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James Webb Space Telescope: Im Juni startet die zweite Beobachtungsrunde

Ein Expertengremium hat 249 Projekte aus gut 1600 Einreichungen für den zweiten Zyklus ausgewählt. Es wird um Weiße Zwerge, ferne Galaxien und den Saturnmond Enceladus gehen. Unser Blog.
Künstlerische Darstellung des James Webb Teleskops
Das Universum im Blick: Das James Webb Space Telescope hat bereits viele Erwartungen der Forschungsgemeinschaft erfüllt und sogar übertroffen. Nun startet der zweite Beobachtungszyklus.
  • Seit dem 25. Dezember 2021 ist das James Webb Space Telescope – kurz JWST – im All unterwegs.
  • Am 12. Juli 2022 präsentierten die Beteiligten die ersten Bilder des Weltraumteleskops der Superlative. Darunter den tiefsten Blick ins Universum, der bislang aufgenommen wurde.
  • Mit Hilfe der Bilder des JWST wollen Astrophysikerinnen und Astrophysiker erstmals Einblicke in das dunkle Zeitalter des Universums bekommen, bewohnbare Exoplaneten studieren und bisher unbekannte Erscheinungen im Kosmos entdecken.
  • Die amerikanische Weltraumbehörde NASA, die Europäische Weltraumorganisation ESA und die kanadische Weltraumorganisation CSA arbeiten gemeinsam an der Mission.
  • In diesem Slowblog informieren wir ab sofort über die Technik und berichten über die wesentlichen Ereignisse und Erkenntnisse der Mission.
Katharina Menne
Katharina Menne
Seit bald einem Jahr begeistert das James Webb Space Teleskop (JWST) die Menschen weltweit mit seinen Blicken in die Untiefen des Universums. Es hat Galaxien sichtbar gemacht, die kurz nach dem Urknall entstanden sind, es hat die Atmosphären von Exoplaneten in noch nie dagewesenem Detail erforscht und neue, schärfere Aufnahmen von faszinierenden Orten in unserem Sonnensystem geliefert. Doch tatsächlich geht es gerade erst richtig los. Anfang des Monats erfuhren jene Fachleute, die Vorschläge für die zweite Beobachtungsrunde eingereicht hatten, ob ihre Anträge auf ein Stück der knapp bemessenen Beobachtungszeit erfolgreich waren. Der Wettbewerb war hart. »Es gab eine außergewöhnlich hohe Beteiligung der wissenschaftlichen Gemeinschaft«, sagte Nancy Levenson, Interimsdirektorin des Space Telescope Science Institute (STScI) in Maryland, das das JWST betreibt, gegenüber  »Scientific American«.
 
Insgesamt seien etwa 1600 Vorschläge eingereicht worden. Es konnten jedoch nur 249 Projekte ausgewählt werden. Das bedeutet, dass das JWST mit einer Quote von fast 7 zu 1 überbucht ist, ähnlich wie das Hubble-Weltraumteleskop. Um das Risiko der Voreingenommenheit zu minimieren, erfolgte die Auswahl vollständig anonymisiert. Einige Astronomen, wie etwa Nathan Adams von der Universität Manchester in England, reichten mehrere Vorschläge ein – erhielten jedoch keinen einzigen Zuschlag. Andere, wie beispielsweise Mary Anne Limbach von der Texas A&M University, waren mit drei genehmigten Projekten deutlich erfolgreicher. 
 
Der zweite Beobachtungszyklus startet im Juni. Dann sollen beispielweise Weiße Zwerge näher untersucht werden. Das sind erdgroße Kerne, die zurückbleiben, wenn Sterne wie unsere Sonne zu Roten Riesen anschwellen und ihre äußeren Schichten abstoßen. Diese Sternleichen könnten noch intakte Planeten beherbergen. Forscher hoffen, dadurch mehr über das Schicksal zu erfahren, das der Erde in fünf Milliarden Jahren bevorsteht, wenn unsere Sonne in ihre Rote-Riesen-Phase eintritt. Außerdem soll das JWST nach Ansammlungen von ursprünglichem Gas suchen, das Population-III-Sterne enthalten könnte – die Sterngeneration, von der man annimmt, dass sie das frühe Universum erleuchtet hat. Daniel Eisenstein von der Harvard University plant zudem, das Teleskop an seine Beobachtungsgrenzen zu bringen. Er möchte nach Galaxien Ausschau halten, die bereits 200 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind. Auch TRAPPIST-1, ein etwa 40 Lichtjahre von der Erde entferntes Planetensystem, steht erneut im Fokus.
Bald beginnt der zweite Beobachtungszyklus des James Webb Space Teleskops.
Bald beginnt der zweite Beobachtungszyklus des James Webb Space Teleskops. NASA-GSFC, Adriana M. Gutierrez (CI Lab)
Christopher Glein vom Southwest Research Institute (SWRI) in Texas wird das JWST nutzen, um den Saturnmond Enceladus zu untersuchen, der unter seiner eisigen Oberfläche möglicherweise einen bewohnbaren Ozean beherbergt. Beobachtungen der NASA-Raumsonde Cassini, die den Saturn von 2004 bis 2017 umkreiste, haben gezeigt, dass der Mond gelegentlich Wasser aus diesem Ozean über eine Wolke an seinem Südpol ausstößt. Da derzeit keine weitere Mission zu Saturn geplant ist, könne das »JWST als Brücke zwischen der Cassini-Ära und einer Landung auf Enceladus dienen«, sagt er.

