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News: So hell wie das ganze übrige Universum

Im Dezember 1997 haben Satelliten eine Explosion beobachtet, bei der so viel Energie freigesetzt wurde, daß die Astronomen dafür den neuen Begriff Hypernova gebildet haben. Der Vorfall ereignete sich vor rund zwölf Milliarden Jahren am anderen Ende des damals noch jungen Universums. Für ein oder zwei Sekunden hatte die noch unbekannte Quelle der Energie vermutlich so hell geleuchtet wie das ganze restliche Weltall zusammen.
In den 60er Jahren wurden Spionagesatelliten in Umlaufbahnen um die Erde geschossen, damit sie heimliche Atombombentests aufspürten. Sie entdeckten dabei jedoch etwas weitaus Aufregenderes, das zudem – wie sich später herausstellte – viel, viel mehr Energie freisetzte. In der Tat handelte es sich um ein Phänomen, gegen das alle anderen Explosionen im Kosmos unbedeutend erscheinen.

Die Satelliten hatten damals Gammastrahlenausbrüche (engl. gamma ray bursts, GRB) registriert, die aus allen Richtungen zu kommen schienen. Da nicht vorherzusagen war, wo demnächst ein Ausbruch zu erwarten war, und jedes Ereignis schon bald nach seinem Auftreten wieder verschwunden war, dauerte es viele Jahre, bis die Astronomen endlich genug Material gesammelt hatten, um Modelle zu deren Beschreibung aufzustellen.

Dank spezieller Satelliten revolutionierte sich unser Wissen über GRB in den letzten Jahren geradezu. Das Compton Gamma-Ray Observatory der NASA verzeichnete mehrere tausend Ausbrüche, und der italienisch-holländische Satellit BeppoSAX ermöglicht es, die Richtung der Gammastrahlenausbrüche so genau festzustellen, daß anschließend die stärksten erdgebundenen Teleskope auf den entsprechenden Himmelsausschnitt gerichtet werden können. Auf diese Weise wurde entdeckt, daß die Explosionen zwar nur wenige Sekunden im Bereich der Gammastrahlung nachweisbar sind, aber ein langes "Nachglühen" aus Röntgen-, sichtbarem und infrarotem Licht sowie aus Radiowellen zeigen, das über Monate untersucht werden kann. So erkannten die Wissenschaftler, daß die Explosionen sich nicht innerhalb unserer Milchstraße ereignen, sondern zu extrem entfernten Galaxien gehören, die eine starke Rotverschiebung aufweisen.

Am 14. Dezember 1997 registrierten das Compton Gamma-Ray Observatory und BeppoSAX den Ausbruch GRB 971214. Sowohl BeppoSAX als auch der Rossi X-ray Timing Explorer – ein Satellit der NASA, der den Himmel nach Röntgenstrahlen und deren Quellen absucht – entdeckten ein Nachleuchten von Röntgenstrahlen. Jules Halpern, David Helfand und John Torstensen von der Columbia University beobachteten die Quelle mit einem 2,4m-Teleskop am Kitt Peak in Arizona im sichtbaren Bereich des Lichtes. Ihre Daten ließen jedoch keine Entfernungsbestimmung zu.

Als das Leuchten schließlich nachließ, fand Shrinivas Kulkarni vom California Institute of Technology mit dem 10m-Teleskop Keck II auf Hawaii eine schwache Galaxie an der Stelle des Ausbruchs (Nature vom 7. Mai 1998). Ihr Licht ist so schwach, wie eine 100 Watt-Glühbirne auf über 1500 Kilometern Entfernung wäre. Aus der Rotverschiebung von z=3,4 errechneten die Astronomen eine Distanz zur Erde von etwa zwölf Milliarden Lichtjahren. Da das Universum auf ein Alter von rund 14 Milliarden Jahren geschätzt wird, ereignete sich die Explosion gewissermaßen noch in dessen Jugend. Mit der Entfernung und der gemessenen Helligkeit konnte wiederum bestimmt werden, wieviel Energie mit dem Ausbruch freigesetzt wurde. Obwohl das Ereignis nur wenige Sekunden andauerte, wurde so viel Energie frei, wie unsere gesamte Galaxie in mehreren Jahrhunderten abgibt. Selbst explodierende Sterne, sogenannte Supernovae, sind viele hundertmal schwächer. "Für ein oder zwei Sekunden war dieser Ausbruch so hell wie das ganze restliche Universum", meint George Djorgovski vom Caltech. Und dabei kennen die Wissenschaftler nur die Intensität der Gammastrahlung. Es ist möglich, daß andere Prozesse, die schwer zu messen sind – wie Neutrinos oder Gravitationswellen –, ein zusätzlich Vielfaches der Energie tragen.

Diese Beobachtung stellt Theoretiker vor das Problem, Mechanismen zu finden, die derartig gewaltige Explosionen hervorrufen können. Da selbst die bisherigen Rekordhalter, die Supernovae, dagegen nur ein vergleichsweise schwaches Wispern darstellen, prägte Bodan Paczynski von der Princeton University in der Februar-Ausgabe des Astrophysical Journal den Begriff Hypernova. Darüber hinaus stellte er fest, daß viele oder sogar die meisten Gammastrahlenausbrüche anscheinend aus Galaxien stammen, in denen sich schnell Sterne bildeten (zu dem Zeitpunkt, den wir heute beobachten). Solche Regionen weisen zugleich viele sterbende Sterne aus, vor allem Riesensterne, die sehr schnell ausbrennen.

Nach der Theorie kollabiert ein Stern mit der vielfachen Masse unserer Sonne direkt zu einem Schwarzen Loch. Dabei würde er eine schnell rotierende Materiescheibe produzieren, die spiralenförmig in das Schwarze Loch fiele und dabei sehr schnell immense Mengen an Energie freisetzen würde.

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