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News: Sojus – erneute unplanmäßige Rückkehr

Am 19. April 2008 landete die russische Landekapsel der Sojus-Mission TMA-11 rund 420 Kilometer vom geplanten Zielort entfernt. Der Wiedereintritt scheint für die drei Astronauten heikler gewesen zu sein, als bisher angenommen. Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art.
Vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wird das Sojus-Raumschiff normalerweise in einer Höhe von rund 120 Kilometern in drei Module getrennt. Während die äußeren beiden Elemente in der Erdatmosphäre verglühen, kehrt das mit einem Hitzeschild ausgestattete Mittelteil zusammen mit der Besatzung zur Erde zurück. Die Landekapsel befindet sich dabei auf einer so genannten aerodynamischen Flugbahn, welche den Bremsweg verlängert, gleichzeitig aber die Bremskräfte für die Crew in Grenzen hält.

Bei dem Rückkehrprozedere der Sojus-Mission TMA-11 am letzten Samstag klappte das Abtrennen der einzelnen Module nicht wie vorgesehen. Ursache ist wohl ein Fehler im automatischen Trennsystem. Die Landekapsel mit den drei Kosmonauten Malenchenko, Whitson und Yi trat zusammen mit dem Triebwerksmodul in die Atmosphäre ein, wodurch sich der Eintrittswinkel verschob. Nach einiger Zeit brach das zweite Modul ab, so dass sich die Kapsel korrekt ausrichten konnte. Sie befand sich allerdings bereits auf einem ballistischen Abstieg, der wesentlich steiler ist und bei dem auf die Crew enorme Kräfte – bis zum Zehnfachen der Erdanziehungskraft – wirken können.

„Ich habe 8,2 g auf dem Monitor gesehen und es war ziemlich dramatisch“, berichtete Peggy Whitson, die seit 192 Tagen im All war, nach der Landung. Whitson war der erste weibliche Kommandeur der Internationalen Raumstation ISS und war insgesamt länger im Weltraum als jede andere Frau. Die Besatzung berichtete von ungewöhnlichen Bewegungen der Kapsel und die koreanische Gastastronautin So-Yeon Yi sah während des Flugs seitlich der Kapsel Flammen emporsteigen. Auch Rauch soll sich in der Kabine gebildet haben. Zudem brach kurz vor dem Aufsetzen in der kasachischen Steppe der Funkkontakt zum russischen Kontrollzentrum und den Rettungskräften ab, weil die Funkantenne der Kapsel durchschmorte. Besonders kritisch war, dass die Kapsel verkehrt herum auf die Erde stürzte, mit der Luke zuerst.

Normalerweise wird eine rückkehrende Besatzung von Ärzten und Ingenieuren erwartet. Diesmal verließen die Astronauten die Landekapsel mit Hilfe von Bewohnern aus der Region, die ob des Anblicks ziemlich überrascht waren. Alle Crew-Mitglieder sind trotz der Abstiegsbelastungen offensichtlich bei guter Gesundheit.

Der Vorfall wirft Fragen bezüglich der Verlässlichkeit der Sojus-Raumschiffe auf: Schon bei der vorhergehenden Mission TMA-10 waren nämlich beim Abtrennen der Module ähnliche Probleme aufgetaucht. Erinnerungen werden auch an eine der ersten Sojus-Missionen vom 18. Januar 1969 wach, als sich der Kosmonaut Boris Volynov bei der viel zu harten Landung mehrere Zähne ausschlug. Schon damals sollen Schwierigkeiten mit dem Trennsystem schuld gewesen sein.

„Wir denken nicht, dass es sich hier um ein größeres Problem handelt und ich bin überzeugt, unsere russischen Kollegen unternehmen alles, um der Ursache auf den Grund zu gehen“, erklärt Bill Gerstenmaier, verantwortlicher Direktor von der NASA. „Aber natürlich sollte so etwas nicht zweimal hintereinander vorkommen“, so der Experte weiter. Da Sojus ein russisches Raumschiff ist, liegt die Fehlersuche zunächst nicht in den Händen der NASA-Spezialisten. Aber auch für die amerikanische Weltraumbehörde ist es wichtig, die genauen Hintergründe der beiden Vorfälle zu erfahren. Bereits im Oktober 2008 soll der US-Astronaut Michael Fincke mit der nächsten Sojus-Mission zur ISS fliegen. Außerdem stellt die USA ab 2010 ihr Shuttle-Programm ein und wird wohl für einige Jahre auf die Sojus angewiesen sein, um den Transport zur ISS weiterhin zu gewährleisten. Erst ab 2015 soll die neue Orion-Raumkapsel der Amerikaner einsatzbereit sein.

Die russische Weltraumagentur Roscosmos hat bisher nicht offiziell bestätigt, dass Probleme mit dem Trennsystem von Sojus aufgetaucht sind. Vertreter erklärten lediglich, die Landekapsel habe aufgrund eines bisher unbekannten Problems eine ballistische Flugbahn verfolgt. Das System sei aber dafür konzipiert worden, solche Wiedereintritte unbeschadet zu überstehen.

MS

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