Doch nicht alle hatten Glück. David Kipping von der Columbia University etwa reichte zwei Vorschläge ein, um mit dem Teleskop nach Monden zu suchen, die Exoplaneten umkreisen, so genannte Exomonde. Das JWST sei »die erste Maschine, die die Menschheit je gebaut hat, die tatsächlich in der Lage ist, ein solches Experiment durchzuführen«, sagte Kipping. Doch beide Vorschläge wurden abgelehnt. 
 
Nancy Levenson weiß, dass viele Forscherinnen und Forscher enttäuscht sind, weil ihre Vorschläge nicht ausgewählt wurden. »Es gibt etliche großartige Ideen, die wir in diesem Zyklus nicht berücksichtigen konnten«, sagt sie. Diejenigen, die es nicht geschafft hätten, könnten sich bis Oktober erneut für den dritten Zyklus bewerben. »Es gibt eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Aufgaben, für die das JWST hervorragend geeignet ist«, sagt Levenson. »Wir sind definitiv noch lange nicht fertig.« 
Jan Dönges
Jan Dönges
Der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter besteht primär aus kalten, toten Gesteinsbrocken aller Art. Nur ganz selten findet sich darunter ein »aktiver« Asteroid, der ganz ähnlich wie die Kometen aus den Randbereichen des Sonnensystems, eine gasförmige Wolke (Koma) um sich herum ausbildet, sobald er die sonnennahen Abschnitte seiner Bahn durchläuft. Einen solchen so genannten Hauptgürtelkometen hat das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) nun erstmals spektroskopisch untersucht. Dabei zeigte sich ein fundamentaler Unterschied zu den Kometen aus dem äußeren Sonnensystem: Die Koma des Hauptgürtelkometen enthält zwar Wasser, aber anders als diese kein Kohlendioxid. 

Erst mit dem Auflösungsvermögen des JWST war diese Analyse möglich. Das Teleskop hat dazu das Licht von 238P/Read, wie der Komet nach seinem Entdecker Michael Read vom Royal Observatory in Edinburgh, genannt wird, in seine Wellenlängen zerlegt. Das Team um Michael Kelley von der University of Maryland in College Park entdeckte in dieser gasförmigen Hülle die charakteristischen Spuren von Wasserdampf, nicht aber von CO2. Die Auswertung ihrer Aufnahmen mit dem JWST-Instrument NIRSpec (Near-Infrared Spectrograph) hat das Team nun in der Fachzeitschrift »Nature« publiziert.  

238P/Read
238P/Read
Entweder ist das flüchtigere Kohlendioxid bereits in der Vergangenheit weitestgehend verdunstet, so dass heute nur noch Wasser übrig ist. Oder der Komet entstand in einer Himmelsregion, die zwar kalt genug für Wassereis war, nicht aber für Kohlendioxid. Herauszufinden, wie das Wasser im frühen Sonnensystem verteilt war und heute noch ist, hilft auch die Geschichte der Erde und ihrer Ozeane besser zu verstehen. Auch das Studium anderer Planetensysteme »und ob sie auf dem Weg sind, einen erdähnlichen Planeten zu beherbergen« profitiere davon, sagt die NASA-Planetenforscherin Stefanie Milam, eine Koautorin der Studie, laut einer Mitteilung der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA.

238P/Read misst rund 500 Meter im Durchmesser und erscheint auch auf den Aufnahmen des neuen Weltraumteleskops lediglich als winziger Fleck. Die Fachleute berechneten, dass am sonnennächsten Punkt seiner Bahn (Perihel) rund 18 Liter Wasser pro Minute von seiner Oberfläche sublimieren. Vermutlich liegt nur auf manchen Regionen das Eis frei, während andere mit Staub und Geröll bedeckt sind. Der Komet benötigt etwas mehr als fünfeinhalb Jahre für einen Umlauf um die Sonne. Eine ausgeprägte Koma zeigt er nur um das Perihel herum, das er im September 2022 erreicht hatte. Kurz danach wurde er vom Weltraumteleskop beobachtet. Er war dabei ungefähr 2,4-mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde. Beobachtungen des im Jahr 2005 entdeckten Kometen zeigen, dass seine Aktivität von Mal zu Mal schwächer wird – möglicherweise weil die Menge des freiliegenden Eises immer mehr erschöpft ist.
Nina Brinkmann
Nina Brinkmann
Fomalhaut ist ein etwa 440 Millionen Jahre alter Stern, der 25 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Südlicher Fisch liegt. Neue Bilder vom James Webb Space Telescope (JWST) zeigen zum ersten Mal feine Details in der Scheibe aus Staub und Gesteinsbrocken, die Fomalhaut umgibt. Dabei wurde unter anderem ein zuvor unbekannter Asteroidengürtel enthüllt. Das Team um András Gáspár von der University of Arizona konnte die Infrarotstrahlung in der seit den 1980er Jahren bekannten Scheibe mit hoher Auflösung und Empfindlichkeit beobachten und veröffentlichte die Ergebnisse der aktuellen Studie im Magazin Nature Astronomy.

