem oder mehreren vielleicht flüssiges Wasser oder gar Leben? Mit dem James Webb Space Telescope können Forschende die Atmosphären der Exoplaneten untersuchen. Nun zeigt sich: Der innerste Planet des Systems, Trappist-1 b, hat keine Atmosphäre.
Künstlerische Darstellung: Sieben Planeten hat der Rote Zwergstern Trappist-1 zu bieten. Ihre Massen und ihre Größen sind bekannt. Gibt es auf einem oder mehreren vielleicht flüssiges Wasser oder gar Leben? Mit dem James Webb Space Telescope können Forschende die Atmosphären der Exoplaneten untersuchen. Nun zeigt sich: Der innerste Planet des Systems, Trappist-1 b, hat keine Atmosphäre. . NASA/JPL-Caltech
Manchmal ist es eine Entdeckung, keine Entdeckung zu machen: Der innerste Planet des Sternsystems Trappist-1 hat keine Atmosphäre. Zu diesem Schluss ist eine Forschungsgruppe mit Hilfe des James Webb Space Telescopes gekommen. Die Forscherinnen und Forscher haben ihre Erkenntnisse im Fachmagazin »Nature« veröffentlicht. Das Sternsystem Trappist-1 steht seit der Entdeckung seiner Exoplaneten im Jahr 2016 im Fokus der Exoplanetenforschung: Denn es gibt dort gleich sieben Exoplaneten, allesamt Gesteinsplaneten von der ungefähren Größe der Erde. Einige davon könnten sich sogar in der habitablen Zone um ihren kleinen, sehr leuchtschwachen Stern befinden. Die Existenz von flüssigem Wasser wäre dort zumindest nicht völlig ausgeschlossen. 

Zugegeben: Gängige Modellvorstellungen des Systems hatten für den innersten Planeten Trappist-1 b bereits vorausgesagt, dass er wahrscheinlich keine Atmosphäre hat. Denn der etwa erdgroße Gesteinsplanet umkreist sein Zentralgestirn in einer so geringen Entfernung, dass er viermal so viel Strahlung von ihm abbekommt wie die Erde von der Sonne. Dazu kommt noch, dass Rote Zwergsterne wie Trappist-1 – obwohl relativ leuchtschwach – für ihre energiereichen Strahlungsausbrüche bekannt sind, die potenziell vorhandene Atmosphären zerstören können. Da Trappist-1 b seinem Stern immer genau dieselbe Seite zuweist, ist auf einer Seite immer Tag auf der anderen immer Nacht. Ein Jahr auf Trappist-1b ist nur rund 1,5 Erdentage lang.

Die Anzahl an Planeten sowie die Tatsache, dass das System Trappist-1 nur rund vierzig Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Wassermann liegt und somit relativ gut mit Teleskopen untersucht werden kann, machen es zu einem beliebten Beobachtungsziel – auch für das James Webb Space Telescope. Das kann unter anderem aufgrund seiner hohen Auflösung und extremen Empfindlichkeit einige weitere Geheimnisse des Trappist-1-Systems lüften – zum Beispiel, ob seine Planeten Atmosphären zu bieten haben oder nicht und falls ja, welche Moleküle sich in diesen Atmosphären befindet: Wasserdampf? Kohlenstoffdioxid? Sauerstoff?

Für den innersten Planeten Trappist-1b machten sich die Forschenden um Thomas Greene vom NASA Ames Research Center ein Phänomen namens Sekundärtransit zu Nutze. Beim Sekundärtransit verschwindet der Exoplanet von uns aus betrachtet kurzzeitig hinter dem Stern. Dadurch kommt es zu einer winzigen Helligkeitsschwankung im Licht des Sterns. Räumlich auflösen können Forschende ein solches Phänomen zwar nicht, auch nicht mit dem James Webb Space Telescope. Aber da sie normalerweise das Licht des Sterns plus das reflektierte Licht des Exoplaneten sehen, nimmt die beobachtete Helligkeit während des Sekundärtransits ein wenig ab. 

