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Festkörperphysik: Solitonen im Uran

Wissenschaftler vom Nationalen Laboratorium Los Alamos in Neu Mexiko wollen zusammen mit Kollegen vom Karlsruher Institut für Transurane erstmals kollektive Vibrationen von Atomen in festen Körpern beobachtet haben, die über weite Strecken ungedämpft blieben. Physiker bezeichnen derartige Schwingungen als Solitonen. Im Gegensatz zu normalen Wellen, die man beispielsweise an einem Stand an der Küste beobachten kann, behalten diese Wogen – ähnlich wie ein Tsunami – für sehr lange Zeit ihre Form. Den sich nahezu ungestört ausbreitenden Zuständen wird zugleich großes technisches Potenzial beigemessen. So beruht beispielsweise die Informationsübermittlung in Glasfaserkabeln auf einen derartigen Effekt.

Solch stabile Wellenberge wurden erstmalig im Jahr 1834 bei Wasser beobachtet. Der Schotte John Scott Russell ritt mehrere Meilen hinter einer solchen Welle her, die sich in einem Kanal ausbildete und sich auf der gesamten Strecke nicht abzuebben schien. Erst 1895 konnten die Niederländer Diederik Korteweg und Gustav de Vries dieses Phänomen theoretisch beschreiben. Vor gut 25 Jahren prognostizierten Physiker deren Existenz dann auch in Festkörpern. Den Beleg dafür fand das deutsch-amerikanische Forscherteam nun durch Streuversuche mit Neutronen und durch Experimente mit Röntgenstrahlen.

Interessant ist diese Schwingungsform insbesondere deswegen, weil sich nach dem Prinzip des Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenmechanik jedes massive Teilchen als Überlagerung einer Vielzahl unterschiedlicher Teilwellen beschreiben lässt, die sich genau so verhalten wie Solitonen. Für sie gilt beispielsweise, dass sie sich nach einem Zusammenprall mit anderen Objekten zwar kurzfristig recht kompliziert verformen können. Meist nehmen die beteiligten Partner anschließend aber ihre ursprüngliche Form wieder an. Mit diesem Formalismus gelingt es Physikern selbst komplizierteste Stoßprozesse zu berechnen.

Die Wissenschaftler glauben nun, dass mit Hilfe ihrer Entdeckungen beispielsweise das Aufbrechen von chemischen Bindungen in biologischen Systemen leichter zu verstehen sei.

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