Scheiben um junge Sterne sind für die Forschung von großem Interesse, weil sie unter anderem Einblicke in die Bildung von Planeten geben und somit helfen, die Entstehung unseres eigenen Sonnensystems besser zu verstehen. Neben den Planeten selbst sind vor allem diejenigen Ringe aus Staub und Gestein spannend, die mit unserem Asteroidenhauptgürtel zwischen Mars und Jupiter oder dem Kuipergürtel jenseits von Neptun vergleichbar sein könnten. Jahrzehntelang verhinderten eine zu geringe Auflösung und Empfindlichkeit von Teleskopen detaillierte Beobachtungen.

Erste Fortschritte gab es mit Teleskopen wie ALMA, Hubble und Herschel, die bei Fomalhaut einen Ring zeigten, der wegen der großen Entfernung zum Stern von rund 140 Astronomischen Einheiten mit unserem Kuipergürtel verglichen wurde (eine Astronomische Einheit entspricht der mittleren Entfernung der Erde zur Sonne). Es gab auch bereits Hinweise auf eine innere Scheibe, die nun jedoch erstmals mit dem JWST nachgewiesen werden konnte. Sie stellt sich als deutlich größer heraus als ursprünglich angenommen. In unserem Sonnensystem gibt es nichts Vergleichbares. Die Bilder vom JWST zeigen aber noch sehr viel mehr als nur die innere Scheibe und den bereits bekannten Ring. 
Um den Stern Fomalhaut war bisher nur ein Ring bekannt, der unter anderem mit den Teleskopen ALMA (rot) und Hubble (blau) beobachtet wurde. Neue Aufnahmen mit dem JWST (orange) zeigen nicht nur einen neu entdeckten inneren Ring – vergleichbar mit unserem Asteroidengürtel – sondern auch eine deutlich weiter ausgedehnte Scheibe mit vielen Details.
Um den Stern Fomalhaut war bisher nur ein Ring bekannt, der unter anderem mit den Teleskopen ALMA (rot) und Hubble (blau) beobachtet wurde. Neue Aufnahmen mit dem JWST (orange) zeigen nicht nur einen neu entdeckten inneren Ring – vergleichbar mit unserem Asteroidengürtel – sondern auch eine deutlich weiter ausgedehnte Scheibe mit vielen Details. Adam Block (press.springernature.com/spatially-resolved-imaging-of-the-inner-fomalhaut-disk-using-jws/25279418)
So gibt es einen weiteren Ring, der deutlich näher am Stern und daher eher vergleichbar mit dem Asteroidengürtel in unserem Sonnensystem ist. Das wird als Hinweis auf bisher nicht nachgewiesene Planeten gewertet, die auf ihrer Umlaufbahn Material zwischen den beiden Ringen und der inneren Scheibe aufsammeln. Interessanterweise liegen der innere und äußere Ring nicht in einer Ebene, sondern sind um wenige Grad gegeneinander geneigt. Zudem zeigen die Aufnahmen, dass Staub und Gestein in den Ringen nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern sich zu kleinen Wolken verdichten können. Das Team vermutet den Einfluss von Kollisionen, was für eine aktive Scheibe spricht, in der noch viele Interaktionen stattfinden. 

Mit vergleichbaren Beobachtungen der Sterne Wega und Epsilon Eridani möchte das Team um Gáspár in Zukunft herausfinden, wie ähnlich sich die Scheiben um verschiedene Sterne sind. Dabei wird sich auch zeigen, wie gewöhnlich oder ungewöhnlich unser Sonnensystem ist.
Daniela Mocker
Daniela Mocker
Der Supernova-Überrest Cassiopeia A befindet sich rund 11 000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Cassiopeia. Mit Hilfe des Mid-Infrared Instruments (MIRI) des James Webb Space Telescopes konnten Forscher nun einen völlig neuen Blick auf den Nebel erhaschen, der auch schon von einigen anderen Weltraumteleskopen in diversen anderen Wellenlängen abgelichtet wurde.
Infrarotaufnahme von Cassiopeia A
Infrarotaufnahme von Cassiopeia A. © IMAGE: NASA, ESA, CSA, Danny Milisavljevic (Purdue University), Tea Temim (Princeton University), Ilse De Looze (UGent) IMAGE PROCESSING: Joseph DePasquale (STScI)
Die rot-orangenen Bereiche im oberen und linken Bereich der Infrarotaufnahme zeigen, wo der warme Staub der längst vergangenen Sternexplosion auf das umgebende zirkumstellare Material trifft. Weiter innen leuchten die Überreste des Sterns selbst in hellem Rosa. Sie glühen vermutlich auf Grund diverser schwerer Elemente und Staubemissionen so intensiv. 

Rätsel geben den Wissenschaftlern bislang vor allem die schleifenförmigen grünen Strukturen im Inneren des Trümmerfelds auf. Ihre Form und Komplexität seien unerwartet und nur schwer zu verstehen, schreibt die NASA. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Die vier analysierten Galaxien sind 300 bis 500 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden.
Die vier analysierten Galaxien sind 300 bis 500 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden. NASA, ESA, CSA, M. Zamani (ESA/Webb), Leah Hustak (STScI)
Viel wurde bereits darüber geschrieben, dass das James Webb Space Telescope (JWST) die ältesten je beobachteten Galaxien abgelichtet hätte. Sie sollen weiter als 13,4 Milliarden Lichtjahre entfernt und nur wenige Augenblicke nach dem Urknall entstanden sein. Doch bislang fehlte jegliche spektroskopische Bestätigung. In zwei Artikeln in »Nature Astronomy« beschreiben und analysieren Emma Curtis-Lake, Brant Robertson und Kollegen nun Daten von vier Galaxien mit Rotverschiebungen im Bereich von z = 10 bis z = 13 und kommen zu dem Schluss: Ja, sie sind wirklich so alt. Damals war das Universum gerade einmal 300 bis 500 Millionen Jahre jung. Zum Vergleich: Das ist ein kürzerer Zeitraum, als es Haie auf der Erde gibt. 
 