Aus der gemessenen Verdunkelung lässt sich die effektive Temperatur des Planeten ableiten. Für Trappist-1b kamen die Forschenden auf einen Wert von 503 Kelvin, was rund 230 Grad Celsius entspricht. Das ist genau der Wert, den man für einen solchen Planeten auch theoretisch erwarten würde, wenn es auf ihm keine Atmosphäre gibt: Denn dann hängt seine Temperatur allein vom Abstand zu seinem Stern sowie der Temperatur und dem Radius des Sterns ab. Für Trappist-1b erhält man so einen Wert von 508 Kelvin. Das passt innerhalb des Messfehlers ausgezeichnet zu der über den Sekundärtransit gemessenen Temperatur des Gesteinsplaneten.

Und es gibt noch ein Indiz: Hätte der Planet eine Atmosphäre, würde ein Teil der Wärme aufgrund atmosphärischer Zirkulationsprozesse auf die sternabgewandte Seite umverteilt werden. Es wäre also zu erwarten, dass der gemessene Wert für seine Temperatur etwas niedriger ausfällt als der errechnete Wert. So sollten sich beispielsweise kohlenstoffdioxid- oder sauerstoffhaltige Atmosphären besonders stark in den Messungen bemerkbar machen. Das war aber nicht der Fall. 

Der naheliegendste Schluss aus diesen Messungen lautet: Der Exoplanet Trappist-1b hat keine nennenswerte Atmosphäre. Wie bereits erwähnt, ist das nicht sonderlich überraschend. Aber für die Erforschung von Exoplaneten ist es ein großer Fortschritt: Denn erst das James Webb Space Telescope ist empfindlich genug, um solche Messungen überhaupt durchführen zu können. Und natürlich gilt auch der Umkehrschluss: Hätte Trappist-1b eine Atmosphäre, wäre sie dem James Webb Space Telescope nicht verborgen geblieben. Doch die Enttäuschung ist nicht allzu groß. Immerhin hat Trappist-1 noch sechs weitere Exoplaneten zu bieten, deren Atmosphären als nächstes erforscht werden können. Als aussichtsreiche Kandidaten dafür, möglicherweise Leben beherbergen zu können, gelten die äußeren Planeten Trappist-1e bis g. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Wolf-Rayet 124
Wolf-Rayet 124. NASA, ESA, CSA, STScI, Webb ERO Production Team
Ein Wolf-Rayet-Stern ist ein seltenes Vorspiel für den berühmten letzten Akt eines massereichen Sterns: die Supernova. Obwohl sie also Schauplatz eines drohenden Sterntods sind, suchen Astronominnen und Astronomen in Wolf-Rayet-Sternen auch nach Anhaltspunkten für Neuanfänge. In den turbulenten Nebeln, die diese Sterne umgeben, bildet sich kosmischer Staub; Staub, der aus besonders schweren Elementen besteht, den Grundbausteinen des Universums. Das James-Webb-Teleskop zeigt den Stern »WR 124« in noch nie dagewesenen Detailschärfe. Dieser hat die 30-fache Masse der Sonne und bereits Material in der Größenordnung von 10 Sonnen abgestoßen. Der Stern befindet sich in 15 000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Schütze.


Katharina Menne
Katharina Menne
Prozessschritte bei der Bearbeitung der Rohdaten des JWST.
Prozessschritte bei der Bearbeitung der Rohdaten des JWST. Screenshot https://webbtelescope.org/home
Haben Sie sich schonmal gefragt, wie eigentlich diese beeindruckenden Bilder des JWST entstehen, wo doch die wissenschaftlichen Instrumente an Bord ausschließlich Strahlung im nicht sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums detektieren? Gewöhnliche Digitalkameras speichern die aufgenommenen Helligkeits- und Farbwerte zwar ebenfalls zunächst als Binärcode ab, das heißt in Form von langen Reihen aus Nullen und Einsen. Diese Bits werden jedoch fast instantan in wahrnehmbare Farben übersetzt. Für die Webb-Kameras ist ein vollfarbiges Bild kein sofortiger zweiter Schritt. Um das aufgenommene Infrarotspektrum in sichtbares Licht zu übersetzen, sind mehrere Prozessschritte nötig. 
 
