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News: Spannend

Mal ist es so leitfähig wie Metall, mal lässt es sich nur mit Mühe zum Ladungstransport überreden. Nanoröhrchen gibt es - elektronisch gesehen - in allen Facetten. Und setzt man es mechanischen Belastungen aus, lassen sich seine inneren Werte offenbar auch nachträglich beliebig verändern.
Klein, aber oho! Trotz ihres Durchmessers von einigen wenigen Nanometern übertrumpfen Kohlenstoffröhrchen so manches andere Material. Gemessen an ihrer Größe sind sie beispielsweise so reißfest wie ein Stahlseil. Gase lassen sich in ihrem Innern speichern, und elektrisch leitfähig sind sie obendrein. Das heißt, eigentlich sind sie nicht nur schlicht leitfähig, sondern metallisch leitend, halbleitend und supraleitend – ganz nach Wunsch.

Der Unterschied zwischen Halbleiter und metallischem Leiter ergibt sich durch die Gitterstruktur der Kohlenstoffatome. Denn im Prinzip besteht ein Nanoröhrchen aus einem zum Zylinder aufgerollten Graphitgitter – vielen Sechsecken also, die wie in einer Bienenwabe aneinandergereiht sind. Je nach Orientierung des Sechseck-Gitters auf der Oberfläche des Zylinders leitet das Röhrchen so ausgezeichnet den Strom wie ein Metall und so launisch wie ein Halbleiter. Denn Halbleiter sind nur leitfähig, wenn ihnen genug Energie zugeführt wird, damit die Ladungsträger im Material die so genannte Energielücke überwinden können.

Theoretiker vermuteten bereits, dass die elektrischen Eigenschaften eines Nanoröhrchens nicht allein durch die Orientierung des Kristallgitters festgelegt sind, sondern dass auch mechanische Einflüsse die Leitfähigkeit ändern können. Und tatsächlich, in ersten Experimenten ließ sich unter Druck die elektrische Natur der Röhrchen ein wenig ändern. Doch was passiert, wenn man die Winzlinge in die Länge zieht?

Ethan Minot von der Cornell University im amerikanischen Ithaca und seine Kollegen konnten nun zeigen, dass sich auch bei lang gezogenen Nanoröhrchen die Leitfähigkeit ändert. Dazu spannten sie die winzigen Kohlenstoffröhren wie eine Hängebrücke über eine Spalte in einem Trägermaterial. Die beiden Enden des Nanoröhrchens versahen sie mit Goldkontakten. Anschließend drückten die Forscher von oben mit der Spitze eines Rasterkraft-Mikroskops (AFM, atomic force microscope) auf die Brückenkonstruktion. Trotz ihrer unvergleichlichen Reißfestigkeit zeigten sich die Röhrchen äußerst elastisch – "eher wie ein Gummiband als einem Stahlstab entsprechend", meint Minot.

Gleichzeitig beobachteten die Wissenschaftler an ihren Messgeräten, wie der Widerstand unter Belastung mal stieg und mal sank – je nachdem, was für ein Röhrchen in der Apparatur eingespannt war. Um zu prüfen, ob die Widerstandssteigerung eines metallisch leitenden Röhrchens tatsächlich auf das Entstehen einer Energielücke wie beim Halbleiter zurückzuführen ist, legten die Physiker mit der AFM-Spitze über der Mitte des Röhrchens eine elektrische Spannung an. Sollte das Material unter Zug tatsächlich halbleitend geworden sein, dann – so nahmen Minot und seine Kollegen an – müsste sich das mit der zusätzlichen Spannung nachweisen lassen. Denn mit ihr sollte sich wie in einem Transistor der Stromfluss durch das Röhrchen regeln lassen.

Tatsächlich ging der Plan auf, und die Physiker konnten zeigen, dass sich die metallisch leitfähigen Röhrchen unter der Belastung der AFM-Spitze in halbleitende umwandeln. Und auch die Leitfähigkeit der bereits halbleitenden Exemplare ließ sich auf diese Weise verändern.

Schön und gut, aber ist dieses Ergebnis über den Erkenntnisgewinn hinaus von Bedeutung? Vielleicht, so spekulieren die Forscher. Denn schließlich ließe sich das Verhalten der Nanoröhrchen dazu nutzen, hochempfindliche Drucksensoren zu bauen.

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