Mit dem JWST sind nicht nur präzisere Messungen, sondern vor allem auch Messungen möglich, die deutlich weiter in die Vergangenheit des Universums blicken als alle Teleskope zuvor. Wegen der hohen Empfindlichkeit der Geräte können mit dem JWST zum Beispiel extrem weit entfernte Galaxien untersucht werden, deren Licht lange Zeiträume zurückgelegt hat. Weil sich das Universum ausdehnt, ist das Licht dieser weit entfernten Galaxien zum einen recht schwach und zum anderen um den Faktor 1 + z rotverschoben. Das liegt daran, dass Lichtwellen auf ihrer Reise über große Entfernungen auseinandergezogen werden und sich so die Wellenlänge ändert. Je röter das Bild, desto weiter entfernt ist das Objekt. z ergibt sich aus dem Verhältnis der beobachteten Wellenlänge zur ursprünglichen Wellenlänge.
 
Da die Fachwelt allerdings noch nicht viel mehr als ein halbes Jahr Erfahrung mit dem JWST sammeln konnte, besteht das Risiko, die Galaxienfarben falsch zu interpretieren. Die einzige Möglichkeit, sich einer Rotverschiebung zu vergewissern, besteht darin, sie mit spektroskopischen Beobachtungen abzugleichen. Das hätten Curtis-Lake und ihr Team in einer »technischen Meisterleistung« getan, schreibt der Astronom Pieter van Dokkum von der Yale University in einem Begleitartikel. Sie nutzten aus, dass Galaxien mit hoher Rotverschiebung oft ausgeprägte Spektren im UV-Bereich aufweisen, die dann aber abrupt abgeschnitten werden, weil das Licht von neutralem Wasserstoff in den Sternatmosphären und interstellarem Gas absorbiert wird. Darin unterscheiden sie sich von Galaxien, die aus anderen Gründen rot im Teleskop erscheinen. 
 
Darüber hinaus bestimmte das Team die Sternentstehungsraten der Galaxien, ihre Größe, Masse und andere Eigenschaften. Alles deutet darauf hin, dass jede Galaxie 100 Millionen Sonnenmassen an Sternen enthalten könnte. Die Autoren stellen fest, dass die registrierten Spektren keine Fingerabdrücke komplexer Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff zeigen, sondern den vom Urknall übrig gebliebenen Wasserstoff und das Helium noch nicht vollständig umgesetzt haben. Sie vermuten, dass ihre Ergebnisse die rasante Entstehung der ersten Generationen von Galaxien belegen. 
 
Es scheint, als hätte die Bildung massereicher Galaxien überraschend früh begonnen – vielleicht früher, als es das bisherige Standardmodell für die Sternentstehung zulässt. Das könnte bedeuten, so schreibt Pieter van Dokkum, »dass die Geburt der ersten Galaxien so früh gewesen sein könnte, dass ihre Erforschung sogar jenseits der Möglichkeiten des JWST liegt«. 
Franzi Konitzer
Franzi Konitzer
Künstlerische Darstellung: Sieben Planeten hat der Rote Zwergstern Trappist-1 zu bieten. Ihre Massen und ihre Größen sind bekannt. Gibt es auf einem oder mehreren vielleicht flüssiges Wasser oder gar Leben? Mit dem James Webb Space Telescope können Forschende die Atmosphären der Exoplaneten untersuchen. Nun zeigt sich: Der innerste Planet des Systems, Trappist-1 b, hat keine Atmosphäre.
Künstlerische Darstellung: Sieben Planeten hat der Rote Zwergstern Trappist-1 zu bieten. Ihre Massen und ihre Größen sind bekannt. Gibt es auf einem oder mehreren vielleicht flüssiges Wasser oder gar Leben? Mit dem James Webb Space Telescope können Forschende die Atmosphären der Exoplaneten untersuchen. Nun zeigt sich: Der innerste Planet des Systems, Trappist-1 b, hat keine Atmosphäre. . NASA/JPL-Caltech
Manchmal ist es eine Entdeckung, keine Entdeckung zu machen: Der innerste Planet des Sternsystems Trappist-1 hat keine Atmosphäre. Zu diesem Schluss ist eine Forschungsgruppe mit Hilfe des James Webb Space Telescopes gekommen. Die Forscherinnen und Forscher haben ihre Erkenntnisse im Fachmagazin »Nature« veröffentlicht. Das Sternsystem Trappist-1 steht seit der Entdeckung seiner Exoplaneten im Jahr 2016 im Fokus der Exoplanetenforschung: Denn es gibt dort gleich sieben Exoplaneten, allesamt Gesteinsplaneten von der ungefähren Größe der Erde. Einige davon könnten sich sogar in der habitablen Zone um ihren kleinen, sehr leuchtschwachen Stern befinden. Die Existenz von flüssigem Wasser wäre dort zumindest nicht völlig ausgeschlossen. 