Zunächst werden die Rohdaten zur Erde gesendet und heruntergeladen. Obwohl das JWST 1,5 Millionen Kilometer entfernt im All schwebt, dauert das gerade einmal fünf Sekunden. Die Daten werden dann im Barbara A. Mikulski Archive for Space Telescopes (MAST) in ein Schwarz-Weiß-Bild umgewandelt. Die Dateien im sogenannten FITS-Format (Flexible Image Transport System) sind auf die Astronomiegemeinschaft zugeschnitten und können zusätzliche Informationen wie Spektren, photometrische und räumliche Kalibrierungsdetails sowie Metadaten enthalten. 
 
Die Detektoren von Webb sind so empfindlich, dass sie mehr Licht einfangen können, als unsere Augen oder Bildschirme in ihrer Rohform verarbeiten können. Dies ist formal als dynamischer Bereich bekannt – und der dynamische Bereich von Webb ist enorm. In jedem Webb-Bild kann ein einzelnes Pixel einen von mehr als 65.000 verschiedenen Grautönen aufweisen. Man muss sich die Detektoren von Webb wie einen großen Lichteimer vorstellen. Während das JWST beobachtet, sammelt es alles ein, was es entdeckt, und füllt seinen Eimer mit Licht. Um das Erfasste in einem Format darzustellen, das wir wahrnehmen und unsere Computer anzeigen können, muss man nun den Inhalt des großen Eimers in eine puppenhausgroße Teetasse schütten. 
 
Anschließend werden Artefakte entfernt und präzise die Farben ermittelt. Sie werden chromatisch zugewiesen: Die kürzesten Wellenlängen werden dem blauen Bereich zugeordnet, etwas längere Wellenlängen dem grünen Bereich und die längsten Wellenlängen werden rot dargestellt. Wenn das endgültige, zusammengesetzte Bild aus mehr als drei Bildern besteht, können Lila, Türkis und Orange zusätzlichen Filtern zugewiesen werden, die vor oder zwischen Blau, Grün und Rot liegen. 
 
Zum Schluss werden die Bilder noch wissenschaftlich überprüft. Weil sie in aller Regel auf wissenschaftlichen Untersuchungen beruhen, ist dieser Schritt entscheidend und kann zu wichtigen Änderungen führen. Forscherinnen und Forscher konzentrieren sich oft darauf, wie ein Bild wahrgenommen wird, und versuchen sicherzustellen, dass das veröffentlichte Bild ihre Entdeckungen unterstützt und eine visuelle Erklärung dafür liefert. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Der zweite Beobachtungszyklus des James Webb Teleskops startet bald – und ist bereits siebenfach überbucht ... Mit 1602 eingereichten Anträgen übertreffe das Interesse den bisher größten Zyklus des Hubble Teleskops mit damals 1298 Vorschlägen.
Franzi Konitzer
Franzi Konitzer
Es ist schon ziemlich lange her, aber genau wie das James Webb Space Telescope ist sein Vorgänger, das Hubble-Weltraumteleskop, nicht nur gebaut worden, um uns mit hübschen Bildern aus unserem Kosmos zu beglücken. Stattdessen war eine der ersten Hauptaufgaben des Hubble-Weltraumteleskops die Antwort auf eine jahrzehntealte Frage zu finden: Wie schnell expandiert unser Universum? Dreißig Jahre später ist dieses Rätsel immer noch nicht gelöst: Forscherinnen und Forscher diskutieren weiterhin, was der wahre Wert für das Maß der Expansionsgeschwindigkeit des Universums, der sogenannte Hubble-Parameter, ist. Nun tritt das James Webb Space Telescope auch in dieser Hinsicht in die Fußstapfen seines Vorgängers und liefert dazu erste Daten. Ein Team um Wenlong Yuan von der Johns Hopkins University beschreibt sie in einem Artikel, der im Fachmagazin »The Astrophysical Journal Letters« erschienen ist. 

