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Indischer Ozean: Sorgte ein Vulkan für rätselhaftes Erdbeben?

2018 sorgten weltweit beobachtete Erdbebenwellen für Erstaunen unter Geologen. Nun legen Wissenschaftler eine These für das Phänomen im Indischen Ozean vor.
Seismogramm

Am 11. November 2018 bebte die Erde im Indischen Ozean, auch wenn kein Mensch dies spürte. Doch nahezu weltweit wurden charakteristische Signale dieses Ereignisses aufgezeichnet, die sich schließlich auf einen Ort rund 25 Kilometer vor der Küste der französischen Insel Mayotte im Indischen Ozean zurückführen ließen. Erste ausführliche Analysen des Bureau de Recherches Géologiques et Minières (BRGM) in Paris deuteten damals an, dass der verantwortliche Erdbebenschwarm nicht allein durch Plattenbewegungen zu Stande gekommen sein könnte; auch vulkanische Aktivität schloss man nicht aus: Schwarmbeben treten häufig im Umfeld aufsteigender Magma auf. Diese These bekräftigen nun Anne Lemoine vom BRGM und ihr Team in einem Paper, das sie auf EarthArXiv hochgeladen haben.

Sie führen die registrierten Erdbebenwellen auf ein vulkanisches Ereignis in der Tiefsee vor Mayotte zurück, das so noch nie beobachtet worden sei, wie Lemoine und Co schreiben. Demnach kam es zu einer Eruption im Meer, an der ein gewaltiges Magmavolumen beteiligt gewesen sein muss – nach den Berechnungen könnte es sich mit rund einem Kubikkilometer Gesteinsschmelze um das größte Volumen handeln, das bislang von Menschen bei einem unterseeischen Ereignis aufgezeichnet wurde. Der Ursprung des Magmas liegt laut den Wissenschaftlern in etwa 28 Kilometer Tiefe; allerdings trat es nicht an der Erdoberfläche aus, sondern ergoss sich in die dicken Sedimentschichten am Meeresboden. Diese verhinderten der Studie nach zudem, dass vulkanische Gase frei wurden – weshalb oberhalb des Meeresspiegels praktisch keine sichtbaren Folgen auftraten.

Während sich die Magmenkammer entleerte, kam es zu den Schwarmbeben, deren Wellen von verschiedenen Seismometern aufgezeichnet wurden. Für Mayotte hat das spürbare Folgen, obwohl sich alles sehr tief im Untergrund abspielte. Die Insel sinkt seit Beginn der Eruption Mitte 2018 um neun Millimeter pro Monat ab und bewegt sich gleichzeitig um 16 Millimeter pro Monat ostwärts – wie man es erwarten würde, wenn eine heiße Gesteinsblase im Untergrund »ausläuft«.

Einige Fragen seien aber nach wie vor offen, schränken die Wissenschaftler ein. Momentan würden daher weitere Messinstrumente in der Region installiert. Gerade die Tiefsee um Mayotte gilt als schlecht erkundet. Ungeklärt ist beispielsweise, warum die vulkanische Aktivität am östlichen Ende der vulkanischen Komoren-Inselkette auftritt, obwohl das aktive Ende eigentlich auf der Westseite liegt. Zudem schwammen in den letzten Wochen und Monaten immer wieder massenhaft tote Fische im Meer rund um die vermutete Aktivitätszone, so dass also womöglich doch giftige Gase der Eruption austreten. Und unklar sei zudem, warum im November 2018 neben den typischen niederfrequenten Wellen der Schwarmbeben plötzlich auch hochfrequente Signale gemessen wurden. Hier spekulieren die Geologen, dass womöglich eine Kammer im Untergrund kollabiert ist, deren Magma dadurch rasch bewegt wurde und die Signale ausgelöst habe. Aber dies müsse alles erst noch belegt werden, schreiben Lemoine und Co.

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