Zugegeben: Gängige Modellvorstellungen des Systems hatten für den innersten Planeten Trappist-1 b bereits vorausgesagt, dass er wahrscheinlich keine Atmosphäre hat. Denn der etwa erdgroße Gesteinsplanet umkreist sein Zentralgestirn in einer so geringen Entfernung, dass er viermal so viel Strahlung von ihm abbekommt wie die Erde von der Sonne. Dazu kommt noch, dass Rote Zwergsterne wie Trappist-1 – obwohl relativ leuchtschwach – für ihre energiereichen Strahlungsausbrüche bekannt sind, die potenziell vorhandene Atmosphären zerstören können. Da Trappist-1 b seinem Stern immer genau dieselbe Seite zuweist, ist auf einer Seite immer Tag auf der anderen immer Nacht. Ein Jahr auf Trappist-1b ist nur rund 1,5 Erdentage lang.

Die Anzahl an Planeten sowie die Tatsache, dass das System Trappist-1 nur rund vierzig Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Wassermann liegt und somit relativ gut mit Teleskopen untersucht werden kann, machen es zu einem beliebten Beobachtungsziel – auch für das James Webb Space Telescope. Das kann unter anderem aufgrund seiner hohen Auflösung und extremen Empfindlichkeit einige weitere Geheimnisse des Trappist-1-Systems lüften – zum Beispiel, ob seine Planeten Atmosphären zu bieten haben oder nicht und falls ja, welche Moleküle sich in diesen Atmosphären befindet: Wasserdampf? Kohlenstoffdioxid? Sauerstoff?

Für den innersten Planeten Trappist-1b machten sich die Forschenden um Thomas Greene vom NASA Ames Research Center ein Phänomen namens Sekundärtransit zu Nutze. Beim Sekundärtransit verschwindet der Exoplanet von uns aus betrachtet kurzzeitig hinter dem Stern. Dadurch kommt es zu einer winzigen Helligkeitsschwankung im Licht des Sterns. Räumlich auflösen können Forschende ein solches Phänomen zwar nicht, auch nicht mit dem James Webb Space Telescope. Aber da sie normalerweise das Licht des Sterns plus das reflektierte Licht des Exoplaneten sehen, nimmt die beobachtete Helligkeit während des Sekundärtransits ein wenig ab. 

Aus der gemessenen Verdunkelung lässt sich die effektive Temperatur des Planeten ableiten. Für Trappist-1b kamen die Forschenden auf einen Wert von 503 Kelvin, was rund 230 Grad Celsius entspricht. Das ist genau der Wert, den man für einen solchen Planeten auch theoretisch erwarten würde, wenn es auf ihm keine Atmosphäre gibt: Denn dann hängt seine Temperatur allein vom Abstand zu seinem Stern sowie der Temperatur und dem Radius des Sterns ab. Für Trappist-1b erhält man so einen Wert von 508 Kelvin. Das passt innerhalb des Messfehlers ausgezeichnet zu der über den Sekundärtransit gemessenen Temperatur des Gesteinsplaneten.

Und es gibt noch ein Indiz: Hätte der Planet eine Atmosphäre, würde ein Teil der Wärme aufgrund atmosphärischer Zirkulationsprozesse auf die sternabgewandte Seite umverteilt werden. Es wäre also zu erwarten, dass der gemessene Wert für seine Temperatur etwas niedriger ausfällt als der errechnete Wert. So sollten sich beispielsweise kohlenstoffdioxid- oder sauerstoffhaltige Atmosphären besonders stark in den Messungen bemerkbar machen. Das war aber nicht der Fall. 

Der naheliegendste Schluss aus diesen Messungen lautet: Der Exoplanet Trappist-1b hat keine nennenswerte Atmosphäre. Wie bereits erwähnt, ist das nicht sonderlich überraschend. Aber für die Erforschung von Exoplaneten ist es ein großer Fortschritt: Denn erst das James Webb Space Telescope ist empfindlich genug, um solche Messungen überhaupt durchführen zu können. Und natürlich gilt auch der Umkehrschluss: Hätte Trappist-1b eine Atmosphäre, wäre sie dem James Webb Space Telescope nicht verborgen geblieben. Doch die Enttäuschung ist nicht allzu groß. Immerhin hat Trappist-1 noch sechs weitere Exoplaneten zu bieten, deren Atmosphären als nächstes erforscht werden können. Als aussichtsreiche Kandidaten dafür, möglicherweise Leben beherbergen zu können, gelten die äußeren Planeten Trappist-1e bis g. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Wolf-Rayet 124
Wolf-Rayet 124. NASA, ESA, CSA, STScI, Webb ERO Production Team
Ein Wolf-Rayet-Stern ist ein seltenes Vorspiel für den berühmten letzten Akt eines massereichen Sterns: die Supernova. Obwohl sie also Schauplatz eines drohenden Sterntods sind, suchen Astronominnen und Astronomen in Wolf-Rayet-Sternen auch nach Anhaltspunkten für Neuanfänge. In den turbulenten Nebeln, die diese Sterne umgeben, bildet sich kosmischer Staub; Staub, der aus besonders schweren Elementen besteht, den Grundbausteinen des Universums. Das James-Webb-Teleskop zeigt den Stern »WR 124« in noch nie dagewesenen Detailschärfe. Dieser hat die 30-fache Masse der Sonne und bereits Material in der Größenordnung von 10 Sonnen abgestoßen. Der Stern befindet sich in 15 000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Schütze.