Während es recht sexy klingt, die Expansionsgeschwindigkeit des Universums zu vermessen, klingt die wissenschaftliche Wirklichkeit dahinter etwas nüchterner: Forschende brauchen möglichst genaue Entfernungsmessungen zu diversen Himmelskörpern. Hier spielt eine Klasse helligkeitsveränderlicher Sterne, die Cepheiden, eine große Rolle: Es war eine US-amerikanische Astronomin namens Henrietta Swan Leavitt, die im Jahr 1912 entdeckte, dass sich die Entfernung von Cepheiden herausfinden lässt, indem man ihre relative Helligkeit sowie die Dauer ihrer Helligkeitsveränderung misst. 

Die Cepheiden stellen somit eine der untersten Sprossen auf der kosmischen Entfernungsleiter dar, auf der man sich empor hangeln muss, wenn man den Hubble-Parameter messen will. Das heißt aber auch: Steckt in diesen Messungen irgendwo ein Fehler, ist alles andere auch falsch. 

Das Hubble-Weltraumteleskop hatte deshalb in den 1990er-Jahren die Aufgabe, Cepheiden in Dutzenden von Galaxien zu beobachten und so die kosmische Entfernungsleiter neu zu kalibrieren. Doch die Debatte um den Hubble-Parameter ist seitdem nicht abgeflaut, ganz im Gegenteil: Verschiedene Messmethoden liefern leicht unterschiedliche Werte für diese Zahl. Die Frage, die sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen müssen, lautet: Steckt irgendwo in den verschiedenen Messungen ein Fehler oder verbirgt sich gar spannende, neue Physik dahinter? Und der Arbeitsauftrag, der sich daraus ableitet, lautet: Genauere Messungen der Cepheiden müssen her. 

Das James Webb Space Telescope soll sich daher alle vom Hubble-Weltraumteleskop beobachteten Cepheiden noch einmal anschauen. Allerdings wird eine derartige Messkampagne Jahre dauern. Trotzdem haben Yuan und seine Kolleginnen und Kollegen schon einmal einen ersten Schwung an Cepheiden in der Galaxie NGC 1365 im Sternbild Fornax, rund 61 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, untersucht. Das Ergebnis: Die Daten dieser 31 untersuchten Cepheiden stimmen mit den Daten des Hubble-Weltraumteleskops überein.

Das mag jene zuversichtlich stimmen, die hinter der Debatte um den Hubble-Parameter ein echtes kosmisches Rätsel und keinen schnöden Messfehler vermuten. Allerdings merken die Autorinnen und Autoren des Artikels selbst an, dass die eigentliche Messkampagne eine sehr viel größere Stichprobe an Cepheiden enthalten wird und dass das James Webb Space Telescope in diesem Fall noch deutlich unter seinen technischen Möglichkeiten geblieben ist. Auf den Gesamtkatalog an Daten werden wir wohl noch einige Jahre warten müssen. 




Die Balkenspiralgalaxie NGC 1365 schaut nicht nur prächtig aus, sondern ist auch für Astronominnen und Astronomen nützlich: Anhand der in ihr enthaltenen Cepheiden lassen sich kosmische Entfernungsmessungen kalibrieren.
Die Balkenspiralgalaxie NGC 1365 schaut nicht nur prächtig aus, sondern ist auch für Astronominnen und Astronomen nützlich: Anhand der in ihr enthaltenen Cepheiden lassen sich kosmische Entfernungsmessungen kalibrieren. ESO/IDA/Danish 1.5 m/ R. Gendler, J-E. Ovaldsen, C. Thöne, and C. Feron.
Daniela Mocker
Daniela Mocker
Künstlerische Darstellung des Asteroiden.
Künstlerische Darstellung des Asteroiden. Credit: N. Bartmann (ESA/Webb), ESO/M. Kornmesser and S. Brunier, N. Risinger (skysurvey.org)
Planetarische Nebel, neue Exoplaneten, ferne Galaxien: Die meisten Objekte, die das James Webb Space Telescope bislang vor der Linse hatte, waren ziemlich groß. Nun ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals gelungen, einen echten Winzling mit dem Teleskop aufzuspüren: Mit dem Mid-InfraRed Instrument (MIRI) stieß ein Team aus europäischen Astronomen auf einen bislang unbekannten Asteroiden im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter, der einen Durchmesser von lediglich 100 bis 200 Metern hat. Das entspricht in etwa der Größe des Kolosseums in Rom, wie die ESA auf ihrer Internetseite schreibt. 

Der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist eine donutförmige Region, in der die meisten Kleinkörper in unserem Sonnensystem beheimatet sind. Den neuen Asteroiden entdeckten die Forscher durch puren Zufall: Eigentlich waren sie gerade dabei, MIRI für die Beobachtung des Asteroiden (10920) 1998 BC1 zu kalibrieren. Das lief leider nicht wie geplant, doch bei der anschließenden Durchsicht der Daten entdeckte die Gruppe ein anderes, bislang unbekanntes Objekt im gleichen Beobachtungsfeld im inneren Bereich des Gürtels. 

Um die genauen Eigenschaften des winzigen Asteroiden zu bestimmen, der zu den kleinsten bislang entdeckten Körpern im Asteroidengürtel zählt, seien weitere Beobachtungen nötig, erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Zudem sei es gut möglich, dass sich mit dem James Webb Space Telescope künftig noch weitere neue Kleinplaneten entdecken lassen. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen hat anhand von Daten des James-Webb-Weltraumteleskops die Entdeckung der ältesten bisher bekannten Galaxien bestätigt. Frühere Beobachtungen hatten bereits mögliche Kandidaten dafür geliefert, jetzt konnten diese Ziele durch spektroskopische Beobachtungen verifiziert werden. Die beiden Paper sind jedoch noch nicht unabhängig begutachtet worden. Das Licht dieser Galaxien hat mehr als 13,4 Milliarden Jahre gebraucht, um uns zu erreichen, denn sie stammen aus einer Zeit von weniger als 400 Millionen Jahren nach dem Urknall, als das Universum erst zwei Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte.

Das Bild, das das JWST über zehn Tage lang in neun verschiedenen Infrarotfarben aufgenommen hat, ist nur so groß wie ein Mensch, wenn man ihn aus einer Entfernung von einem Kilometer betrachtet. Es wimmelt darauf jedoch von fast 100.000 Galaxien, die alle zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer Geschichte eingefangen wurden, die größtenteils Milliarden von Jahren zurückliegt.

»Zum ersten Mal haben wir Galaxien nur 350 Millionen Jahre nach dem Urknall entdeckt, und wir können uns ihrer fantastischen Entfernungen absolut sicher sein«, wird Brant Robertson von der University of California Santa Cruz, ein Mitglied des NIRCam-Wissenschaftsteams, im NASA-Blog zitiert. »Diese frühen Galaxien in solch atemberaubend schönen Bildern zu finden, ist ein besonderes Erlebnis.«