Katharina Menne
Katharina Menne
Prozessschritte bei der Bearbeitung der Rohdaten des JWST.
Prozessschritte bei der Bearbeitung der Rohdaten des JWST. Screenshot https://webbtelescope.org/home
Haben Sie sich schonmal gefragt, wie eigentlich diese beeindruckenden Bilder des JWST entstehen, wo doch die wissenschaftlichen Instrumente an Bord ausschließlich Strahlung im nicht sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums detektieren? Gewöhnliche Digitalkameras speichern die aufgenommenen Helligkeits- und Farbwerte zwar ebenfalls zunächst als Binärcode ab, das heißt in Form von langen Reihen aus Nullen und Einsen. Diese Bits werden jedoch fast instantan in wahrnehmbare Farben übersetzt. Für die Webb-Kameras ist ein vollfarbiges Bild kein sofortiger zweiter Schritt. Um das aufgenommene Infrarotspektrum in sichtbares Licht zu übersetzen, sind mehrere Prozessschritte nötig. 
 
Zunächst werden die Rohdaten zur Erde gesendet und heruntergeladen. Obwohl das JWST 1,5 Millionen Kilometer entfernt im All schwebt, dauert das gerade einmal fünf Sekunden. Die Daten werden dann im Barbara A. Mikulski Archive for Space Telescopes (MAST) in ein Schwarz-Weiß-Bild umgewandelt. Die Dateien im sogenannten FITS-Format (Flexible Image Transport System) sind auf die Astronomiegemeinschaft zugeschnitten und können zusätzliche Informationen wie Spektren, photometrische und räumliche Kalibrierungsdetails sowie Metadaten enthalten. 
 
Die Detektoren von Webb sind so empfindlich, dass sie mehr Licht einfangen können, als unsere Augen oder Bildschirme in ihrer Rohform verarbeiten können. Dies ist formal als dynamischer Bereich bekannt – und der dynamische Bereich von Webb ist enorm. In jedem Webb-Bild kann ein einzelnes Pixel einen von mehr als 65.000 verschiedenen Grautönen aufweisen. Man muss sich die Detektoren von Webb wie einen großen Lichteimer vorstellen. Während das JWST beobachtet, sammelt es alles ein, was es entdeckt, und füllt seinen Eimer mit Licht. Um das Erfasste in einem Format darzustellen, das wir wahrnehmen und unsere Computer anzeigen können, muss man nun den Inhalt des großen Eimers in eine puppenhausgroße Teetasse schütten. 
 
Anschließend werden Artefakte entfernt und präzise die Farben ermittelt. Sie werden chromatisch zugewiesen: Die kürzesten Wellenlängen werden dem blauen Bereich zugeordnet, etwas längere Wellenlängen dem grünen Bereich und die längsten Wellenlängen werden rot dargestellt. Wenn das endgültige, zusammengesetzte Bild aus mehr als drei Bildern besteht, können Lila, Türkis und Orange zusätzlichen Filtern zugewiesen werden, die vor oder zwischen Blau, Grün und Rot liegen. 
 
Zum Schluss werden die Bilder noch wissenschaftlich überprüft. Weil sie in aller Regel auf wissenschaftlichen Untersuchungen beruhen, ist dieser Schritt entscheidend und kann zu wichtigen Änderungen führen. Forscherinnen und Forscher konzentrieren sich oft darauf, wie ein Bild wahrgenommen wird, und versuchen sicherzustellen, dass das veröffentlichte Bild ihre Entdeckungen unterstützt und eine visuelle Erklärung dafür liefert. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Der zweite Beobachtungszyklus des James Webb Teleskops startet bald – und ist bereits siebenfach überbucht ... Mit 1602 eingereichten Anträgen übertreffe das Interesse den bisher größten Zyklus des Hubble Teleskops mit damals 1298 Vorschlägen.
Franzi Konitzer
Franzi Konitzer
Es ist schon ziemlich lange her, aber genau wie das James Webb Space Telescope ist sein Vorgänger, das Hubble-Weltraumteleskop, nicht nur gebaut worden, um uns mit hübschen Bildern aus unserem Kosmos zu beglücken. Stattdessen war eine der ersten Hauptaufgaben des Hubble-Weltraumteleskops die Antwort auf eine jahrzehntealte Frage zu finden: Wie schnell expandiert unser Universum? Dreißig Jahre später ist dieses Rätsel immer noch nicht gelöst: Forscherinnen und Forscher diskutieren weiterhin, was der wahre Wert für das Maß der Expansionsgeschwindigkeit des Universums, der sogenannte Hubble-Parameter, ist. Nun tritt das James Webb Space Telescope auch in dieser Hinsicht in die Fußstapfen seines Vorgängers und liefert dazu erste Daten. Ein Team um Wenlong Yuan von der Johns Hopkins University beschreibt sie in einem Artikel, der im Fachmagazin »The Astrophysical Journal Letters« erschienen ist. 

Während es recht sexy klingt, die Expansionsgeschwindigkeit des Universums zu vermessen, klingt die wissenschaftliche Wirklichkeit dahinter etwas nüchterner: Forschende brauchen möglichst genaue Entfernungsmessungen zu diversen Himmelskörpern. Hier spielt eine Klasse helligkeitsveränderlicher Sterne, die Cepheiden, eine große Rolle: Es war eine US-amerikanische Astronomin namens Henrietta Swan Leavitt, die im Jahr 1912 entdeckte, dass sich die Entfernung von Cepheiden herausfinden lässt, indem man ihre relative Helligkeit sowie die Dauer ihrer Helligkeitsveränderung misst. 