Das Licht wird in seiner Wellenlänge gestreckt, wenn sich das Universum ausdehnt. Das Licht dieser extrem jungen Galaxien ist um einen Faktor von bis zu 14 gestreckt worden. Vier der untersuchten Galaxien seien etwas ganz Besonderes, heißt es im Blog, da sie sich in einer noch nie zuvor gesehenen frühen Phase befinden. »Die Ergebnisse bestätigen spektroskopisch, dass diese vier Galaxien bei Rotverschiebungen über 10 liegen, darunter zwei bei Rotverschiebung 13. Dies entspricht einer Zeit, in der das Universum etwa 330 Millionen Jahre alt war.«
NASA, ESA, CSA, and STScI, M. Zamani (ESA/Webb), L. Hustak (STScI)
Katharina Menne
Katharina Menne
Der junge Protostern L1527
Der junge Protostern L1527. NASA, ESA, CSA, and STScI, J. DePasquale (STScI)
Was hier im ersten Moment den Anschein einer kosmischen Sanduhr hat, ist der Protostern L1527 aufgenommen mit der Nahinfrarot-Kamera des JWST (NIRCam) Auffällig sind die blauen und orangefarbenen Wolken über und unter der protoplanetaren Scheibe, die als dunkle Linie in der Mitte zu sehen ist. Die bunten Staubwolken entstehen, so erklärt es die ESA, wenn Material vom Protostern wegschießt und mit der umgebenden Materie kollidiert. Trotz des Chaos, das L1527 verursacht, ist er nur etwa 100.000 Jahre alt und damit noch sehr jung. Aufgrund seines Alters und seiner Helligkeit im fernen Infrarotlicht gilt L1527 als Protostern der Klasse 0, dem frühesten Stadium der Sternentstehung. Protosterne wie dieser, die noch von einer dunklen Staub- und Gaswolke umhüllt sind, haben einen langen Weg vor sich, bevor sie zu vollwertigen Sternen werden. L1527 erzeugt noch keine eigene Energie durch die Kernfusion von Wasserstoff, ein wesentliches Merkmal von Sternen. Er hat die Form eines kleinen, heißen und aufgeblasenen Gasklumpens, der etwa 20 bis 40 Prozent der Masse unserer Sonne hat. Erst wenn der Protostern an Masse gewinnt und sich weiter verdichtet, steigt die Temperatur seines Kerns an und erreicht schließlich die Schwelle für den Beginn der Kernfusion. Die Szene auf diesem Bild zeigt, dass L1527 genau das tut – der Anfang eines neuen Sonnensystems.

Katharina Menne
Katharina Menne
Der Exoplanet namens WASP-39b wurde bereits 2011 entdeckt, aber noch nie so detailliert untersucht, wie es jetzt mit dem James Webb Teleskop möglich ist. Der Planet ist ein Gasriese wie Jupiter, besitzt aber nur etwa ein Drittel seiner Masse und ähnelt in seiner Zusammensetzung eher Saturn. Er umkreist einen sonnenähnlichen Stern in lediglich vier Erdtagen und ist ihm sehr viel näher als Merkur unserer Sonne. Mit einer Temperatur von rund 900 Grad Celsius und extremer Helligkeit ist er deshalb für Leben, wie wir es kennen, zu unwirtlich.

Bereits Anfang des Jahres konnten Astronomen mit Hilfe des JWST nachweisen, dass sich Kohlendioxid in der Atmosphäre des Exoplaneten verbirgt. Es ist das erste Mal, dass dieses Gas auf einem Exoplaneten beobachtet werden konnte. Nun identifizierte das Weltraumteleskop noch weitere Elemente und chemische Verbindungen: Natrium, Kalium, Wasser, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid. Das Vorhandensein von Schwefeldioxid deutet darauf hin, dass in der Atmosphäre eine fotochemische Reaktion abläuft, wenn das Licht des Sterns auf ihn trifft – ähnlich wie unsere Sonne Ozon aus dem Sauerstoff in der Erdatmosphäre erzeugt.
»Da die Fotochemie hier auf der Erde ein so wichtiger Prozess ist, ist sie wahrscheinlich auch auf anderen potenziell bewohnbaren Planeten wichtig«
Jacob Bean, Astronom an der University of Chicago in Illinois
Katharina Menne
Katharina Menne
Die Bilder des Hubble-Teleskops haben Generationen beeindruckt. Wer bislang noch daran gezweifelt hat, dass das James Webb Teleskop nochmals eine ordentliche Schippe drauflegt, sollte sich diesen Vergleich anschauen.
Mit einem Schieberegler lassen sich die Aufnahmen der beiden Teleskope Hubbel und Webb vergleichen
Mit einem Schieberegler lassen sich die Aufnahmen der beiden Teleskope Hubbel und Webb vergleichen. Screenshot
Katharina Menne
Katharina Menne
Sterne entstehen in riesigen Gasnebeln. In ihnen gibt es dichte Wolken aus Staub und Wasserstoff. Die Atome ziehen sich durch ihre eigene Gravitation zusammen, fangen an sich zu drehen und  bilden allmählich eine Kugel. Ein solches Sternentstehungsgebiet sind die Säulen der Schöpfung (»Pillars of creation«), eine Formation, die sich im etwa 6500 Lichtjahre entfernten Adlernebel befindet. Im Jahr 1995 machte das Weltraumteleskop Hubble eine erste ikonische Aufnahme davon.

Nun legt das James-Webb-Teleskop noch einen drauf. In nie dagewesener Schärfe zeigt es eine üppige, hochdetaillierte Landschaft. Die hellen roten Kugeln sind die Hauptdarsteller in diesem Bild der Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb. Diese sogenannten Protosterne weisen die typischen Beugungsspitzen auf und liegen bereits außerhalb der staubigen Säulen. Sie sind schätzungsweise nur ein paar hunderttausend Jahre alt – gewissermaßen Baby-Sterne. Das karmesinrote Leuchten an der zweiten und dritten Säule von oben stammt von den energiereichen Wasserstoffmolekülen.

Webbs neuer Blick auf die Säulen der Schöpfung werde den Forschern helfen, ihre Modelle der Sternentstehung zu überarbeiten, indem sie die Anzahl der neu gebildeten Sterne sowie die Gas- und Staubmengen in der Region viel genauer bestimmen können, schreibt die NASA in einer Mitteilung.
Die Säulen der Schöpfung, betrachtet durch die Infrarot-Augen des Webb-Teleskops.
Die Säulen der Schöpfung, betrachtet durch die Infrarot-Augen des Webb-Teleskops. NASA, ESA, CSA, STScI; Joseph DePasquale (STScI), Anton M. Koekemoer (STScI), Alyssa Pagan (STScI)
Katharina Menne
Katharina Menne
Astronomen haben mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA eine laut eigener Aussage »überraschende Entdeckung« gemacht: eine Ansammlung massereicher Galaxien, die sich gerade um einen extrem roten Quasar bildet. Ein Quasar ist der seltene, äußerst leuchtstarke aktive Kern einer Galaxie mit einem supermassereichen schwarzen Loch im Zentrum. Quasare senden so viel elektromagnetische Strahlung aus, dass sie alle Sterne ihrer Galaxie überstrahlen. Bei dem nun vom JWST beobachteten Quasar mit dem Namen SDSS J165202.64+172852.3 handelt es sich um ein »extrem rotes« Exemplar, das im frühen Universum vor rund 11,5 Milliarden Jahren existierte. »Die Entdeckung wird unser Verständnis darüber erweitern, wie sich die Galaxien im frühen Universum zu dem kosmischen Netz zusammengefügt haben, das wir heute sehen«, schreibt die NASA in einer Mitteilung

Frühere Studien, unter anderem mit dem Hubble-Teleskop, hatten auf die starken Ausströmungen des Quasars aufmerksam gemacht. Die Forscher hatten spekuliert, dass seine Wirtsgalaxie mit einem unsichtbaren Partner verschmelzen könnte, jedoch nicht damit gerechnet, dass es sich nicht nur um eine Galaxie handelt, sondern um mindestens drei weitere, die um den Quasar herumwirbeln. »Es sind nur wenige Galaxien-Protocluster zu diesem frühen Zeitpunkt bekannt. Es ist schwer, sie zu finden, und nur sehr wenige hatten seit dem Urknall Zeit, sich zu bilden", sagt die Astronomin Dominika Wylezalek von der Universität Heidelberg, die die Studie leitete. 