Die Cepheiden stellen somit eine der untersten Sprossen auf der kosmischen Entfernungsleiter dar, auf der man sich empor hangeln muss, wenn man den Hubble-Parameter messen will. Das heißt aber auch: Steckt in diesen Messungen irgendwo ein Fehler, ist alles andere auch falsch. 

Das Hubble-Weltraumteleskop hatte deshalb in den 1990er-Jahren die Aufgabe, Cepheiden in Dutzenden von Galaxien zu beobachten und so die kosmische Entfernungsleiter neu zu kalibrieren. Doch die Debatte um den Hubble-Parameter ist seitdem nicht abgeflaut, ganz im Gegenteil: Verschiedene Messmethoden liefern leicht unterschiedliche Werte für diese Zahl. Die Frage, die sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen müssen, lautet: Steckt irgendwo in den verschiedenen Messungen ein Fehler oder verbirgt sich gar spannende, neue Physik dahinter? Und der Arbeitsauftrag, der sich daraus ableitet, lautet: Genauere Messungen der Cepheiden müssen her. 

Das James Webb Space Telescope soll sich daher alle vom Hubble-Weltraumteleskop beobachteten Cepheiden noch einmal anschauen. Allerdings wird eine derartige Messkampagne Jahre dauern. Trotzdem haben Yuan und seine Kolleginnen und Kollegen schon einmal einen ersten Schwung an Cepheiden in der Galaxie NGC 1365 im Sternbild Fornax, rund 61 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, untersucht. Das Ergebnis: Die Daten dieser 31 untersuchten Cepheiden stimmen mit den Daten des Hubble-Weltraumteleskops überein.

Das mag jene zuversichtlich stimmen, die hinter der Debatte um den Hubble-Parameter ein echtes kosmisches Rätsel und keinen schnöden Messfehler vermuten. Allerdings merken die Autorinnen und Autoren des Artikels selbst an, dass die eigentliche Messkampagne eine sehr viel größere Stichprobe an Cepheiden enthalten wird und dass das James Webb Space Telescope in diesem Fall noch deutlich unter seinen technischen Möglichkeiten geblieben ist. Auf den Gesamtkatalog an Daten werden wir wohl noch einige Jahre warten müssen. 




Die Balkenspiralgalaxie NGC 1365 schaut nicht nur prächtig aus, sondern ist auch für Astronominnen und Astronomen nützlich: Anhand der in ihr enthaltenen Cepheiden lassen sich kosmische Entfernungsmessungen kalibrieren.
Die Balkenspiralgalaxie NGC 1365 schaut nicht nur prächtig aus, sondern ist auch für Astronominnen und Astronomen nützlich: Anhand der in ihr enthaltenen Cepheiden lassen sich kosmische Entfernungsmessungen kalibrieren. ESO/IDA/Danish 1.5 m/ R. Gendler, J-E. Ovaldsen, C. Thöne, and C. Feron.
Daniela Mocker
Daniela Mocker
Künstlerische Darstellung des Asteroiden.
Künstlerische Darstellung des Asteroiden. Credit: N. Bartmann (ESA/Webb), ESO/M. Kornmesser and S. Brunier, N. Risinger (skysurvey.org)
Planetarische Nebel, neue Exoplaneten, ferne Galaxien: Die meisten Objekte, die das James Webb Space Telescope bislang vor der Linse hatte, waren ziemlich groß. Nun ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals gelungen, einen echten Winzling mit dem Teleskop aufzuspüren: Mit dem Mid-InfraRed Instrument (MIRI) stieß ein Team aus europäischen Astronomen auf einen bislang unbekannten Asteroiden im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter, der einen Durchmesser von lediglich 100 bis 200 Metern hat. Das entspricht in etwa der Größe des Kolosseums in Rom, wie die ESA auf ihrer Internetseite schreibt. 

Der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist eine donutförmige Region, in der die meisten Kleinkörper in unserem Sonnensystem beheimatet sind. Den neuen Asteroiden entdeckten die Forscher durch puren Zufall: Eigentlich waren sie gerade dabei, MIRI für die Beobachtung des Asteroiden (10920) 1998 BC1 zu kalibrieren. Das lief leider nicht wie geplant, doch bei der anschließenden Durchsicht der Daten entdeckte die Gruppe ein anderes, bislang unbekanntes Objekt im gleichen Beobachtungsfeld im inneren Bereich des Gürtels. 

Um die genauen Eigenschaften des winzigen Asteroiden zu bestimmen, der zu den kleinsten bislang entdeckten Körpern im Asteroidengürtel zählt, seien weitere Beobachtungen nötig, erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Zudem sei es gut möglich, dass sich mit dem James Webb Space Telescope künftig noch weitere neue Kleinplaneten entdecken lassen. 
Katharina Menne
Katharina Menne
Ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen hat anhand von Daten des James-Webb-Weltraumteleskops die Entdeckung der ältesten bisher bekannten Galaxien bestätigt. Frühere Beobachtungen hatten bereits mögliche Kandidaten dafür geliefert, jetzt konnten diese Ziele durch spektroskopische Beobachtungen verifiziert werden. Die beiden Paper sind jedoch noch nicht unabhängig begutachtet worden. Das Licht dieser Galaxien hat mehr als 13,4 Milliarden Jahre gebraucht, um uns zu erreichen, denn sie stammen aus einer Zeit von weniger als 400 Millionen Jahren nach dem Urknall, als das Universum erst zwei Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte.