Die drei bestätigten Galaxien umkreisen einander mit unglaublich hohen Geschwindigkeiten, was darauf hindeutet, dass eine große Menge an Masse vorhanden ist. In Kombination mit der dichten Ansammlung von Galaxien in der Region um diesen Quasar glaubt das Team, dass dies eines der dichtesten bekannten Gebiete der Galaxienbildung im frühen Universum ist. »Selbst ein dichter Knoten dunkler Materie reicht nicht aus, um dies zu erklären«, sagt Wylezalek. "Wir glauben, dass wir eine Region sehen könnten, in der zwei massive Halos aus dunkler Materie miteinander verschmelzen."

Das Team plant weitere Beobachtungen dieses unerwarteten Galaxienhaufens und hofft, damit zu verstehen, wie sich dichte, chaotische Galaxienhaufen wie dieser bilden und wie sie von dem aktiven, supermassereichen Schwarzen Loch in seinem Zentrum beeinflusst werden.
Links ist der Quasar SDSS J165202.64+172852.3 in einer Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops im sichtbaren und nahen Infrarotlicht hervorgehoben. Die Bilder rechts und unten zeigen neue Beobachtungen des James Webb Weltraumteleskops in verschiedenen Wellenlängen. Sie zeigen die Verteilung und die Bewegungen von Gas innerhalb eines neu beobachteten Galaxienhaufens um den zentralen Quasar.
Links ist der Quasar SDSS J165202.64+172852.3 in einer Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops im sichtbaren und nahen Infrarotlicht hervorgehoben. Die Bilder rechts und unten zeigen neue Beobachtungen des James Webb Weltraumteleskops in verschiedenen Wellenlängen. Sie zeigen die Verteilung und die Bewegungen von Gas innerhalb eines neu beobachteten Galaxienhaufens um den zentralen Quasar. ESA/Webb, NASA, CSA, D. Wylezalek, A. Vayner & the Q3D Team, N. Zakamska
Katharina Menne
Katharina Menne
Es sieht aus wie ein riesiger kosmischer Fingerabdruck oder die Jahresringe eines Baumes: Ein neues Bild, das mit dem James-Webb-Weltraumteleskop aufgenommen wurde, zeigt mindestens 17 konzentrische Staubringe, die von einem Sternenpaar ausgehen. Dieses Sternenduo befindet sich gut 5.000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Schwan und ist unter der Bezeichnung Wolf-Rayet 140 bekannt. »Das Bild zeigt, wie empfindlich das JWST ist. Früher konnten wir mit bodengebundenen Teleskopen nur zwei Staubringe sehen«, sagt Ryan Lau, Astronom am NOIRLab der National Science Foundation und Erstautor einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift »Nature Astronomy« veröffentlicht wurde. 

Die ovalen, sehr regelmäßigen Ringe entstehen durch den Lauf der Sterne umeinander. Die Bahn des kleineren Begleiters ist recht langgezogen – und immer dann, wenn sich die Sterne am nächsten kommen, treffen ihre Sternwinde besonders heftig aufeinander. Dadurch wird das Gas stark genug komprimiert, dass die schweren Elemente darin zu Staub kondensieren können. Das geschieht etwa alle acht Jahre.


Das Doppelsternsystem Wolf-Rayet 140
Das Doppelsternsystem Wolf-Rayet 140 . NASA, ESA, CSA, STScI, JPL-Caltech
Lars Fischer
Lars Fischer
NASA, ESA, CSA, and STScI
Diese neue Aufnahme des JWST zeigt den anderen Ringplaneten im Sonnensystem. Neptun erscheint in dieser Aufnahme im Nahen Infrarot nicht in seinem charakteristischen blau, sondern fast geisterhaft blass. Die Aufnahme ist die erste seit über drei Jahrzehnten. die Neptuns Ringsystem deutlich zeigt. Die auffälligen hellen Flecken sind hohe Wolken aus Methaneis. Deutlich interessanter ist ein subtileres helles Band entlang des Äquators. Das könnte ein bisher unbekannter Teil des globalen Zirkulationssystems sein, das die Windbänder auf dem Planeten antreibt.

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