Das Bild, das das JWST über zehn Tage lang in neun verschiedenen Infrarotfarben aufgenommen hat, ist nur so groß wie ein Mensch, wenn man ihn aus einer Entfernung von einem Kilometer betrachtet. Es wimmelt darauf jedoch von fast 100.000 Galaxien, die alle zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer Geschichte eingefangen wurden, die größtenteils Milliarden von Jahren zurückliegt.

»Zum ersten Mal haben wir Galaxien nur 350 Millionen Jahre nach dem Urknall entdeckt, und wir können uns ihrer fantastischen Entfernungen absolut sicher sein«, wird Brant Robertson von der University of California Santa Cruz, ein Mitglied des NIRCam-Wissenschaftsteams, im NASA-Blog zitiert. »Diese frühen Galaxien in solch atemberaubend schönen Bildern zu finden, ist ein besonderes Erlebnis.«

Das Licht wird in seiner Wellenlänge gestreckt, wenn sich das Universum ausdehnt. Das Licht dieser extrem jungen Galaxien ist um einen Faktor von bis zu 14 gestreckt worden. Vier der untersuchten Galaxien seien etwas ganz Besonderes, heißt es im Blog, da sie sich in einer noch nie zuvor gesehenen frühen Phase befinden. »Die Ergebnisse bestätigen spektroskopisch, dass diese vier Galaxien bei Rotverschiebungen über 10 liegen, darunter zwei bei Rotverschiebung 13. Dies entspricht einer Zeit, in der das Universum etwa 330 Millionen Jahre alt war.«
NASA, ESA, CSA, and STScI, M. Zamani (ESA/Webb), L. Hustak (STScI)
Katharina Menne
Katharina Menne
Der junge Protostern L1527
Der junge Protostern L1527. NASA, ESA, CSA, and STScI, J. DePasquale (STScI)
Was hier im ersten Moment den Anschein einer kosmischen Sanduhr hat, ist der Protostern L1527 aufgenommen mit der Nahinfrarot-Kamera des JWST (NIRCam) Auffällig sind die blauen und orangefarbenen Wolken über und unter der protoplanetaren Scheibe, die als dunkle Linie in der Mitte zu sehen ist. Die bunten Staubwolken entstehen, so erklärt es die ESA, wenn Material vom Protostern wegschießt und mit der umgebenden Materie kollidiert. Trotz des Chaos, das L1527 verursacht, ist er nur etwa 100.000 Jahre alt und damit noch sehr jung. Aufgrund seines Alters und seiner Helligkeit im fernen Infrarotlicht gilt L1527 als Protostern der Klasse 0, dem frühesten Stadium der Sternentstehung. Protosterne wie dieser, die noch von einer dunklen Staub- und Gaswolke umhüllt sind, haben einen langen Weg vor sich, bevor sie zu vollwertigen Sternen werden. L1527 erzeugt noch keine eigene Energie durch die Kernfusion von Wasserstoff, ein wesentliches Merkmal von Sternen. Er hat die Form eines kleinen, heißen und aufgeblasenen Gasklumpens, der etwa 20 bis 40 Prozent der Masse unserer Sonne hat. Erst wenn der Protostern an Masse gewinnt und sich weiter verdichtet, steigt die Temperatur seines Kerns an und erreicht schließlich die Schwelle für den Beginn der Kernfusion. Die Szene auf diesem Bild zeigt, dass L1527 genau das tut – der Anfang eines neuen Sonnensystems.

Katharina Menne
Katharina Menne
Der Exoplanet namens WASP-39b wurde bereits 2011 entdeckt, aber noch nie so detailliert untersucht, wie es jetzt mit dem James Webb Teleskop möglich ist. Der Planet ist ein Gasriese wie Jupiter, besitzt aber nur etwa ein Drittel seiner Masse und ähnelt in seiner Zusammensetzung eher Saturn. Er umkreist einen sonnenähnlichen Stern in lediglich vier Erdtagen und ist ihm sehr viel näher als Merkur unserer Sonne. Mit einer Temperatur von rund 900 Grad Celsius und extremer Helligkeit ist er deshalb für Leben, wie wir es kennen, zu unwirtlich.

Bereits Anfang des Jahres konnten Astronomen mit Hilfe des JWST nachweisen, dass sich Kohlendioxid in der Atmosphäre des Exoplaneten verbirgt. Es ist das erste Mal, dass dieses Gas auf einem Exoplaneten beobachtet werden konnte. Nun identifizierte das Weltraumteleskop noch weitere Elemente und chemische Verbindungen: Natrium, Kalium, Wasser, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid. Das Vorhandensein von Schwefeldioxid deutet darauf hin, dass in der Atmosphäre eine fotochemische Reaktion abläuft, wenn das Licht des Sterns auf ihn trifft – ähnlich wie unsere Sonne Ozon aus dem Sauerstoff in der Erdatmosphäre erzeugt.
»Da die Fotochemie hier auf der Erde ein so wichtiger Prozess ist, ist sie wahrscheinlich auch auf anderen potenziell bewohnbaren Planeten wichtig«
Jacob Bean, Astronom an der University of Chicago in Illinois

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